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Ihre Rechte als Kunde – Teil 1: Einkauf, Reise, Telefon und mehr!

  • 5 Minuten Lesezeit
Esther Wellhöfer anwalt.de-Redaktion

Das Verbraucherrecht kommt in den unterschiedlichsten Situationen zum Ausdruck. So vielfältig das Leben, so speziell können die rechtlichen Regelungen sein. Das Redaktionsteam von anwalt.de hat einige wichtige Urteile aus der bunten und facettenreichen Welt des Verbraucherrechts für Sie zusammengestellt. Da ist für jeden etwas dabei! Lesen Sie selbst, welche Behauptungen vor Gericht Bestand haben. Dieses Mal dreht sich alles um die Themen Einkauf, Reise, Telefon und mehr.

[image]Einkauf:

Toilettenpapier:

„Toilettenpapier ohne Chlorbleiche aus Frischzellstoff ist besonders umweltfreundlich.“

Nicht von der Verpackung blenden lassen! Steht „besonders umweltfreundlich" darauf, muss das noch lange nicht stimmen. Denn Toilettenpapier aus Frischzellstoff ist nicht das einzige, das ohne Chlorbleiche hergestellt wird. Das kann auch auf Toilettenpapier aus Recyclingpapier zutreffen. Weil bei Recyclingpapier außerdem keine Rohstoffe benötigt werden, ist es dann noch umweltfreundlicher als Frischzellstoffpapier.

(OLG Nürnberg, Urteil v. 20.12.2011, Az.: 3 U 1463/11)

Spülmaschine:

„Der Verkäufer darf bei der Ersatzlieferung die Montage verweigern.

Darauf muss man sich nicht einlassen. Liefert der Verkäufer ein Ersatzteil, weil die Kaufsache zum Lieferzeitpunkt einen Mangel hat, der ihm zuzurechnen ist, muss er auch den Einbau übernehmen. Bei einer Ersatzlieferung dürfen dem Verbraucher keine zusätzlichen Kosten aufgebürdet werden. Das gilt sogar, wenn ursprünglich vereinbart war, dass der Käufer den Einbau in eigener Verantwortung durchführt.

(EuGH, Urteil v. 16.06.2011, Az.: C-87/09, C-65/09)

Grüne Plakette:

„Ist eine grüne Plakette zu Unrecht angebracht, ist ein Haftungsausschluss dennoch möglich.

Erfreulicherweise nicht. Der Verkäufer kann hier die Haftung nicht ausschließen. Selbst wenn ein Haftungsausschluss vereinbart wurde, muss er für den Mangel geradestehen. Das ist der Fall, wenn keine Nacherfüllung möglich ist und zum Beispiel kein Rußpartikelfilter in das Fahrzeug eingebaut werden kann. Ist am Fahrzeug eine grüne Plakette angebracht, darf der Käufer davon ausgehen, dass sie berechtigterweise dort klebt. Ein Fahren in der Umweltzone muss zuvor nicht ausdrücklich vereinbart worden sein.

(OLG Düsseldorf, Urteil v. 22.12.2011, Az.: I-22 U 103/11)

Bio-Lebensmittel:

„Das EU-Biosiegel zeichnet Bioprodukte aus biologischem Anbau aus.

Das EU-Biosiegel erhalten Produkte, die dem europäischen Standard für Bioprodukte entsprechen. Man erkennt es an den zwölf weißen Sternen auf grünem Hintergrund. Wofür steht es? Bio ist ein Produkt, wenn es zu 95 Prozent aus zertifiziertem Öko-Anbau stammt. Es muss ohne synthetische Pflanzen und Düngemittel oder gentechnisch veränderte Organismen hergestellt werden. Eine artgerechte Tierhaltung und Futter aus biologischem Anbau sind auch gefordert. Im Laden findet man aber auch Produkte von Bioanbauverbänden, deren Biosiegel für noch strengere Vorgaben stehen.

Reise:

Reiseleiter:

„Das Verhalten des Reiseleiters ist Sache des Reiseveranstalters.

Stimmt. Ist im Reiseprospekt eine engagierte und begeisterte Reiseleitung versprochen, kann ein unmotivierter Reiseleiter eine Minderung des Reisepreises rechtfertigen. Wann werden die Prospektangaben nicht erfüllt? Zum Beispiel bei einer verstockten Reiseleitung, die kaum das Gespräch mit den Reisenden sucht und über Sehenswürdigkeiten nur unzureichend informiert. Hält die Reiseleitung vor Ort nicht, was der Prospekt verspricht, kann eine Reisepreisminderung von 15 Prozent schon drin sein.

