Fachanwalt für Arbeitsrecht Stephan Kersten: Kein generelles Überwachungsrecht des Arbeitgebers im Home-Office
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Das Home-Office hat sich pandemiebedingt als weit verbreitete Arbeitsform durchgesetzt. Auf der einen Seite erlaubt es vielen Unternehmen, den zunehmenden Kontaktbeschränkungen auf pragmatische Weise zu begegnen. Auf der anderen Seite birgt der einem Großteil der Angestellten gewährte Vertrauensvorschuss einige Risiken. Die Arbeitszeiterfassung beruht hauptsächlich auf der eigenverantwortlichen Dokumentation einzelner Arbeitnehmer. Angesichts des offenkundigen Missbrauchspotentials besteht auf Arbeitgeberseite das nachvollziehbare Interesse, Arbeitszeitbetrug durch gezielte Kontrollen zu unterbinden.
Da der Arbeitgeber die Arbeitsutensilien (Notebook u.Ä.) stellt, gibt es viele technische Umsetzungsmöglichkeiten. Man denke nur an eine Videoüberwachung, die Erstellung von Screenshots durch sogenannte Keylogger oder die Abspeicherung der Tastatureingaben. So zahlreich die in Frage kommenden Maßnahmen sind, so problematisch stellen sie sich auch auf rechtlicher Ebene dar.
Keine Überwachung bei geduldetem Privatgebrauch des Arbeitscomputers
Sofern der Arbeitgeber die private Nutzung des Computers duldet, scheiden Überwachungsmaßnahmen per se aus. Andernfalls droht eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes (Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art 2 Abs. 1 GG) der Arbeitnehmer, da die im Zuge einer Überwachungsmaßnahme gewonnenen Informationen auch den höchstpersönlichen Lebensbereich tangieren.
Ansonsten § 26 Abs. 1 BDSG als Maßstab
Etwas anders sieht es bei einem Verbot jeglicher Privatnutzung aus, da in diesem Fall nur die Preisgabe arbeitsbezogener Daten droht. Da einer Überwachungsmaßnahme in der Regel keine Einwilligung des Arbeitnehmers vorausgeht, kommt es für die Rechtskonformität auf die Erfüllung der in § 26 Abs. 1 BDSG genannten Voraussetzungen an. Das Bundesarbeitsgericht unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen der heimlichen und offenen Mitarbeiterüberwachung.
Heimliche Mitarbeiterüberwachung grundsätzlich nicht von § 26 Abs. 1 BDSG umfasst
Es hat entschieden (Urteil vom 27. Juli 2017 – 2 AZR 681/16), dass eine heimliche Mitarbeiterüberwachung nur unter besonderen Voraussetzungen rechtskonform ist. So erfordert beispielsweise die heimliche Videoüberwachung oder der verdeckte Einsatz von Keyloggern
• einen Anfangsverdacht für eine schwerwiegende Straftat oder
• tatsächliche Anhaltspunkte für eine erhebliche Pflichtverletzung sowie
• das Fehlen milderer Maßnahmen zur Ausräumung der Verdachtsmomente.
Offenkundige Überwachung ist in Maßen unproblematisch
Dahingegen sind offengelegte Überwachungsmaßnahmen weniger problematisch. Das Bundesarbeitsgericht zieht allerdings eine klare Grenze: Die Kontrolle muss stichprobenartig erfolgen, andernfalls löst sie einen zu hohen Anpassungsdruck aus.
Zustimmung des Betriebsrates erforderlich
Nicht nur das Datenschutzrecht stellt erhebliche Hürden auf. Arbeitgeber müssen auch damit rechnen, dass sich der Betriebsrat gegen bestimmte Kontrollmaßnahmen aussprechen wird. Denn gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 des BetrVG ist er in eine Entscheidung über die Anwendung von Überwachungseinrichtungen zu involvieren.
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