Du kriegst nichts! oder doch?! den gesetzliche Pflichtteil

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📜 Ein Testament zu verfassen bedeutet, die Fäden der eigenen Erbangelegenheiten in der Hand zu halten. Aber halt! Es gibt da eine kleine Fußnote namens Pflichtteilsrecht. Wer darf Anspruch erheben und wer geht leer aus? Erfahrt hier, wer die Hauptrolle im Drama um den Pflichtteil spielt! 💔🎭


Gut gemeint im spannenden Erbdrama: der § 2302 BGB. Denn das Pflichtteilsrecht soll bestimmten Angehörigen im Falle der Enterbung durch ein Testament eine Mindestbeteiligung am Nachlass gewähren. Dies hielt der historische Gesetzgeber für sinnvoll und hat deshalb formuliert:

(1) Ist ein Abkömmling des Erblassers durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen, so kann er von dem Erben den Pflichtteil verlangen. Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils.

(2) Das gleiche Recht steht den Eltern und dem Ehegatten des Erblassers zu, wenn sie durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen sind.


Wenn also ein Abkömmling, Eltern oder der Ehegatte aus dem Drehbuch der Erbfolge gestrichen werden, beginnt das faszinierende Pflichtteilsdrama. Das Ergebnis ist klar: Der Pflichtteil, eine dramatische Hälfte des gesetzlichen Erbteils.


Das Pflichtteilsrecht greift nicht nur bei Enterbung! Es gilt auch für diejenigen (Abkömmling, Eltern oder Ehegatten), deren Erbschaft mit unschönen Auflagen belastet ist, eine Testamentsvollstreckung zum Beispiel oder eine Vor- und Nacherbschaft. Dann kann die Erbschaft ausschlagen und der Pflichtteil verlangt werden.


Zur Veranschaulichung habe ich eine Übersicht der gsetzlichen Erbfolge ergänzt um die ergänzt um die Prinzen des Erbrechts, den Pflichtteilsberechtigten beigefügt. 


Doch fangen wir vorn an: wer sind diese Abkömmlinge

Kinder, Kinder, Kinder! Große, Kleine, Junge, Alte, die mit der Ehefrau (eheliche), die mit der Freundin (nichteheliche) und natürlich auch die adoptierten Kinder.

Selbst der winzige Nasciturus, ist erb- und auch pflichtteilsberechtigt. Für alle, die Altgriechisch statt Latein gewählt haben, das ist die ungeborene Leibesfrucht, also ein (vor dem Erbfall!) gezeugtes, aber noch nicht geborenes Kind.

Leben die Kinder nicht mehr, so erben die Kindeskinder (Enkel) dann die Urenkel usw.

Nur die Stief- und Schwiegerkinder, die sind nicht pflichtteilsberechtigt, da sie schon gar nicht zu den gesetzlichen Erben gehören.


Das wiederum bringt uns zu den Eltern:

Es kommt nämlich in erster Linie auf die gesetzliche Erbfolge (siehe meinen Rechtstipp Die Gesetzliche Erbfolge oder Wer erbt, wenn kein Testament vorhanden ist? ) an. Enkel kommen nur „an die Reihe“ wenn es keiner Kinder (deren Eltern) gibt und so ist es auch bei den Eltern des Erblassers. Hat der Erblasser Kinder, also gesetzliche Erben 1. Ordnung, sind die Eltern des Erblassers nicht Teil der gesetzlichen Erbfolge und auch nicht pflichtteilsberechtigt.


Bleibt noch der Ehegatte:

Dessen Erbrecht beginnt mit der Hochzeit und endet mit der Scheidung. Manchmal auch schon ein wenig früher, wenn nämlich zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte.

Du bist auch ohne Trauschein glücklich? Prima, dann brauchst Du Dir darüber keine Gedanken machen, denn ohne Trauschein kein Pflichtteil. Kann natürlich sein, dass das Dein Partner nicht so gut findet.


Fehlt noch jemand? 

Was ist mit der Schwester, der Cousine, den Onkel und den Tanten? Die sind unter Umständen erbberechtigt, aber nicht pflichtteilsberechtigt. Mit einem Satz im Testament ist das geklärt.


Welche Folgen hat das Pflichtteilsrecht?

➗ Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils.


Ein Beispiel: 

Ein unverheirateter Erblasser hinterlässt ein Kind. Die gesetzliche Erbquote liegt bei 100 %. Daher hat das Kind einen Pflichtteilsanspruch in Höhe von 50 %. Bei zwei Kindern und einem unverheirateten Erblasser, hat jedes Kind einen Pflichtteilsanspruch in Höhe von 25 %, da die gesetzliche Erbquote in diesem Fall für jedes Kind bei 50 % des Nachlasses liegt.


💰 Der Pflichtteil ist ein reiner Zahlungsanspruch und bedeutet keine Beteiligung am Nachlass.


Auf Seiten der Erben ist die Zahlung des Pflichtteils eine Nachlassverbindlichkeit und kann zur Berechnung der Erbschaftsteuer abgezogen werden.


❓ Kann man den Pflichtteil verhindern? 

Ein klares Jain.

Es gibt ganz klare Gründe, emotionale, wirtschaftliche und rechtliche, einen oder alle der oben genannte Personengruppe zu enterben. Auch die Reduzierung des Pflichtteils ist in vielen Fällen möglich. Dies würde allerdings den Rahmen dieses Rechtstipps sprengen und bedarf einer individuellen Beratung.


Kann man auf den Pflichtteil verzichten? 

Ja, mit einem sogenannten Pflichtteilsverzicht. Das ist ein notariell zu beurkundender Vertrag zwischen dem Erblasser und dem Erben, in dem der Erbe auf seinen gesetzlichen Pflichtteil verzichtet.


⚠️ Merke: Das Abfassen eines Testamentes ist ein wichtiger Schritt die eigenen Erbangelegenheiten in der Hand zu halten. Die Beachtung der weiteren Konsequenzen wie dem Pflichtteilsrecht ist nicht die Kür, sondern vermeidet auch unnötigen Streit an der Urne.

Foto(s): Tobias Blüming

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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