Kann ich wegen Lärmbelästigung mindern?

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§ 535 Abs. 1 S. 2 BGB normiert, dass der Vermieter dem Mieter die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand übergeben und zu erhalten hat. Den Vermieter treffen daher zwei Verpflichtungen – eine Überlassungspflicht und eine Erhaltungspflicht. Der Inhalt beider Verpflichtungen bestimmt sich grundsätzlich nach der Parteivereinbarung.

Haben die Vertragsparteien vereinbart, dass die Wohnung unrenoviert übergeben wird, so richtet sich die Überlassungs- und auch die Erhaltungspflicht des Vermieters nach genau diesem Zustand der Mietsache. Der Mieter kann während des laufenden Mietverhältnisses nicht die komplette Renovierung der Wohnung aufgrund der Erhaltungspflicht des Vermieters verlangen. Dies ginge über die Überlassungspflicht hinaus.

Fraglich ist jedoch, ob Überlassungspflicht und Erhaltungspflicht immer deckungsgleich zu verstehen sind. Diese Fragestellung wird umso deutlicher, als dass es um „Mängel” an der Mietsache geht, die dadurch hervorgerufen werden, dass äußere Umstände eine Einwirkung darstellen.

Solche Einwirkungen werden als Umweltfehler bezeichnet. Einige Beispiele dafür sind Baulärm, Spielplatzlärm, Überschwemmungen, Lichteinfall, Prostitution, Taubenplage u. a.

Ob für die vorliegenden Umstände ein Mangel an der Mietsache und damit eine Möglichkeit der Minderung der Miete einhergeht, ist in Literatur und der Instanzenrechtsprechung höchst umstritten. Eine einheitliche Rechtsprechung des BGH zu dieser Frage besteht bisher nicht.

In der Vergangenheit musste sich der BGH schon oft mit derartigen Fällen beschäftigen. In seiner Entscheidung vom 29.04.2015 – Az.: VIII ZR 197/14 musste sich der BGH mit der Frage auseinandersetzen, ob nach Vertragsschluss auftretende Geräuschimmissionen eines Nachbargrundstücks – hier ein Bolzplatz – zu einem Mangel an der Mietsache führen, sodass der Mieter mindern kann.

Ausgangspunkt des BGH für die Beantwortung dieser Frage war die Untersuchung des Vorhandenseins einer Beschaffenheitsvereinbarung. Ein Mangel an der Mietsache kann nur dann gegeben sein und zu einer Minderung kraft Gesetz nach § 536 BGB führen, wenn durch ein Abweichen der Ist- von der Soll-Beschaffenheit der vertraglich vorausgesetzte Gebrauch der Mietsache aufgehoben oder erheblich gemindert ist.

Die Soll-Beschaffenheit kann sich nach der Beschaffenheitsvereinbarung der Mietparteien bestimmen. Anders als bei der Frage des Renovierungszustandes werden sich die Vertragsparteien bei Vertragsschluss jedoch selten Gedanken darüber machen, welche „Umweltfehler” sie dem Vertragsschluss zugrunde legen und welche Vereinbarungen diesbezüglich zu treffen sind.

Nach Ansicht des BGH kann man von einer konkludenten Vereinbarung der Beschaffenheit nur dann ausgehen, wenn der Mieter durch sein Verhalten oder Äußerungen zu erkennen gibt, dass der entsprechende Umstand für den vertragsgemäßen Gebrauch entscheidend ist und der Vermieter dem zustimmt. Bei reinem Schweigen dazu wird man auch eine konkludente Vereinbarung nicht annehmen können.

Fehlen Vereinbarungen über derartige Beschaffenheit, so bestimmt sich nach dem BGH die Soll-Beschaffenheit nach der vereinbarten Nutzbarkeit und nach der vom Grundsatz von Treu und Glauben geprägten Verkehrsanschauung. Wird nun in unmittelbarer Nähe zu dem Mietobjekt eine Baustelle errichtet oder geht – wie in der Entscheidung – die Lärmimmission von einem Bolzplatz aus, so kann dies nicht per se als Mietmangel angesehen werden.

Der BGH geht in seiner Entscheidung nämlich davon aus, dass sich die Überlassungspflicht und die Erhaltungspflicht nicht decken. „Denn für die Beurteilung des Beschaffungsrisikos ist es anerkannt, dass dieses sich bei fehlen gegenteiliger Anhaltspunkte nicht darauf erstreckt, schlechthin für jedes Unvermögen zur Erfüllung der übernommenen Pflichten einstehen zu wollen, sondern nur auf die Fähigkeit zur Überwindung der typischen Beschaffungshindernisse bei Geschäften der fraglichen Art.” (BGH, 29.04.2015, Az.: VIII ZR 179/14).

Damit gibt der BGH zu erkennen, dass er sich der in der Instanzenrechtsprechung vertretenen Auffassung anschließt, nach der ein Mangel an der Mietsache dann anzunehmen sei, wenn der Mieter von einer Unveränderlichkeit des Wohnumfeldes für genau diesen Umstand ausgehen durfte. Dies richtet sich unter anderem nach der Beschaffenheit und der Lage der Wohnung.

Abschließende Äußerungen seitens des BGH liegen jedoch nicht vor. So bleibt es für die Frage, ob durch äußere Umweltfehler, auf die der Vermieter selbst keinen Einfluss hat, ein Mangel an der Mietsache begründet werden kann, eine Einzelfallentscheidung, deren Beantwortung nur juristisch mit „Es kommt drauf an.” beantwortet werden kann.


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