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Homeoffice-Unfall – kein Arbeitsunfall

  • 3 Minuten Lesezeit
Gabriele Weintz anwalt.de-Redaktion

In unseren modernen Zeiten arbeiten bereits viele Angestellte von zu Hause aus. Wie in jedem anderen Büro kann es auch im Homeoffice zu einem Unfall des Arbeitnehmers kommen. Ob es sich dabei allerdings um einen Arbeitsunfall handelt, für den die jeweilige Unfallkasse zuständig ist, musste in einem aktuellen Fall das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel klären.

Treppensturz beim Wasserholen

Eine Frau arbeitete aufgrund einer Dienstvereinbarung mit ihrem Arbeitgeber im Homeoffice. Die dafür benötigten Arbeitsmittel wurden ihr von ihrem Dienstherrn zur Verfügung gestellt. Im Gegenzug stellte die spätere Klägerin einen Raum im Dachgeschoss des Wohngebäudes als Arbeitsplatz kostenlos zur Verfügung. Neben diesem Zimmer befand sich noch ein kleines Bad, das Arbeitszimmer des Ehemanns und ein Schlafraum im Dachgeschoss. Eines Tages hatte die spätere Klägerin nichts mehr zu trinken am Arbeitsplatz. Daher verließ sie ihren Arbeitsplatz und ging die Treppe hinunter, um in der Küche Wasser zu holen. Auf dem Weg dorthin rutschte sie auf der Treppe aus und stürzte so unglücklich, dass sie sich den linken Fuß brach.

Arbeitsunfall – ja oder nein?

Diesen Unfall meldete die Frau ihrer Unfallkasse als Arbeitsunfall, die dies jedoch ablehnte.
Daraufhin klagte die Frau vor dem Sozialgericht (SG) Mainz auf Anerkennung ihres Unfalls als Arbeitsunfall – allerdings ohne Erfolg. Der Weg zur Nahrungsaufnahme ist nur dann von der gesetzlichen Unfallversicherung umfasst, wenn es notwendig ist, dass der Versicherte persönlich am Beschäftigungsort anwesend ist. Da die Frau aber ein Homeoffice hatte, hat sie den privaten Bereich nicht verlassen und die gesetzliche Unfallversicherung muss nicht eintreten.
Gegen dieses Urteil legte die Frau Revision zum Landessozialgericht (LSG) ein. Die Richter hoben sowohl das Urteil des SG als auch die ablehnenden Bescheide der Unfallkasse auf und verurteilten diese schließlich dazu, die Verletzung der Frau als Arbeitsunfall anzuerkennen. Sie begründeten dies damit, dass der Weg der Frau in die Küche als Betriebsweg gelte.

Endgültige Entscheidung – kein Arbeitsunfall

Gegen diese Entscheidung legte die Unfallkasse schließlich Revision zum Bundessozialgericht (BSG) ein – mit Erfolg. Die Richter stellten fest, dass es sich bei dem Treppensturz der Frau um keinen Arbeitsunfall gehandelt hat. Daher wurde das ursprüngliche Urteil des SG wiederhergestellt und die Unfallkasse musste nicht zahlen.

Zunächst befand sich die Frau zum Unfallzeitpunkt nicht auf dem Betriebsweg i. S. d. § 8 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII), da ein solcher grundsätzlich nur außerhalb des Wohngebäudes in Betracht kommt. Eine Ausnahme gibt es jedoch für den Fall, dass sich die Wohnung und der Arbeitsplatz im selben Gebäude befinden. Allerdings muss der Weg, auf dem der Unfall passiert ist, bei Ausführung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt worden sein.
Dies war hier aber gerade nicht der Fall, denn der Weg in die Küche, um sich Wasser zu holen, wurde weder aus unmittelbarem betrieblichen Interesse zurückgelegt noch wurde er in Ausführung der versicherten Tätigkeit vorgenommen. Der Unfall ereignete sich stattdessen im persönlichen Lebensbereich, da die versicherte Tätigkeit der Frau spätestens mit Verlassen des Arbeitszimmers beendet war.

Zusätzlich erklärten die Richter, dass es nur sachgerecht sei, die Risiken im Bereich eines Homeoffice auf den Versicherten zu übertragen, da es für die Träger der Unfallversicherung keine Möglichkeit gibt, präventive, gefahrenreduzierende Maßnahmen in den privaten Räumen zu ergreifen.

Aus diesen Gründen stellten die Richter des BSG fest, dass der Treppensturz der Frau nicht als Arbeitsunfall anzusehen ist und die Unfallkasse somit nicht zahlen muss, und stellten das ursprüngliche Urteil des SG Mainz wieder her.

Fazit: Passiert im Homeoffice ein Unfall, so liegt meist kein versicherter Arbeitsunfall vor.

(BSG, Urteil v. 05.07.2016, Az.: B 2 U 5/15 R)

(WEI)

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