Facto-Financial-Services-AG-Insolvenz – offene Fragen für Kunden und Vermittler

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In der Branche und sogenannten „gut unterrichteten Kreisen” befürchtete man es schon länger, zuletzt überschlugen sich die Ereignisse. Einer der größten Marktteilnehmer im Geschäftsmodell der Rückabwicklung von Lebensversicherungen, die Facto Financial Services AG, hat vor dem zuständigen Amtsgericht München Insolvenz angemeldet. Dies allerdings in Eigenverwaltung. 

Was dies bedeutet und welche Auswirkungen die Insolvenz auf deren Kunden oder Vermittler der Facto hat, wird sich in den nächsten Wochen herausstellen. Tatsache ist, dass die nun eingetretene Situation prägend für die zukünftige Marktsituation der Versicherungsaufkäufer in Deutschland sein wird.

Insolvenz in Eigenverwaltung

Wie die Facto Financial Services selbst mitteilte, wurde bei dem zuständigen Amtsgericht München Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt. Dies bedeutet, dass im Gegensatz zu einer „klassischen” Regelinsolvenz der bisherige Vorstand der Facto weiterhin mit der Geschäftsführung betraut ist, also Entscheidungen treffen darf. 

Das Besondere einer solchen Eigenverwaltung gemäß § 270 Abs. 2 Nr. 1 InsO ist jedoch, dass der bisherige Vorstand nunmehr unter Aufsicht eines sogenannten Sachwalters gestellt wird um eine ordnungsgemäße, vermögenssichernde Geschäftsführung sicherzustellen.

So oder so wird es also im Geschäftsmodell der Facto gravierende Umwälzungen geben, da jetzt vom Vorstand Kosten einzusparen sind um die weitere Bearbeitung der angenommenen Mandate sicherzustellen. Ob und wie dies erfolgreich bewerkstelligt werden soll, wird sich herausstellen. Gegebenenfalls bleibt der Facto Financial Services AG dann nur noch der Weg in die Regelinsolvenz mit einem Jahre lang andauernden Insolvenzverfahren bei dem am Ende wohl Kunden und Vermittler wirtschaftlich verlieren werden.

Die Facto und ihr Geschäftsmodell

Die Rückabwicklung einer Lebensversicherung kann für den Versicherungsnehmer lukrativ sein, wenn in den von ihm abgeschlossenen Versicherungsverträgen beispielsweise eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung enthalten ist, die es auch im Nachhinein ermöglicht, Lebensversicherungsverträge auch noch nach Jahren zu widerrufen. 

Folge ist, dass im Gegensatz zu einer klassischen Kündigung einer Lebensversicherung nicht nur der Rückkaufswert zurückerlangt werden kann, sondern vielmehr eine Gesamt-Rückabwicklung sämtlicher eingezahlter Beträge sowie eventuell auch eine Nutzungsentschädigung erlangt werden kann, weil die in Anspruch genommene Versicherung seit Beginn des Versicherungsvertrages das Geld der Versicherer für eigene wirtschaftliche Zwecke genutzt hat. 

Insbesondere ältere Verträge enthielten häufig eine fehlerbehaftet Widerrufsbelehrung. Dies war der Grund, warum sich die Facto Financial Services AG hauptsächlich auf der älteren Versicherungsverträge spezialisiert hat.

Ihr Geschäftsmodell liegt darin, als zwischengeschalteter Dienstleister eine Position zwischen Versicherung, Vermittler sowie dem Versicherungs-Kunden einzunehmen um dann eine Massenmarkt-kompatible Serviceleistung zu erbringen.

Nach eigenen Angaben bearbeitete die Facto Financial Services AG tausende Rückabwicklungen mit zehntausenden separaten Verträgen.

