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Fußgänger angefahren: Schadensersatzpflicht?

  • 2 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

[image]Fährt ein Autofahrer an einem Fußgänger vorbei, muss er mindestens einen Seitenabstand von einem Meter einhalten.

Parkt man genau an einer Straße, muss man mit dem Ein- oder Aussteigen warten, bis sich kein Fahrzeug nähert. Doch manchmal lässt es sich nicht verhindern, dass ein Kfz auftaucht, wenn man bereits auf der Straße steht. Der vorbeifahrende Fahrzeugführer muss dann mindestens einen Meter Abstand zum Fußgänger einhalten. Ist die Straße nicht breit genug oder kann er nicht auf die Gegenfahrbahn ausweichen, muss er notfalls anhalten.

Fußgängerin vom Außenspiegel erfasst

Eine Frau hatte ihr Kfz verkehrswidrig auf einem Gehweg geparkt. Da das Auto auch noch ein Stück auf die Straße ragte, verengte sich die Fahrbahn eines herannahenden Autofahrers. Der war kurz zuvor auf die Straße eingebogen und wollte das parkende Kfz passieren, als die Frau einsteigen wollte. Er konnte verkehrsbedingt nicht auf die Gegenfahrbahn ausweichen und hielt daher fast keinen Seitenabstand zu der Frau ein, sodass er sie mit dem rechten Außenspiegel seines Wagens rammte und gegen ihren eigenen Pkw drückte. Aufgrund der erlittenen Verletzungen verlangte die Frau vom Autofahrer gerichtlich Schmerzensgeld. Der gab jedoch an, dass die Frau verkehrswidrig geparkt hätte, sie mithin ein erhebliches Mitverschulden an dem Unfall treffe.

Autofahrer muss Schmerzensgeld zahlen

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe gab jedoch der Frau Recht. Zwar hat sie gegen § 12 IV 1 StVO (Straßenverkehrsordnung) verstoßen, als sie verkehrswidrig auf dem Gehweg parkte. Diese Vorschrift soll aber nicht den Autofahrer schützen, sondern den Fußgänger, der den Gehweg benutzt. Somit war das Falschparken vorliegend nicht zu berücksichtigen.

Ein anderer Verkehrsverstoß der Fußgängerin war nicht ersichtlich. Sie hat insbesondere keine Pflicht beim Ein- bzw. Aussteigen gemäß § 14 StVO verletzt. Schließlich musste sie die Straße betreten, um die Fahrertür des Autos zu erreichen. Dass sie trotz starken Verkehrs die Fahrbahn betreten oder gar bereits die Tür weit geöffnet hatte, konnte der Autofahrer nicht nachweisen. Nur dann wäre aber ein Mitverschulden der Frau möglich gewesen.

Dagegen hat der Autofahrer gegen § 1 II StVO verstoßen, als er ohne den nötigen Seitenabstand an der Frau vorbeifahren wollte. Deshalb trat die einfache Betriebsgefahr des parkenden Kfz hinter der des fahrenden Autos zurück. Der Autofahrer haftet zu 100 Prozent.

(OLG Karlsruhe, Urteil v. 18.05.2012, Az.: 9 U 128/11)

(VOI)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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