Keine ordentliche Kündigung, wenn Rückstände vor Zugang ausgeglichen wurden

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Mit Urteil vom 20.06.2017 ist nun auch die 63. Kammer des Landgerichts Berlin dazu übergegangen, bei der ordentlichen Kündigung des Mieters wegen Zahlungsverzugs intensiver zu prüfen, ob eine zur Kündigung berechtigende Pflichtverletzung vorliegt.

Der Ausgangsstreit: Das Landgericht stellt den Sachverhalt selber nicht dar, sondern verweist hier auf das erstinstanzliche Urteil. Entsprechend wenig ist zum Sachverhalt bekannt. Die Parteien sind über einen Wohnraummietvertrag verbunden. Der Vermieter hatte in einem Vorprozess der Mieterin die außerordentlich fristlose sowie die ordentliche Kündigung wegen Mietrückständen erklärt, da sich die Mieterin mit einem Betrag von über 2.000,00 € im Verzug befand. Der Rückstand wurde aber bis auf einen Betrag i.H.v. 31,34 € – für Mahnkosten und Zinsen – bereits vor Zugang der ordentlichen Kündigung am 18.04.2015 ausgeglichen. Der Restbetrag wurde am 12.05.2015 an den Vermieter geleistet. Das Amtsgericht hatte die Räumungsklage des Vermieters abgewiesen.

Die Entscheidung: Die 63. Kammer des Landgerichts bestätigt das erstinstanzliche Urteil. Die ordentliche Kündigung hat das Mietverhältnis nicht beendet, denn das Interesse des Vermieters an einer Beendigung (vgl. § 573 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB) war nicht ausreichend. Hierbei muss zwischen außerordentlich fristloser und ordentlicher Kündigung wegen Zahlungsverzuges unterschieden werden. Bei der außerordentlich fristlosen Kündigung gem. § 543 Abs. 2 S. 1 Nr.3 BGB wird nämlich keine Interessensabwägung vorgenommen. Sobald ein Rückstand entsprechend einer der Alternativen erreicht ist, ist der Vermieter zur Kündigung berechtigt. Dafür besteht aber zugunsten des Mieters die Möglichkeit, die Wirksamkeit der Kündigung durch Schonfristzahlung gem. § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB zu beseitigen. Diese Möglichkeit, die Wirksamkeit der Kündigung nachträglich zu beseitigen, besteht bei der – häufig mit der außerordentlich fristlosen Kündigung zusammen ausgesprochenen – ordentlichen Kündigung gem. § 573 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht. Dafür sieht diese Vorschrift vor, dass in einer Interessenabwägung positiv festgestellt werden muss, dass der Vermieter ein erhebliches Interesse an der Beendigung hat. Dies war, so die 63. Kammer, hier nicht der Fall. Die Mieterin hatte sich bemüht, die Zahlung umgehend wiederaufzunehmen, die Mietrückstände wurden vor Zugang der ordentlichen Kündigung getilgt. Auch die geringfügigen Nebenforderungen wurden kurzfristig ausgeglichen. Zusätzlich war sichergestellt, dass die weiteren Mieten direkt durch das Jobcenter an den Vermieter geleistet werden. Auch für die Zukunft war die regelmäßige Leistung also sichergestellt. Andere Anhaltspunkte, welche das Vertrauen des Vermieters in eine gedeihliche Fortsetzung des Mietverhältnisses in Frage stellen konnten, wurden nicht vorgetragen.

Praxistipp: Mit des Entscheidung schließt sich die 63. Kammer einer Tendenz am Landgericht Berlin an, die – häufig zusammen mit der außerordentlich fristlosen Kündigung – erklärte ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzuges genauer unter die Lupe zu nehmen. Das wird notwendig, wenn der Mieter die Mietrückstände innerhalb der Schonfrist ausgleicht und die außerordentlich fristlose Kündigung deswegen unwirksam wir. Mit einem Urteil aus dem Jahr 2005 hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Vorschrift zur Schonfristzahlung nicht analog auf die ordentliche Kündigung anwendbar ist, diese also trotz Zahlung innerhalb der Schonfrist zunächst einmal wirksam bleibt. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs hatte als Konsequenz, dass die Abwehr einer Zahlungsverzugskündigung erheblich erschwert wurde und diese häufig das Mietverhältnis beendeten. In den letzten Jahren ist nunmehr zu beobachten, dass die Instanzgerichte die Anforderungen an die ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzuges verschärfen.

Als Mietervertreter sollte man also immer darlegen, weshalb die Pflichtverletzung Zahlungsverzug nicht so schwerwiegend war und sie sich in Zukunft nicht wiederholen wird. Im Gegenzug ist von Vermieterseite genau darzulegen, weshalb zu befürchten ist, dass sich eine solche Pflichtverletzung wiederholt oder welche anderen Störungen des Mieters das Mietverhältnis belasten.


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