Kündigung wegen Eigenbedarfs im Mietverhältnis

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Jeder Mieter fürchtet sie, die Eigenbedarfskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Der vorliegende Leitfaden richtet sich sowohl an Mieter, die eine solche Kündigung erhalten haben, als auch an Vermieter, die eine solche verfassen wollen.

Bei einem Wohnraummietverhältnis, das auf unbestimmte Zeit geschlossen wurde, ist die ordentliche Kündigung für den Vermieter nur möglich, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat, § 573 Abs. 1 S. 1 BGB. Im folgenden Absatz nennt die Norm auch die typischen Gründe, wenngleich diese Aufzählung nicht abschließend ist.
Hier findet man dann, neben der schuldhaften Verletzung von Vertragspflichten in nicht unerheblichem Maße, die Kündigung wegen Eigenbedarfs.

Nach dem Wortlaut darf Eigenbedarf angemeldet werden für sich selbst, Familienangehörige und Angehörige des Haushalts. Darunter versteht man vor allem Verwandte in gerader Linie (Eltern, Kinder oder Enkel), Geschwister und Ehegatten. Bei entfernten Verwandten sollte der Nachweis erbracht werden, dass eine Bindung zum Kündigenden besteht. Über "Angehörige des Haushalts" kommen auch unverheiratete Lebensgefährten und deren Kinder sowie Pflege- und Hauspersonal in Betracht.

Die Kündigungsfrist richtet sich nach § 573c BGB. Die Kündigung wird demnach zum Ende des übernächsten Monats wirksam, wenn sie bis zum dritten Werktag des Monats eingegangen ist.
Eine Kündigung am 03. August (01. bis 03. allesamt Werktage) beendet also das Mietverhältnis zum 31. Oktober. Geht die Kündigung erst nach dem dritten Werktag ein, verschiebt sich das Ende des Mietverhältnisses um einen Monat nach hinten.

Kündigt der Vermieter wegen Eigenbedarfs, kommt es auch auf die bisherige Dauer des Mietverhältnisses an. Nach fünf und nach acht Jahren verlängert sich die Kündigungsfrist jeweils um drei Monate. Überschlagsmäßig betrachtet kann man also von einer 9-monatigen Kündigungsfrist sprechen, wenn die Wohnung seit über acht Jahren bewohnt wird.

Handelt es sich um ein Haus mit zwei Wohneinheiten, in dem auch der Vermieter selbst lebt, greift § 573a BGB. Dann kann auch ohne berechtigtes Interesse gekündigt werden, die Fristen verlängern sich aber zusätzlich um drei Monate.

Der Eigenbedarf ist im Kündigungsschreiben schon hinreichend zu begründen. Andernfalls ist die Kündigung unwirksam. Zentral sind Auskünfte dazu, wer in die Wohnung einziehen und warum die ausgewählte Wohnung benötigt wird. Hier ist mehr als das Schlagwort "Eigenbedarf" notwendig.

Legitime Gründe sind unter anderem: der Wunsch, in erworbenem Eigentum mietfrei zu wohnen, bei Kinderwunsch eine größere Immobilie beziehen zu wollen, einem Kind den Auszug aus dem Elternhaus zu ermöglichen, einen berufsbedingten Zweitwohnsitz einrichten zu wollen, räumliche Nähe wegen Pflegebedarfs sicherzustellen oder auch die Verkürzung des Arbeitsweges (vor allem nach Jobwechsel). Auch diese Auflistung ist nicht abschließend. Maßgeblich ist eine Darstellung, die es dem gekündigten Mieter erlaubt, die Gründe nachzuvollziehen.

Schon nach dem Gesetz ist es allerdings nicht ausreichend, wenn mit einer neuen Vermietung mehr Mieteinnahmen erzielt werden sollen. Auch die Begründung, dass bei einer geplanten Veräußerung der unvermietete Zustand besser ist, genügt nicht.

Zur Begründung gehört auch die Angabe, warum ausgerechnet die anvisierte Wohnung ausgewählt wurde. Handelt es sich um die einzige Eigentumswohnung des Vermieters, genügt die Angabe, dass Alternativen fehlen.

Eine unwirksame Kündigung ist für den Mieter nicht zu beachten. Streng genommen bedarf es nicht einmal eines Widerspruchs.

Weitere Besonderheiten des Eigenbedarfs:

Vorgetäuschter Eigenbedarf, um einen unliebsamen Mieter los zu werden, ist keine empfehlenswerte Vorgehensweise. Nur realer Eigenbedarf begründet eine wirksame Eigenbedarfskündigung. Erfährt der Mieter nachträglich von dieser Vorgehensweise, kann er Schadenersatzansprüche geltend machen. Umzugskosten und gegebenenfalls höhere Mietzahlungen können hier in Ansatz gebracht werden, was ein finanzielles Risiko für den Vermieter darstellt.