(AG Köln, Urteil v. 01.12.2011, Az.: 138 C 323/11)

Traumstrand:

„Wird der Strand vom Wetter weggespült, muss der Reiseveranstalter nicht haften.

Für das Wetter kann der Reiseveranstalter zwar eigentlich nichts und muss in der Regel auch nicht haften. Aber es gibt Ausnahmen. War beispielweise ein reiner Badeurlaub gewollt und können sich die Urlauber sinnvoll überwiegend nur am Strand beschäftigen, ist eine Reisepreisminderung möglich. Legt ein Monsunsturm den Strand einer Urlaubsinsel auf den Malediven in Trümmer, sodass er von den Urlaubern nicht mehr genutzt werden kann, ist auf jeden Fall eine Minderung des Reisepreises gerechtfertigt.

(LG Frankfurt am Main, Urteil v. 21.02.2011, Az.: 2-24 O 66/10)

Telefon & Co.:

Nichtnutzungsgebühr:

„Für das Nichtnutzen des Handys darf eine Nichtnutzungsgebühr verlangt werden.

Ob das zulässig ist, darf zumindest bezweifelt werden. Wird über einen gewissen Zeitraum über das Handy weder telefoniert noch SMS verschickt, muss dafür auch nichts extra bezahlt werden. So sieht es jedenfalls das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein. Das Nichtnutzen ist keine Leistung des Anbieters. Folglich muss der Kunde dafür auch nicht zahlen. Eine solche Nichtnutzungsgebühr kommt einer unzulässigen Strafzahlung gleich, die nicht in vorformulierten Vertragsbedingungen vereinbart werden darf.

(OLG Schleswig-Holstein, Urteil v. 03.07.2012, Az.: 2 U 12/11)

Prepaid-Karte:

„Die Erstattung des Guthabens auf einem Prepaid-Handy ist gebührenpflichtig.

Nur nicht bezahlen. Solche AGB-Klauseln zur Guthabenerstattung sind nichtig. Denn die Erstattung ist keine Leistung des Mobilfunkanbieters. Damit erfüllt er lediglich eine seiner Vertragspflichten. Die Kosten für die Erfüllung des Vertrages darf er nicht auf den Kunden abwälzen. Auch 20 Euro für eine Rücklastschrift und Mahngebühren von rund 10 Euro sind viel zu hoch. Weil das Mahnwesen inzwischen weitgehend automatisiert ist und den Anbieter quasi nichts kostet, sind so hohe Gebühren nicht gerechtfertigt.

(OLG Schleswig-Holstein, Urteil v. 27.03.2012, Az.: 2 U 2/11)

DSL-Vertrag:

„Bei der Änderung eines DSL-Vertrags mit neuer Laufzeit gibt es kein Widerrufsrecht.

Ist so nicht richtig. Das Widerrufsrecht ist nicht auf Neuverträge beschränkt. Auch bei Änderungen von wesentlichen Vertragsbedingungen hat der Verbraucher ein Widerrufsrecht und muss entsprechend darüber belehrt werden. Entscheidende Vertragsinhalte sind insbesondere der Preis, die Leistung und die Laufzeit. Werden diese Inhalte geändert, kann nicht mehr von einer reinen Tarifanpassung gesprochen werden.

(OLG Koblenz, Urteil v. 28.03.2012, Az.: 9 U 1166/11)

Telefonsperre:

„Für unerlaubte Telefonate minderjähriger Kinder müssen die Eltern bezahlen.

Das ist grundsätzlich richtig. Fruchtet ein Verbot nicht, kann man zum Beispiel eine Sperre für teure Rufnummern einrichten lassen. Damit haben die Eltern dann ihre Sorgfaltspflichten erfüllt. Leider finden Kinder auch Tricks, die Sperre zu umgehen, etwa mit einer Direktvermittlung über einen Auskunftsdienst. Umgeht das Kind so die Telefonsperre, müssen die Eltern nicht zahlen. Von ihnen kann nicht verlangt werden, dass sie alle Tricks für die Umgehung der Telefonsperre kennen.

(LG Münster, Urteil v. 22.12.2011, Az.: 06 S 25/11)

Im zweiten Teil informieren wir Sie über weitere wichtige Urteile aus dem Verbraucherrecht zu den Bereichen Versicherung, Bank und Wohnung. Lesen Sie hier die Fortsetzung unseres anwalt.de-Spezials „Ihre Rechte als Kunde“.

(WEL)

Foto(s): ©Fotolia.com

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