Kündigungen während der Probezeit können unter bestimmten Voraussetzungen unwirksam sein

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Für Arbeiten unter Reinraumbedingungen gelten besondere gesetzliche Vorschriften. So muss der Arbeitgeber – soweit das praktisch möglich ist – Vorkehrungen treffen, dass niemand dort eingesetzt wird, der an ansteckenden Krankheiten leidet.

Der Arbeitgeber in diesem Fall ist in der Pharma-Industrie ansässig. Es werden dort Medikamente zur Krebsbehandlung hergestellt.

In dieses Unternehmen trat im Dezember 2010 ein 26 jähriger Chemisch-Technischer Assistent ein. Im Arbeitsvertrag wurde eine Probezeit von 6 Monaten mit 2-wöchiger Kündigungsfrist vereinbart. Der Arbeitnehmer sollte in der Qualitätsprüfung im Reinraum eingesetzt werden. Bei einer betriebsärztlichen Untersuchung teilte der Arbeitnehmer dem Arzt mit, dass er HIV positiv sei. Die Infektion wäre jedoch symptomlos.

Der Arbeitgeber kündigte ihm daraufhin ordentlich.

Der Mitarbeiter klagte vor dem LAG Berlin Brandenburg (6 Sa 2159/11) wegen Diskriminierung gemäß AGG. Er sah seine Infektion als Behinderung im Sinne des Gesetzes. Im SGB IX heißt es dazu, dass als Behinderte Menschen gelten, wenn “ihre  körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist.“ (§ 2 Abs. 1 SGB IX)

Vor dem LAG unterlag er. Er ging in Berufung vor das BAG. Dieses hat am 19.12.2013 unter 6 AZR 190/12 – PM 78/13 entschieden und stellte sich auf die Seite des Arbeitnehmers.

Das BAG stellte fest, dass dem Mann ohne HIV Infektion nicht gekündigt worden wäre. Ebenso erkannte das Gericht an, dass Menschen auch mit einer symptomlosen HIV-Infektion an der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben durch soziale Stigmatisierung etc. eingeschränkt und somit behindert sind. Die Kündigung stellte daher eine unmittelbare Benachteiligung nach § 3 Abs. 1 AGG dar.

Da noch nicht alle Tatsachen ermittelt waren und das BAG keine Tatsacheninstanz ist, hat es den Fall an das LAG zurückverwiesen.

Wenn nun ermittelt wird, dass der Arbeitgeber hätte Vorkehrungen treffen können, die einen Einsatz im Reinraum hätten möglich machen können, wäre die Kündigung hinfällig. Wenn der AG dazu nicht in der Lage ist, so ist die Kündigung wirksam.


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