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Haustürgeschäft: Verbraucherschutz endet nicht an der Haustür

  • 3 Minuten Lesezeit
Esther Wellhöfer anwalt.de-Redaktion

Was haben Hausbesuch, Kaffeefahrt und Strandspaziergang gemeinsam? Es handelt sich um Situationen, in denen der Verbraucher nicht von vornherein damit rechnet, einen Kaufvertrag abzuschließen. Er kann in dieser Lage leicht überrumpelt werden und unüberlegte Entscheidungen treffen. Aus diesem Grund hat der Verbraucher gemäß den Vorschriften für Haustürgeschäfte ein gesetzliches Widerrufs- oder Rückgaberecht.

[image]Wann liegt ein Haustürgeschäft vor?

Gemäß § 312 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)  muss sich der Vertrag auf eine entgeltliche Leistung richten und zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer abgeschlossen werden. Typische Beispiele sind der Staubsaugervertreter oder der Souvenirverkäufer am Strand. Entgegen dem Wortlaut endet der Anwendungsbereich des Haustürgeschäftes jedoch nicht an der Haustür: Neben Privatwohnung, Arbeitsplatz oder sogar Freizeitveranstaltungen, die vom Unternehmer oder in seinem Interesse durchgeführt werden, kommen auch öffentliche Verkehrsmittel und –flächen in Betracht, weil der Verbraucher dort vom Unternehmer überraschend angesprochen wird und nicht mit Vertragsangeboten rechnet. Wichtig ist, dass ein Zusammenhang zwischen örtlicher Situation und Vertragsschluss besteht und nicht etwa mehrere Tage zwischen Vertragsanbahnung und dem eigentlichen Vertragsschluss liegen. Hier hat der Verbraucher nämlich genug Bedenkzeit und ist nicht mehr schutzbedürftig.

Hinweis: In § 312a BGB ist der Grundsatz der Subsidiarität gesetzlich verankert. Danach gilt § 312 BGB nur, wenn es keine spezielleren Regelungen mehr gibt, zum Beispiel § 4 Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUG).

Was ist bei Ausübung des Widerrufs zu beachten?

Liegt ein Haustürgeschäft im Sinne des § 312 BGB vor, steht dem Verbraucher ein Widerrufs- oder Rückgaberecht nach § 355 BGB zu.

Das Widerrufsrecht kann schriftlich erklärt werden. Auch Rücksendung der Ware reicht aus. Eine Begründung ist nicht erforderlich. Die Frist für den Widerruf beträgt grundsätzlich zwei Wochen und beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Unternehmer den Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt hat. Bei einer Warenlieferung ist der Zeitpunkt des Eingangs der Ware beim Käufer entscheidend. Die Belehrung muss deutlich und in Textform erfolgen sowie genaue Angaben über das Widerrufsrecht, die Widerrufsfrist, den Widerrufsempfänger und die Rechtsfolgen beinhalten. Mit Urteil vom 12. April 2007 hat der BGH bestätigt, dass eine Widerrufsbelehrung insbesondere auch über die Rechte des Verbrauchers informieren muss (Az.: VII ZR 122/06). Erfolgte sie vor Vertragsschluss, muss der Widerruf innerhalb von zwei Wochen nach Vertragsschluss erklärt werden. Belehrt der Unternehmer den Verbraucher erst nach Vertragsschluss, gilt sogar eine Frist von einem Monat. Das Widerrufsrecht erlischt spätestens nach sechs Monaten. Bei einer nicht oder nicht ordnungsgemäß erbrachten Belehrung beginnt die Frist nicht zu laufen, so dass der Verbraucher den Widerruf noch nach Jahren erklären kann.

Die Vereinbarung des Rückgaberechts als Alternative zum Widerrufsrecht ist eher selten und setzt voraus, dass durch den Vertragsschluss eine ständige rechtsgeschäftliche Verbindung zwischen Verbraucher und Unternehmer geknüpft werden soll. Für die Rückgabe gelten die Fristen des Widerrufs entsprechend. Allerdings kann der Verbraucher bei Waren, die per Postpaket versendet werden (bis 20 kg) sein Rückgaberecht nur durch Rücksendung der Ware ausüben. Die bloße Erklärung (auch schriftlich) genügt nicht. Erst bei größeren Waren kann er schriftlich vom Unternehmer die Rücknahme verlangen. Einer Begründung bedarf es in keinem Fall.

Wann ist der Widerruf ausgeschlossen?

Der Verbraucher hat kein Widerrufsrecht bei Bargeschäften bis zu 40,- EUR (inkl. MWSt und Nebenkosten, auch: Kleingeschäfte), bei notarieller Beurkundung des Vertrags und bei Versicherungsverträgen. Weiter ist der Widerruf ausgeschlossen, wenn die Vertragsverhandlung auf vorherige Bestellung des Verbrauchers zustande gekommen ist, weil er etwa um den Besuch des Versicherungsvertreters gebeten hat. Trotz vorheriger Terminbestellung kann ein Haustürgeschäft vorliegen, wenn es sich um eine provozierte Bestellung handelt. Das AG München entschied in diesem Zusammenhang über ein Haustürgeschäft mit einer Haustür als Vertragsgegenstand: Die beklagte Verbraucherin hatte sich auf einer Messe für eine neue Haustür interessiert. Der Unternehmer wies darauf hin, dass der genaue Preis erst nach Begutachtung der alten Haustür vor Ort mitgeteilt werden könne. Damit habe der Unternehmer seine Bestellung provoziert, so das Gericht. Er muss sich rechtlich so behandeln lassen, als sei er unaufgefordert bei der Kundin erschienen. Damit konnte die Beklagte wirksam widerrufen, die Klage wurde abgewiesen (AG München, Az.: 274 C 3367/05).

Rechtsfolgen des wirksamen Widerrufs

Durch den Widerruf verliert die auf den Vertragsabschluss gerichtete Willenserklärung des Verbrauchers ihre Rechtswirksamkeit, der Vertrag gilt als nicht zustande gekommen. Der Verkäufer muss den gezahlten Kaufpreis zurückgeben, der Käufer ist zur Rückgabe der Ware verpflichtet. Bei Waren im Wert bis zu 40 EUR hat er auch die Versandkosten zu tragen, erst bei höherwertigen Lieferungen muss der Verkäufer diese übernehmen.

(WEL)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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