Kammergericht: Bezeichnung als Sektenmitglied stellt eine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar

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In einem von unserer Kanzlei geführten äußerungsrechtlichen einstweiligen Verfügungsverfahren hat das Kammergericht mit Urteil vom 01.02.2018, Az. 10 U 81/16, entschieden, dass die öffentliche Bezeichnung auf einer Internetseite als „Sektenmitglied“ unzulässig ist. Dies verletzt im streitgegenständlichen Fall das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG.

Das Kammergericht ist damit der Auffassung von Rechtsanwalt Norman Buse gefolgt und hat in zweiter Instanz das Urteil der Pressekammer des Landgerichts Berlin aufgehoben. Es wurde sodann antragsgemäß eine einstweilige Verfügung zugunsten unserer Mandantin erlassen.

Zum Sachverhalt

Der Antragsgegner ist der ehemalige Lebensgefährte einer Bekannten unserer Mandantin. Nachdem diese Beziehung beendet wurde, begann der Antragsgegner, unsere Mandantin sowie den gesamten Freundeskreis seiner ehemaligen Partnerin in einer Hetzkampagne im Internet zu diffamieren und unter Nennung der Klarnamen u. a. als Sektenmitglieder zu bezeichnen.

Dies wollte unsere Mandantin nicht hinnehmen und hatte nach erfolgloser außergerichtlicher Abmahnung zunächst am Landgericht Berlin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt. Hinsichtlich der Äußerung „Sektenmitglied“ wurde der Antrag jedoch in der ersten Instanz zurückgewiesen, da es sich nach Auffassung der Pressekammer dabei um eine zulässige Meinungsäußerung handeln sollte.

Gegen das dort ergangene Endurteil legte unsere Kanzlei im Namen der Mandantin Berufung ein, welcher dann in zweiter Instanz stattgegeben wurde.

Rechtliche Würdigung

Entgegen der Auffassung des Landgerichts Berlin hat das Kammergericht entschieden, dass es sich bei der Bezeichnung als Sektenmitglied in der konkreten streitgegenständlichen Form um eine Persönlichkeitsrechtsverletzung handelt, sodass unserer Mandantin ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB analog i. V. m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG zugesprochen wurde. Der Antragsgegner hat es folglich zu unterlassen, unsere Mandantin als „Sektenmitglied“ zu bezeichnen.

Auf die Frage, ob es sich bei dieser konkreten Äußerung um eine Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung handelt, kam es nach Auffassung des Kammergerichts nicht an. Entscheidend war vielmehr, dass unsere Mandantin mit einem Sachverhalt in die Öffentlichkeit gezogen wurde, der ihrer Privatsphäre entstammt und daher für die Öffentlichkeit versperrt ist. Auch eine Selbstöffnung gegenüber der Öffentlichkeit hatte das Kammergericht zu Recht abgelehnt.

Fazit

Dieses Verfahren zeigt einmal mehr, dass äußerungsrechtliche Angelegenheiten stets Einzelfallentscheidungen sind und eine sorgfältige Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auf der einen und der Meinungsfreiheit auf der anderen Seite, erforderlich ist.

Weiterhin wird deutlich, dass auch Urteile von spezialisierten Kammern, hier der Pressekammer des Landgerichts Berlin, in zweiter Instanz aufgehoben werden können und sich der Kampf um die Durchsetzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts lohnen kann.

Als spezialisierte Kanzlei für Medien- und Presserecht stehen wir Ihnen jederzeit gern im Falle einer Rufschädigung durch eine unzulässige Berichterstattung zur Verfügung.

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