Kündigungsschutzklage: Worauf muss ich achten?

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Was ist eine Kündigungsschutzklage?


Eine Kündigungsschutzklage zählt zur Kategorie der sog. Feststellungsklagen. Die Klage wird erhoben, damit das Gericht feststellen kann, ob das Arbeitsverhältnis beendet oder weitergeführt wird. Demnach steht jeder Kündigungsschutzklage eine bestimmte Kündigung des Arbeitnehmers hervor, dessen Unwirksamkeit festgestellt werden muss. Fällt die Klage erfolgreich aus, steht fest, dass ein Arbeitsverhältnis zum Kündigungszeitpunkt bestand und nicht wirksam beendet wurde. Dieses Urteil hätte zur Folge, dass der Arbeitnehmer weiterhin seiner Tätigkeit für den Arbeitgeber nachkommen kann und dafür weiterhin Lohn bzw. Gehalt erhält.


Des Öfteren geriet der Arbeitgeber während des Gerichtsprozesses in Zahlungsverzug. Um diese ausstehenden Lohnzahlungen zu fordern muss die Kündigungsschutzklage um Zahlungsanträge erweitern werden. Sollte das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses umstritten sein, kann das Gericht dies feststellen. Dafür muss eine allgemeine Feststellungsklage erhoben werden. Die allgemeine Feststellungsklage kann mit der Kündigungsschutzklage verbunden werden.


Wann ist eine Kündigungsschutzklage sinnvoll?


Eine Kündigungsschutzklage kann nach einer ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung erhoben werden, vorausgesetzt die Kündigung ist unwirksam. Erfahrungsgemäß sind 80 % aller Kündigungen unwirksam. Entscheidet sich der Arbeitnehmer gegen eine Klage gilt das Arbeitsverhältnis, unabhängig von der Wirksamkeit der Kündigung, als beendet.


Kann jeder Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage erheben? 


Der Kläger muss unter den Kündigungsschutz fallen (§ 1 Abs. 2 KSchG). Jeder Arbeitnehmer, der eine Wartezeit von sechs Monaten erfüllt, während dieser Wartezeit bei demselben Arbeitgeber beschäftigt ist und in diesem Betrieb zehn oder mehr Mitarbeitern tätig sind (§§ 1 Abs.1, 23 Abs.1 KSchG), unterliegt dem Kündigungsschutz. Der Kündigungsschutz schützt den Arbeitnehmer vor Kündigungen, die nicht sozial gerechtfertigt sind, also keine wirksamen personenbedingten, verhaltensbedingten oder dringlichen betrieblichen Gründe erkennbar sind (§ 1 Abs. 2 S. 1 KSchG).


Welche Fristen müssen beachtet werden?


Der Kläger muss die Klageschrift innerhalb von drei Wochen nach Erhalt des Kündigungsschreibens beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen. Sollte die Klagefrist versäumt werden, gilt die Kündigung grundsätzlich als von Anfang an wirksam (§ 7 KSchG). Es besteht in Ausnahmesituationen die Möglichkeit auf eine nachträgliche Zulassung der Klage. Hierbei muss der potenzielle Kläger jedoch nachweisen, dass er schwerverhindert war und die Einreichung der Klage unmöglich gewesen ist. Dies könnte etwa der Fall sein, wenn er gesundheitlich dermaßen eingeschränkt gewesen ist, dass seine Entscheidungskraft darunter litt. Es genügt nicht, wenn der Arbeitnehmer die Kündigung nicht fristgerecht zur Kenntnis nehmen konnte, weil er vier Wochen im Urlaub auf Bali gewesen ist. In solchen Fällen geht das Gericht davon aus, dass ein Dritter den Briefkasten leert.


Die Klageschrift muss jegliche Argumente gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses enthalten und sie detailliert erläutern. Die Formulierung und Erstellung der Klageschrift sollte der Prozessbeauftragte des Klägers, idealerweise ein Anwalt für Arbeitsrecht, übernehmen.


Gibt es Ausnahmesituationen, in denen eine Klage nach Fristablauf erhoben werden darf?


Tatsächlich gibt es zwei Ausnahmesituationen.


  • Die Kündigung wurde nicht schriftlich erklärt, sondern per E-Mail, WhatsApp oder mündlich. Die Kündigungsschutzklage muss drei Wochen nach Erhalt des schriftlichen Kündigungsschreibens erhoben werden (§ 4 Abs. 1 KSchG). Eine mündliche Kündigung verstößt gegen die Schriftform (§ 623 BGB) und gilt damit als unwirksam. Sollte das jedoch aus irgendwelchen Gründen streitig sein, darf der Arbeitnehmer auch nach drei Wochen eine Kündigungsschutzklage erheben.  
  • Sollte die Kündigung eines Arbeitnehmers die Zustimmung einer Behörde voraussetzen, dann läuft die Frist erst ab der Bekanntgabe dieser Entscheidung dieser Behörde. Die Kündigung eines schwerbehinderten oder gleichgestellten Arbeitnehmers erfordert bspw. die Zustimmung des Integrationsamtes (§ 168 Neun­tes Buch So­zi­al­ge­setz­buch - SGB IX). Sollte der Arbeitnehmer aber bereits vorher das Kündigungsschreiben erhalten haben, dann kann er zunächst die Entscheidung abwarten. Allerdings wäre es ratsam trotzdem innerhalb der drei Wochen die Klageschrift einzureichen, einfach um dem Gericht die Frage nach der fristgerechten Klageerhebung zu erleichtern.


