Eigenbedarfskündigung: Der Härtegrund „fehlender Ersatzwohnraum“ wird in Berlin immer wichtiger

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Zur Eigenbedarfskündigung wurden durch die Berliner Gerichte bereits eine Reihe von Entscheidungen veröffentlicht. In einer neueren Entscheidung der 67. Kammer des Landgerichts Berlin (LG Berlin, Urteil vom 25.01.2018 – 67 S 272/17) wird nochmals die Beweislastverteilung zwischen Mietern und Vermietern in einem solchen Verfahren dargelegt, um im Anschluss einige, jedenfalls für Berlin interessante Erwägungen zum Härtegrund „angemessener Wohnraum zu zumutbaren Bedingungen“ zu formulieren.

Der Ausgangsstreit: Die Parteien sind über einen Wohnraummietvertrag miteinander verbunden. Der Vermieter hat unter anderem am 11.05.2015 eine Eigenbedarfskündigung ausgesprochen. Das Amtsgericht hatte der Räumungsklage stattgegeben, da es die Begründung des Eigenbedarfs als plausibel empfand und der Mieter nach Ansicht des Gerichts diese Gründe nicht ausreichend erschüttert habe.

Die Entscheidung: Das Landgericht hebt die erstinstanzliche Entscheidung auf und verweist das Verfahren zu einer erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück an das Amtsgericht.

Das Landgericht attestiert dem Amtsgericht, das dieses die allgemeinen anerkannten Grundsätze zur Beweislastverteilung bei einer Eigenbedarfskündigung nicht ausreichend beachtet habe. Demnach muss der Mieter den Eigenbedarf des Vermieters nur mit Nichtwissen im Sinne des § 138 Abs. 4 ZPO bestreiten. Der Vermieter muss dahingegen den Vollbeweis des behaupteten Eigenbedarfs erbringen. Hierzu ist es notwendig, dass das Gericht nach der Beweiserhebung von der Richtigkeit der Behauptung des Vermieters mit einem Grad an Gewissheit überzeugt ist, der Zweifeln Schweigen gebietet. Da das Amtsgericht eine solche Beweiserhebung unterlassen hat, wurde das Verfahren an das Amtsgericht zurückverwiesen, damit die Beweiserhebung nachgeholt werden kann.

Das Landgericht belässt es aber nicht allein bei einer dieser Aufhebung. Es erteilt dem Amtsgericht Hinweise dazu, wie es mit dem von dem Mieter bereits vorgebrachten Härtegründen umzugehen hat. Zu den gesundheitlichen Beeinträchtigungen weist das Landgericht darauf hin, dass die dem Mieter entstehenden Nachteile nicht mit absoluter Sicherheit feststehen müssen, sondern bereits die ernsthafte Gefahr ihres Eintritts ausreichen kann, um eine Fortsetzung des Mietverhältnisses zu verlangen. Außerdem erscheint so dem Landgericht im konkreten Fall eine nicht zumutbare Härte auch deshalb möglich, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann (§ 574 Abs. 2 BGB). Ob Ersatzwohnraum angemessen ist, wird insbesondere durch das Alter und die Gesundheit des Mieters und auch die dadurch bedingte notwendige Nähe zu bestimmten Angehörigen beeinflusst. Das Landgericht stellt die Frage in den Raum, ob hier nicht sogar dem Mieter eine Beweiserleichterung zugutekommen muss, da nach der Mietenbegrenzungsverordnung des Berliner Senats vom 28.04.2015 eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnung zu angemessenen Bedingungen in Berlin besonders gefährdet ist.

Praxistipp: Die Entscheidung des Landgerichts verdeutlicht noch einmal, dass trotz der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die die Anforderungen an eine Kündigung wegen Eigenbedarfs erheblich gesenkt hat, eine Kündigung wegen Eigenbedarfs kein Selbstläufer ist. Einige Kammern des Landgerichts haben in den letzten Jahren besonders die Anforderungen an die notwendige Gewissheit für die Richtigkeit der Behauptung des Vermieters deutlich angezogen. Gerade ältere Mieter sollten sich in Zukunft auch darauf berufen, dass Ihnen angemessener Wohnraum in der Nähe nicht zur Verfügung steht. Sie sollten sich aber nicht auf die von der Kammer als möglich erachtete Beweiserleichterung verlassen, sondern ihre Bemühungen bei der Suche einer Ersatzwohnung genau dokumentieren.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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