Kündigung nach verdeckter Videoüberwachung

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Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte über einen Kündigungssachverhalt zu entscheiden (BAG 21.06.2012, www.bundesarbeitsgericht.de), bei dem es nicht um eine erkennbare Video-Überwachung, sondern um eine verdeckte, heimliche Überwachung ging:

Der Arbeitgeber hatte im Verkaufsraum eines Supermarkts mit Zustimmung des Betriebsrats eine Überwachungsanlage installiert. Anlass waren hohe Fehlbestände bei Zigaretten, die den Verdacht von Diebstählen durch Mitarbeiter hatte aufkommen lassen. In der Tat war auf der Videoaufnahme zu sehen, wie die Filialleiterin an zwei Tagen mehrere Zigarettenschachteln an sich nahm. Der Arbeitgeber kündigte fristlos. Die Arbeitnehmerin wehrte sich gegen die Kündigung und gegen die Verwertung der Videoaufnahmen als Beweismittel.

Die Video-Überwachung öffentlich zugänglicher „Räume" gewinnt im Rahmen der Ver­mei­dung von Straftaten und bei deren Aufklärung immer mehr an Bedeutung. Gesetzliche Grund­lage ist insbesondere das Bundesdatenschutzgesetz (§ 6 b BDSG). Es regelt die Fälle, in denen die Überwachung zulässig sein soll, verbunden mit der Verpflichtung, diese Beobachtung für den Einzelnen erkennbar zu machen. Zu den öffentlich zugänglichen Räumen gehören auch Verkaufsräume, Ausstellungsräume eines Museums, Parkhäuser etc., während Büros oder Produktionsbereiche ohne Publikumsverkehr nicht öffentlich zugänglich sind.

Zu entscheiden hatte das Gericht über die Frage, ob heimlich angefertigte Videoaufnahmen im Kündigungsschutzprozess zum Nachweis des Kündigungsgrundes verwertet werden dürfen, oder ob sie einem Verwertungsverbot unterliegen.

Hierzu hat der BAG folgende Grundsätze aufgestellt:

Eine heimliche Videoaufnahme ist zulässig, wenn der konkrete Verdacht einer Straftat zu Lasten des Arbeitgebers besteht, weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Sach­verhalts ausgeschöpft sind und die verdeckte Überwachung das einzig verbleibende Mittel ist, um den Sachverhalt aufzuklären. Zu den milderen Mitteln könnten z.B. Taschenkontrollen oder die Einschaltung von Detektiven gehören.

Das Gericht räumt dem Bedürfnis zur Verwertung nur dann höhere Bedeutung ein, wenn die genannten Gesichtspunkte hinzukommen und das durch die heimliche Videoaufnahme verletzte Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers daher ausnahmsweise zurückzutreten hat. Damit stellt das BAG dem Arbeitgeber sicherlich keinen Freibrief aus.

Das BAG hat den Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen, weil weitere Sachverhaltsaufklärung nötig war. Dort haben sich die Parteien inzwischen durch Vergleich geeinigt.

Dem Arbeitgeber ist zu empfehlen, alle sonstigen Möglichkeiten der Aufklärung auszu­schöpfen. Vielleicht kann auch ein Mitarbeitergespräch - statt Kontrolle und Überwachung -zu einer Änderung des Verhaltens führen und verlorenes Vertrauen wiederherstellen.

Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung, der übrigens die Unzulässigkeit der heimlichen Überwachung vorsieht, liegt seit Ende 2010 vor. Über diesen soll im Bundestag beraten werden (Mitteilung 26.09.2012, www.bundestag.de). Wann dies geschieht, ist nicht bekannt.

Frank Langer

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Heinz Rechtsanwälte, Heidelberg


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