Wie läuft ein Kündigungsschutzverfahren ab? 


Zunächst wird ein Termin für eine Güterverhandlung festgelegt. Dieser kann zwei bis drei Wochen nach Einreichung der Klage angesetzt werden. Der Vorsitzende der Kammer führt diese Verhandlung und versucht eine Einigung zwischen den Parteien zu erzielen. Die meisten arbeitsrechtlichen Fälle enden in einem Vergleich. Der Vergleich enthält das Beendigungsdatum und ggf. eine Abfindungssumme. Sollte es zu keiner Einigung kommen wird ein Kammertermin vereinbart, in dem der Vorsitzende der Kammer und zwei ehrenamtliche Richter den Prozess führen. Bis zum Kammertermin kann die Beklagte sich schriftlichen äußern und der Kläger darauf reagieren. Der Prozess endet entweder in einem Vergleich oder einem Urteil. Sollte eine der Parteien dem Urteil widersprechen, kann sie Berufung beim Landesarbeitsgericht (LAG) einlegen.


Welche Umstände könnten für die Einreichung einer Kündigungsschutzklage sprechen?


  • Unwirksame Kündigung: Wenn die Kündigung offensichtlich oder sehr wahrscheinlich unwirksam ist.
  • Schlechte Arbeitsmarktaussichten: Wenn der Arbeitnehmer arbeitslos gemeldet ist und seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt begrenzt sind.
  • Zweifelhafte fristlose Kündigung: Wenn eine fristlose Kündigung ausgesprochen wurde und ihre Rechtmäßigkeit zumindest fragwürdig ist.
  • Verlust von Gehaltszahlungen: Wenn der gekündigte Arbeitnehmer aufgrund einer fristlosen Kündigung oder aus anderen vorzeitigen Gründen substanzielle Gehaltszahlungen entgehen würden.

Welche Umstände könnten gegen die Einreichung einer Kündigungsschutzklage sprechen?


  • Offensichtlich wirksame Kündigung: Wenn die Kündigung offensichtlich oder sehr wahrscheinlich wirksam ist, zum Beispiel bei einer ordentlichen Kündigung in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses oder in einem Betrieb mit zehn oder weniger Arbeitnehmern.
  • Gute Arbeitsmarktaussichten: Wenn der Arbeitnehmer noch nicht im rentennahen Alter ist und einen gefragten Beruf ausübt, sodass seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt sehr gut sind (was auch dem Arbeitgeber bekannt ist).
  • Abfindungsangebot: Wenn der Arbeitgeber die Kündigung mit einem Abfindungsangebot verbunden hat, das bei Einreichung einer Kündigungsschutzklage hinfällig wird. 

Welche Fehler sollte der Arbeitgeber während des Prozesses vermeiden?


  • Vermeiden, dass es überhaupt zur Klage kommt: Arbeitgeber sollten bereits im Vorfeld einer Kündigung sorgfältig abwägen, ob es möglicherweise bessere Alternativen wie einen Aufhebungsvertrag gibt, um teure und zeitaufwändige Kündigungsschutzverfahren zu umgehen.
  • Rechtliche Argumentation nutzen: Wird eine Kündigungsschutzklage eingereicht, ist es wichtig, dass der Arbeitgeber trotz eventueller rechtlicher Unsicherheiten an der Wirksamkeit der Kündigung vorerst festhält. Selbst wenn Hinweise auf Angriffspunkte bestehen, sollten diese juristisch behandelt werden. Gleichzeitig sollten Arbeitgeber prüfen, ob weitere Kündigungen rechtlich zulässig sind, insbesondere, wenn schwerwiegende Verstöße des gekündigten Mitarbeiters vorliegen.
  • Frage nach Folgebeschäftigung stellen: Arbeitgeber sollten spätestens im Verlauf des Verfahrens den Arbeitnehmer nach möglichen neuen Arbeitsstellen fragen, da dies den möglichen Verzugslohn mindern könnte. Diese Frage kann während Verhandlungen über eine Abfindung gestellt werden und darf nicht ignoriert werden, da falsche Angaben gefährliche Konsequenzen haben könnten.
  • Möglichkeit der Kündigungsrücknahme prüfen: Es ist ratsam, die Option der Kündigungsrücknahme im Laufe des Prozesses in Betracht zu ziehen. Arbeitgeber sollten deutlich kommunizieren, dass diese Option existiert. Dadurch lassen sich oft Abfindungsforderungen begrenzen, da Arbeitnehmer, die eigentlich nicht mehr in den Betrieb zurückkehren möchten, möglicherweise auf eine Abfindung verzichten, wenn die Kündigung zurückgenommen wird.


RA Pascal Croset

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Südwestkorso 1

12161 Berlin

www.ra-croset.de

Pascal Croset ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht mit Kanzleisitz in Berlin. Er ist ideologisch nicht festgelegt und vertritt daher Arbeitgeber (kleine, mittelständische und große Unternehmen mit bis zu 1.500 Mitarbeitern) und Arbeitnehmer (Angestellte aller Einkommensklassen, Führungskräfte, leitende Angestellte und Geschäftsführer) - deutschlandweit.

Pascal Croset ist Experte für arbeitsrechtliche Abmahnungen und hat das Werk „Die rechtssichere Abmahnung: Ein Leitfaden für Personalabteilung und Geschäftsführung" im Gabler-Verlag veröffentlicht.

Foto(s): Kanzlei@croset.de

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