Falsche eidesstattliche Versicherung: Fristlose Kündigung gegen Betriebsrat gerechtfertigt?

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Die Abgabe einer vorsätzlich falschen eidesstattlichen Versicherung in einem Rechtsstreit mit dem Arbeitgeber ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung nach § 626 I BGB zu bilden.“- so das Bundesarbeitsgericht mit Beschluss vom 24.11.2005 - 2 ABR 55/04 – klarstellend; Quelle: Beck-online.de

Was ist passiert?

Das Betriebsratsmitglied legt dem Arbeitsgericht eine eidesstattliche Versicherung vor, in der es im Besonderen wie folgt heißt:           

Auszug aus Entscheidungsgründen des BAG: „Ich bin jederzeit in der Lage, die Funktion eines Teamleaders auszuüben. Ich habe in der Vergangenheit als Trainer Consultant seit 2001 zahlreiche Teamleader umfassend ausgebildet und als Co-Leiter des Teamleader-Entwicklungsprogramms (TLD) die Ausbildung der Teamleader maßgeblich mitbestimmt. Ferner kann ich auch im Bereich Human Ressources eingesetzt werden. Hierfür habe ich entsprechende Kenntnisse, nämlich der Unternehmensorganisation, des Personalwesens und Arbeitsrechts, Personal- und Unternehmensführung, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung, Personal- und Organisationsentwicklung, Personalauswahl. Diese Kenntnisse habe ich mir im Rahmen einer Qualifizierung von Bildungsreferenten für den Bereich Wirtschaft und Verwaltung in der Zeit vom 01.03.93 bis 27.04.94 erworben. Darüber hinaus bin ich auch bereits im Bereich Human Ressources eingesetzt worden, und zwar in der Personalauswahl und - entwicklung.“ Quelle: Beck-online.de

Arbeitgeber kündigt fristlos mit der Begründung, die eidesstattliche Versicherung des Betriebsratsmitglieds ist falsch

„Seine Behauptung, er habe in der Vergangenheit als Trainer Consultant zahlreiche Teamleader umfassend ausgebildet, treffe nicht zu. Sie beinhalte den Vortrag, er habe die Teamleader auch im technischen Bereich ausgebildet. Damit suggeriere sie Kenntnisse im technischen Bereich, die der Beteiligte zu 3) nicht ansatzweise besitze. Er behaupte zudem, er sei im Bereich der Personalauswahl und Personalentwicklung bereits eingesetzt worden, was ebenfalls nicht zutreffe. Auch fehlten ihm die entsprechenden Kenntnisse. Der Beteiligte zu 3) habe hierdurch versucht, das einstweilige Verfügungsverfahren für sich günstig zu beeinflussen.“ – so das BAG den Sachverhalt darstellend; Quelle: Beck-online.de

Abgabe einer vorsätzlich falschen eidesstattlichen Versicherung bei Gericht rechtfertigt grundsätzlich eine fristlose Kündigung

BAG: „Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, die Abgabe einer vorsätzlich falschen eidesstattlichen Versicherung in einem Rechtsstreit mit dem Arbeitgeber sei an sich geeignet, eine fristlose Kündigung eines Betriebsratsmitglieds zu rechtfertigen.“

Die eidesstattliche Versicherung vom 26. 6. 2003 ist jedoch nicht falsch – so das BAG klarstellend

BAG: „Das Landesarbeitsgericht hat die Erklärung des Beteiligten zu 3) in der eidesstattlichen Versicherung, „er sei jederzeit in der Lage, die Tätigkeit eines Teamleaders auszuüben“ als die Wiedergabe einer erkennbar subjektiven Einschätzung seiner Fähigkeiten und Kenntnisse angesehen. Das ist gut nachvollziehbar. Wer behauptet, zu einer bestimmten Tätigkeit fähig oder im Stande zu sein, gibt damit eine Bewertung seiner eigenen Fähigkeiten ab. Er beurteilt seine Begabungen, Eignungen, Fertigkeiten, Qualifikationen und sein Können und gelangt zur Einschätzung, dass er sich auch eine Tätigkeit, die er bislang nicht ausgeübt hat, zutraut. Ist aber in dieser wertenden Selbsteinschätzung nicht die Behauptung einer objektiven Tatsache zu sehen, kann der Beteiligte zu 3) auch keine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben haben.

Letztendlich sieht dies auch die Arbeitgeberin nicht anders, wenn sie ausführt, dass die betreffende Passage in der eidesstattlichen Versicherung „noch als unzutreffende und überzogene Selbsteinschätzung“ angesehen werden könne. Auch die weiteren Erklärungen des Beteiligten zu 3), er habe als Trainer Consultant zahlreiche Teamleader „umfassend ausgebildet und als Co-Leiter des Teamleader- Entwicklungsprogramms (TLD) die Ausbildung von Teamleadern maßgeblich mitbestimmt“, sind entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht falsch. Insbesondere hat der Beteiligte zu 3) mit der Formulierung „umfassende Ausbildung zahlreicher Teamleader“ nicht behauptet, er habe den Teamleadern technisches Wissen vermittelt. Ausdrücklich hat der Beteiligte zu 3) in der eidesstattlichen Versicherung nicht behauptet, technisches Wissen vermittelt zu haben. Das sieht auch die Arbeitgeberin nicht anders. Allein der Umstand, dass der Beteiligte zu 3) im Kündigungsschutzverfahren behauptet hatte, die für die Teamleader-Funktion erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen im technischen Bereich zu haben, bedeutet nicht, dass in seiner Aussage in der eidesstattlichen Versicherung vom 26. 6. 2003, er habe Teamleader umfassend geschult, auch die technische Schulung beinhaltet ist. Gerade dadurch, dass er in der eidesstattlichen Versicherung die Frage der technischen Kenntnisse nicht berührte, wird deutlich, dass insoweit - im Hinblick auf den darüber bestehenden Streit - keine Aussage erfolgen sollte.“ Quelle: Beck-online.de

Arbeitsrecht für Arbeitgeber: Rechtstipp: Abgrenzung zwischen Behauptung einer unwahren objektiven Tatsache und einer wertenden Selbsteinschätzung; im letzteren Fall liegt keine vorsätzlich falsche eidesstattliche Versicherung vor.

BAG: „Gibt ein Betriebsratsmitglied in einem Rechtsstreit mit dem Arbeitgeber vorsätzlich eine falsche eidesstattliche Versicherung ab, ist das geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Beurteilt das Betriebsratsmitglied in der eidesstattlichen Versicherung jedoch nur seine Begabungen, Eignungen, Fertigkeiten, Qualifikationen und sein Können und gelangt es zu der Einschätzung, dass es sich eine bislang nicht ausgeübte Tätigkeit zutraut, liegt in einer solchen wertenden Selbsteinschätzung nicht die Behauptung einer objektiven Tatsache.“ Quelle: Beck-online.de

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