Wettbewerbsrecht: Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten

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Wer gegen das Wettbewerbsrecht verstößt, der muss mit einer Abmahnung rechnen. Andere Marktteilnehmer können bei Vorliegen einer unlauteren geschäftlichen Handlung insbesondere Unterlassung und Schadenersatz fordern (§ 8 und § 9 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, UWG), aber zum Beispiel auch Ersatz der Abmahnkosten verlangen (§ 15 Absatz 3 UWG). Zu den Abmahnkosten zählen insbesondere die entstandenen Rechtsanwaltskosten

Ich bin Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz aus Berlin und berichte nachfolgend über einen Zivilprozess, bei dem ich für eminen Mandanten den Ersatz der von ihm verauslagten Abmahnkosten durchsetzte.

Der aktuelle Fall: Abmahnender verlangt Abmahnkosten vom rechtmäßig Abgemahnten

Im aktuellen Streitfall machte die Klägerin (hier: die abmahnende Partei) gegenüber einem Mitbewerber Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von EUR 1.877,11 geltend. Klägerin und Beklagte sind in der Produktion und im Vertrieb von Waren tätig.


Ich stützte den Anspruch des Klägers auf § 13 Absatz 3 UWG. Nach dieser Vorschrift kann der Abmahnende Ersatz seiner „erforderlichen Aufwendungen verlangen“, wenn

• die Abmahnung berechtigt ist und

• die Voraussetzungen des § 13 Absatz 2 UWG erfüllt sind. Zu diesen Voraussetzungen zählt insbesondere

- dass der Kläger zu den grundsätzlich anpruchsberechtigten Rechtssubjekten gehört (§ 8 Absatz 3 UWG; in unserem Fall: Mitbewerber),

- die Angabe der Höhe des Aufwendungsersatzanspruchs und dessen Berechnungsgrundlage sowie

- die Benennung der tatsächlichen Umstände, die eine Rechtsverletzung begründen.


Anspruchsvoraussetzung: Rechtmäßigkeit der erfolgten Abmahnungen

Entsprechend der rechtlichen Anforderungen an einen Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten wies ich zunächst nach, dass die vom Kläger geltend gemachten Abmahnungen berechtigt waren.


Im vorliegenden Falle hatte der Beklagte öffentlich zum Nichtkauf der Produkte des Klägers und dafür zum Kauf der Produkte des Beklagten aufgerufen. Ein solcher Boykottaufruf, stellte eine „gezielte Behinderung“ des Klägers und damit eine unlautere (und somit rechtswidrige) Handlung dar (gemäß § 4 Nummer 4 UWG).


Rechtwidrig war das Verhalten des Beklagten aber auch wegen eines Verstoßes gegen § 4a Absatz 1 UWG. Danach ist eine „aggressive geschäftliche Handlung“ (vorliegend der Boykottaufruf) unlauter, wenn diese „geeignet ist, einen Marktteilnehmer zu einer Geschäftsentscheidung zu veranlassen, die er ansonsten nicht getroffen hätte.“ Aggressiv war der Boykottaufruf, weil er „geeignet“ war, „die Entscheidung von Marktteilnehmern erheblich zu beeinträchtigen“.


Außerdem hatte der Beklagte irreführende Angaben im Sinne des § 5 UWG getätigt, indem er rechtswidrig den Eindruck erweckte, einen besonderen Markenschutz für seine Produkte zu besitzen. Eine Markenrecherche hatte aber ergeben, dass ein Antrag des Beklagten auf Eintragung einer Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft vom Deutschen Patent- und Markenamt abgelehnt worden war (Ablehnung gemäß § 8 Absatz 2 Nummer 1 Markengesetz).


Ferner verwendete der Beklagte die Kennzeichen von „Fairtrade“ und „Bio“, obwohl ihm deren Nutzung nicht genehmigt worden war. Damit verstieß er ebenfalls gegen das UWG: laut Anhang zum UWG, Nummer 2 stellt die „unerlaubte Verwendung von Gütezeichen“ ausdrücklich eine „irreführende geschäftliche Handlung“ dar, die gemäß § 3 Absatz 3 UWG „unzulässig“ ist. Die unrechtmäßige Kennzeichen-Verwendung verstieß zudem gegen das Irreführungsverbot des § 5 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 UWG.


Aus alledem ergab sich für das Gericht unzweifelhaft, dass die Abmahnungen rechtmäßig erfolgt waren.


Berechnung angemessener Abmahnkosten

Nunmehr belegte ich die Höhe der geltend gemachten Abmahnkosten. Zugrunde gelegt hatte ich 1,3 Regelgebühren auf einen Gegenstandswert von 45.000 Euro.


Ich begründete die Angemessenheit des Gegenstandswertes vor allem anhand von Schädlichkeit, Gefährlichkeit und Umfang des Rechtsverstoßes. Ich berücksichtigte daneben auch den Wert der unlauter beworbenen Produkte und die bei einem Verkauf erzielbaren Gewinne.


Den Gebührensatz von 1,3 leitete ich aus §§ 2 Absatz 2 und 14 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) ab. Aus Nummer 2300 des Vergütungsverzeichnisses, das dem RVG als Anlage 1 beigefügt ist, ergibt sich ein Gebührenrahmen von 0,5 bis 2,5, so dass bereits bei einem durchschnittlichen Rechtsfall von der Angemessenheit von 1,3 Gebühren ausgegangen werden konnte.


Versäumnisurteil zugunsten des Klägers

Da der Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen war, erging auf meinen Antrag gemäß § 331 Zivilprozessordnung ein Versäumnsiurteil, mit dem dem Kläger ein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten zugesprochen wurde.


Wichtiger Hinweis:

Die individuellen Umstände entscheiden über die rechtliche Beurteilung jedes einzelnen Rechtsfalls. Dieser Rechtstipp ersetzt daher nicht eine individuelle Rechtsberatung durch einen Rechtsanwalt.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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