Kindergeld trotz längeren Auslandsaufenthalts des Kindes

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Eltern (auch Stiefeltern, Pflegeeltern oder Großeltern) können Kindergeld für ein Kind mindestens bis zu dessen 18. Geburtstag erhalten. Die Kindergeld-Bezugsberechtigung verlängert sich bis zum 25. Lebensjahr, wenn sich das Kind in einer schulischen oder nichtschulischen Ausbildung befindet, die Grundlage einer späteren Berufstätigkeit ist (§ 32 Absatz 4 Einkommensteuergesetz, EStG).


Wenn sich aber ein Kind im Ausland aufhält, dann kann sich dies auf den Kindergeld-Anspruch auswirken.

Denn: 

Kindergeld kann nicht bezogen werden für „Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland oder in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union“ oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) haben (§ 63 Absatz 1 Satz 6 EStG).

Der aktuelle Fall: Kindergeld für ein Kind, das seine Schulausbildung außerhalb von EU und EWR absolviert

Ich bin Fachanwältin für Steuerrecht. Meine Mandantin hatte einen Antrag auf Kindergeld für ein Kind gestellt, das seinen Schulabschluss außerhalb von EU und EWR absolvierte.


Ein Antrag auf Kindergeld wurde abgelehnt. Auch das Einspruuchsverfahren blieb erfolglos. Daraufhin erhob ich im Auftrag meiner Mandantin Klage vor dem Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern.

Wie ich den Anspruch meiner Mandantin vor dem Finanzgericht durchsetzte

Grundsätzlich besteht kein Kindergeldanspruch, wenn das Kind keinen Wohnsitz in der EU oder im EWR hat (§ 63 Absatz 1 Satz 3 EStG).

Im vorliegenden Fall gehörte das Kind aber - trotz Schulbesuchs im Ausland – unverändert zum Haushalt seiner in Deutschland wohnenden Eltern. Insoweit hatte das Kind weiterhin einen Wohnsitz im Inland (nämlich bei seinen Eltern) – wie von § 62 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe a EStG gefordert.


Die gesetzlichen Bedingungen und die vom Bundesfinanzhof (BFH) definierten Voraussetzungen für einen Wohnsitz im Inland waren erfüllt:

• § 8 der Abgabenordnung (AO) besagt, dass ein Wohnsitz dort besteht, wo jemand eine Wohnung hat. Die regelmäßige Anwesenheit des Kindes während der Schulferien lässt auch darauf schließen, dass es „die Wohnung beibehalten und benutzen“ wollte.


Dies entsprach auch den Anforderungen, die der Bundesfinanzhof bereits in seinem Urteil vom 23.11.2000 (Aktenzeichen VI R 107/99) an das „Innehaben einer Wohnung“ gestellt hat.


• Zudem ist die differenzierte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bezüglich der Dauer des Auslandsaufenthalts eines Kindes zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 21.06.2023, Az. III R 11/21):

a.) Bei Auslandsaufenthalten von bis zu einem Jahr ist selbst dann nicht zwingend von einer Aufgabe des inländischen Wohnsitzes auszugehen, wenn das Kind unterjährig keinen Inlandsaufenthalt getätigt hat (BFH-Urteil vom 28.04.2022, Az. III R 12/20).

b.) Bei Auslandsaufenthalten von mehr als einem Jahr behält das Kind rechtlich nur dann seinen inländischen Wohnsitz, wenn es sich in den ausbildungsfreien Zeiträumen vorwiegend im Inland aufhält und diese Inlandsaufenthalte einen Rückschluss auf ein Wohnen in der elterlichen Wohnung zuließen.

Diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall vollumfänglich gegeben.


Aufgrund der Erfüllung der Voraussetzungen, die Gesetzgebung und höchstrichterliche Rechtsprechung an eine Kindergeldzahlung bei einem Schulabschluss im Ausland, gab das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern meiner Klage statt und sprach meiner Mandantin den gewünschten Kindergeldanspruch zu.


Wichtiger Hinweis:

Bei der Beurteilung jedes Rechtsfalls kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalls an. Daher ersetzt dieser Rechtstipp nicht eine individuelle Rechtsberatung durch einen Rechtsanwalt.





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