Daran knüpft die Situation an, dass der Grund der ursprünglich berechtigten Eigenbedarfskündigung wegfällt. Der Vermieter ist dann verpflichtet, den Mieter auf die geänderten Umstände hinzuweisen. Lässt er die Kündigung ohne Mitteilung weiterlaufen, handelt er rechtsmissbräuchlich und setzt sich erneut Schadenersatzansprüchen des Mieters aus.

Kompliziert wird es insbesondere, wenn der ursprüngliche Eigenbedarfsgrund wegfällt, aber ein anderer Kündigungsgrund nachträglich auftritt. Hier muss man genau entlang der Chronologie arbeiten, um festzustellen, ob die Kündigung wirksam war und bleibt. Die exakten Einzelheiten sind idealerweise fallorientiert mit einem Anwalt zu besprechen. Im hier ausgeführten Kontext ist vor allem wichtig, dass ein neuer Eigenbedarf grundsätzlich auch eine neue Kündigung notwendig macht.
Soll nun beispielswiese die Tochter statt des Sohnes einziehen, hat der Vermieter den Mieter zu informieren. Dem Mieter ist es anzubieten, die Kündigungswirkung entfallen zu lassen, quasi den Mietvertrag fortzusetzen. Dann muss wegen des neuen Eigenbedarfs neu gekündigt werden. 

Verfügt ein Vermieter über mehrere Wohnungen bzw. Immobilien, muss er nicht nur ausführen, warum die gekündigte Wohnung ausgewählt wurde. Darüber hinaus muss dem Mieter mitgeteilt werden, ob eine Alternativwohnung verfügbar ist, und unter welchen Konditionen der Mieter diese anmieten kann. Sind alle anderen Wohnungen ebenfalls vermietet, ist nur zu begründen, warum die konkrete Wohnung ausgewählt wurde. Auch über eine nachträglich frei werdende Wohnungsalternative ist der Mieter zu informieren. Diese Pflicht erstreckt sich grundsätzlich nur auf vergleichbare Angebote. Da die Wirksamkeit der Kündigung allerdings davon abhängt, sollte sicherheitshalber auch auf eine eher unpassende Alternative verwiesen werden.

Für die Wirksamkeit der Eigenbedarfskündigung ist es auch wichtig, dass auf die Widerspruchsmöglichkeit des Mieters hingewiesen wird, § 574 BGB.

Der Mieter kann bis spätestens zwei Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist schriftlich widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen. Dies setzt voraus, dass die Beendigung eine nicht zu rechtfertigende Härte für den Mieter, dessen Familie oder Haushaltsangehörige darstellen würde, selbst wenn man die berechtigten Vermieterinteressen berücksichtigt. Hier ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen.

Die Rechtsfolge ist, dass der Mietvertrag fortgesetzt wird, solange dies unter Berücksichtigung aller Umstände angemessen ist. Das Mietverhältnis wird also grundsätzlich nicht auf Dauer fixiert. 

Für Mieter:

Nehmen Sie ein Kündigungsschreiben nicht unkritisch hin. Eine unzureichende Begründung macht die Kündigung wegen Eigenbedarfs schon unwirksam.

Der Eigenbedarf muss nachvollziehbar geschildert sein und auch wirklich bestehen. Zieht nach Ihnen nicht die Bedarfsperson ein, stehen Ihnen oft Schadenersatzansprüche zu. 

Für Vermieter:

Das Formulieren einer Eigenbedarfskündigung ist von großer Bedeutung. Gerade bei langen Mietdauern und dementsprechend langen Kündigungsfristen sind Unwirksamkeitsgründe zu vermeiden.

Der wirklich bestehende Eigenbedarf ist ein berechtigter Kündigungsgrund. Gerade bei mehreren in Frage kommenden Wohnungen, ist es aber mit dem bloßen Kündigungsausspruch nicht getan.

Die Schilderungen bilden nicht alle Streitpunkte ab, die sich rund um eine Eigenbedarfskündigung ergeben können. Dies liegt schon ersichtlich daran, dass die Umstände des Einzelfalls hier eine große Bedeutung innehaben und sich zwangsweise stets unterscheiden.

Bisweilen ist in solchen Fällen ein Mietaufhebungsvertrag sinnvoll. Dahinter verbirgt sich nichts weiter als eine Absprache der Mietparteien, dass das Mietverhältnis vor Ablauf der Kündigungsfrist enden soll. Beispielsweise wenn der Mieter schnell neuen Wohnraum findet und keine doppelte Mietbelastung tragen will, liegt eine einvernehmliche Lösung oft im Interesse beider Parteien.

Mit weitergehenden Fragen können Sie sich gerne an uns wenden, wenn noch Unklarheiten bestehen.



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