Dabei können die Kunden der Facto zwischen verschiedenen „Service-Modellen” wählen, je nachdem, ob eine Rechtsschutzversicherung des Kunden vorhanden ist oder nicht. Diese als Modelle A bis D betriebenen Rückabwicklungen haben für die Kunden jeweils unterschiedliche Voraussetzungen und juristische Folgen. 

Insbesondere die Modellvarianten mit einer Abtretung der Ansprüche an die Facto AG können hierbei von entscheidender Bedeutung sein, da möglicherweise Ansprüche von Kunden nunmehr übergegangen sind ohne dass die Pflicht zur Prämienzahlung der Kunden geendet hat.

Folge ist, dass es keinen „Königsweg” für eine richtige Vorgehensweise bei den verschiedenen Modellen gibt. Jeder Vertrag sollte hier auf seine individuelle Besonderheit geprüft werden um optimalen Rat zu geben.

Unsicherheit bei Vermittlern – wer haftet?

Nicht nur Kunden der Facto Financial Services AG, sondern auch Vermittler fragen sich jetzt, welche Folgen die nun eingetretene Situation hat. Die teilweise in größeren Vertriebs-Strukturen organisierten Vermittler haben tausende Fälle an die Facto herangetragen. Diese sind teilweise noch nicht bearbeitet, jedoch bereits von den mit der Facto Financial Services AG zusammenarbeitenden Rechtsanwälten bereits bei den jeweiligen Rechtsschutzversicherungen abgerechnet sind. Dabei sind vielfach von den Vermittlern bereits verdiente Provisionen noch nicht an diese zur Auszahlung gelangt.

Insoweit stehen die Vermittler also buchstäblich zwischen „Baum und Borke”, was ihre juristische Stellung anbelangt. Die häufigste Frage ist natürlich, inwieweit Vermittler eine Haftung trifft, weil sie Kunden an die Facto vermittelt haben. Eine Haftung dürfte nach vorläufiger Einschätzung dann nicht zu erwarten sein, wenn vor der erfolgten Beauftragung eine Anlage- und Anlegergerechte Beratung der Kunden durch die Vermittler stattgefunden hat und die Beratung insoweit aus der damaligen Sicht richtig war. Sicherlich war eine Insolvenz der Facto AG auch für Vermittler nicht vorhersehbar.

Handlungsoptionen zu diesem Zeitpunkt

Die Devise sollte also sein, jetzt besonnen seine eigene Position rechtlich bewerten zu lassen um keine voreiligen, potentiell nachteiligen Schritte zu gehen.

Da die Facto Financial Services AG ja weiterhin am Markt tätig ist und die Insolvenz in Eigenverwaltung betreibt, können massenhafte Vertragskündigungen den Sanierungsprozess der Facto verlangsamen bzw. stoppen, was ein Regelinsolvenzverfahren zur Folge hätte.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Kim Oliver Klevenhagen von der auf das Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierten Kanzlei AdvoAdvice Rechtsanwälte in Berlin rät deshalb zur Vorsicht: „Derzeit explodiert das Internet mit Meldungen über Facto und Ratschlägen, was jetzt unbedingt zu tun ist. Dabei ist besorgten Kunden und Vermittlern wohl am besten damit geholfen, wenn Sie Ihre eigene Rechtsposition erst einmal erforschen um dann mit diesem Wissen die nächsten Schritte zu planen.”

„Da es hier in den Versicherungsverträgen für die Kunden und Vermittler um viel Geld geht, aber viel Geld jedoch auch bereits von Rechtsschutzversicherungen oder den Kunden selbst bezahlt worden ist, besteht ein großes Interesse an einer juristischen Aufarbeitung. Diese kann jedoch nicht generell, sondern muss einzelfallbezogen auf den eigenen Vertrag sowie das in Anspruch genommene Vertragsmodell erfolgen.”, sagt Fachanwalt Klevenhagen, der mit seinem Team von AdvoAdvice Rechtsanwälten mbB seit Jahren den boomenden Markt der Versicherungsaufkäufer verfolgt.



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