Konfliktherd: Hat Betriebsrat Recht auf Einblick in die Gehaltslisten des Arbeitgebers?

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Schlagzeile beim NDR.de vom 22.06.2023: „Prozess: Hagenbeck muss für Transparenz bei Gehältern sorgen - Im Hamburger Tierpark Hagenbeck rumort es weiter. Im Dauerstreit mit der Geschäftsführung kann der Betriebsrat jetzt einen Erfolg verbuchen: Der Tierpark muss sich von der Mitarbeiter-Vertretung jetzt in die Gehaltslisten schauen lassen.“

Landesarbeitsgericht Hamburg stellt klar: Betriebsrat hat Recht auf Einblick in die Gehaltslisten

NDR.de: „Eigentlich hatte das Arbeitsgericht schon im Januar beschlossen, dass der Betriebsrat Einsicht in die Brutto-Lohn-Listen haben muss. Das wollte die Geschäftsführung aber verhindern. In zweiter Instanz vor dem Landesarbeitsgericht ging es am Donnerstag ganz schnell: Der Richter machte sehr deutlich, dass die Hagenbeck-Leitung kaum Aussicht auf Erfolg hat. Nach einem kurzen Telefonat mit Hagenbeck-Geschäftsführer Dirk Albrecht, zog der Anwalt die Beschwerde zurück.“

„Betriebsrat will Verträge prüfen

Der Betriebsrat will prüfen, ob Angestellte zu unterschiedlichen Konditionen im Park arbeiten. Die Geschäftsführung hatte zuletzt gesagt, dass alle Verträge inzwischen angepasst wurden – einfach glauben wollen die Angestellten das aber nicht mehr. Die Fronten sind verhärtet: Weiterhin weigert sich die Geschäftsführung generell bei Verhandlungen zu Vertragsbedingungen Gewerkschaftsvertreter mit ins Boot zu holen. Dabei hat der Dauerstreit der zuständigen IG-Bau regen Zulauf beschert. Inzwischen sind rund 65 Prozent der Belegschaft dort organisiert.“

Rechtsprechung ist eindeutig: Betriebsrat hat Einblick in die Gehaltslisten, aber grundsätzlich NICHT – monatlich

Das Bundesarbeitsgericht sagt mit Datum vom 29.09.2020 – 1 ABR 23/19 – folgendes:

„Ein Verlangen des Betriebsrats nach monatlichem Einblick in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter gemäß § 80 II 2 Hs. 2 BetrVG kann nicht allein mit der Wahrnehmung einer Überwachungsaufgabe oder eines Mitbestimmungsrechts begründet werden. Es muss vielmehr ersichtlich sein, aus welchen Gründen der Einblick im verlangten monatlichen Turnus erforderlich ist…

§ 80 II 2 Hs. 2 BetrVG verlangt eine auf das konkrete Einsichtsverlangen bezogene, spezifische Prüfung der Erforderlichkeit für die vom Betriebsrat geltend gemachten Aufgaben. So besteht etwa kein (mit der Überwachungsaufgabe des § 80 I Nr. 1 BetrVG und einem möglichen Mitbestimmungsrecht nach § 87 I Nr. 10 BetrVG begründeter) Anspruch, wenn es einem örtlichen Betriebsrat um den betriebsübergreifenden Einblick in unternehmensweite Bruttoentgeltlisten geht (vgl. BAG v. 26.9.2017 – 1 ABR 27/16, NZA 2018, 108 Rn. 14 ff.) oder sich die bei einer auf die Durchführung der zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze bezogene Überwachungsaufgabe nicht auf die Einhaltung von Ge- oder Verboten bezieht (vgl. BAG v. 27.10.2010 – 7 ABR 86/09, BAGE 136, 123 = NZA 2011, 418 Rn. 32). Hiervon ausgehend ist nicht ersichtlich, inwieweit die vom Betriebsrat vorgebrachten Aufgaben die verlangte regelmäßige monatliche Einsichtnahme bedingen. Das hat das LAG zutreffend erkannt.“ Quelle: Beck-online.de

Betriebsrat muss Notwendigkeit darlegen, wenn er monatlich in die Gehaltslisten Einblick nehmen will

„Der Betriebsrat hat darauf verwiesen, die Einhaltung einer im Betrieb geltenden Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit, in welcher Zuschläge für Mehrarbeit, Arbeit an Sonn- und Feiertagen sowie für Nachtarbeit geregelt sind, überprüfen zu wollen. Zwar gehört es zu den Aufgaben eines Betriebsrats, die Durchführung einer Betriebsvereinbarung zu überwachen (vgl. BAG v. 24.4.2018 – 1 ABR 6/16, NZA 2018, 1565 Rn. 26). Damit ist aber keine Notwendigkeit einer monatlichen Einsichtnahme in die Listen dargetan, zumal der Betriebsrat eine regelmäßig monatlich anfallende Mehr- oder Nachtarbeit nicht einmal behauptet. Eine solche Erforderlichkeit kann auch nicht mittels Verweis der Rechtsbeschwerde auf andere Rechtsquellen, die hinsichtlich bestimmter Daten eine regelmäßige Unterrichtung des Betriebs- oder Personalrats oder des Wirtschaftsausschusses rechtfertigen, oder durch die Argumentation, das Verlangen einer Einblicknahme könne „jederzeit“ angebracht werden, ersetzt werden.“ Quelle: beck-online.de

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