Liegt in einer unzulässigen Bildnisveröffentlichung auch ein Datenschutzrechtsverstoß?

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Seitdem die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ab Mai 2018 offiziell anzuwenden ist, wirft dies nicht nur Problemstellungen in Bezug auf das deutsche Datenschutzrecht auf. Auch der Bildnisschutz, welcher einen bedeutenden Teilbereich in der alltäglichen Praxisarbeit einer Kanzlei für Medienrecht darstellt, sieht sich mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Essenziell ist dabei vor allem, ob die Vorschriften und alt hergebrachten Grundsätze, die sich über Jahre hinweg durch die einschlägige Rechtsprechung entwickelt haben, weiterhin Wirkung entfalten oder aufgrund der Regelungen in der DSGVO zu vernachlässigen sind. 

Unstreitig beurteilte sich der Bildnisschutz vor Inkrafttreten und Anwendung der DSGVO nach den §§ 22 ff. KUG (hier insbesondere die §§ 21 und 22 KUG) und den hierzu entwickelten Grundsätzen der erkennenden Gerichte. Nach § 21 KUG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Verbreitung eines Personenbildnisses begründet jedoch gleichzeitig auch eine Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne der DSGVO, sodass sich die berechtigte Frage stellt, nach welchen Vorschriften die Veröffentlichung zu beurteilen ist oder gar beide parallel zu zur Anwendung gelangen. 

Die Rechtsprechung zeigte sich von dieser Problematik bisher eher unbeeindruckt und lässt im Ergebnis die Entscheidung dahinstehen. So heißt es in einem Urteil des LG Frankfurt am M. vom 13.09.2018 – 2 -03 283/18, dass es letztendlich offenbleiben kann, ob die §§ 22, 23 KUG als Normen i.S.v. Art. 85 Abs. 1 DSGVO (VO (EU) 2016/679 für Fälle, die nicht unter journalistische, wissenschaftliche, künstlerische oder literarische Zwecke i.S.v. Art. 85 Abs. 2 DSGVO fallen, weiter gelten oder nicht. 

Denn sowohl nach den §§ 22, 23 KUG als auch unter Berücksichtigung von Art. 6 Abs. 1 lit. a, lit. f, 7 DSGVO sei die Veröffentlichung rechtswidrig gewesen. Beide Gesetzeswerke gestatten eine Bildnisveröffentlichung grundsätzlich nur mit Einwilligung des Betroffenen. Im Rahmen der Prüfung einer möglichen Rechtfertigung durch Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO ist die erkennende Kammer der Auffassung, dass die Grundsätze der §§ 22, 23 KUG und die in diesem Zusammenhang ergangene Rechtsprechung unter Berücksichtigung einer europarechtskonformen Auslegung als Gesichtspunkte, die im Rahmen der Abwägung der konkurrierenden Interessen und Grundrechtspositionen einzubeziehen sind (vgl. LG Frankfurt am M. vom 13.09.2018 – 2 -03 283/18, ZD 2018, 587, beck-online). 

Die Anwendbarkeit des KUG bestätigt das LG Frankfurt a. M. in einer Entscheidung im darauffolgenden Jahr und führt insoweit aus: „Bei der dargestellten Abwägung hat die Kammer ferner berücksichtigt, dass seit dem 25.05.2018 die DSGVO Geltung erlangt hat. Insoweit wendet die Kammer jedoch unter Berücksichtigung von Art. 85 Abs. 2 DSGVO die §§ 22 f. KUG und die hierzu in der Rechtsprechung ergangenen Grundsätze mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO an.“ (vgl. LG Frankfurt a. M., Urteil vom 26.09.2019 – 2/03 O 402/18, BeckRS 2019, 24883, beck-online). 

Auch das OLG Köln lässt die Frage der Anwendbarkeit im Ergebnis offen: 

„Ebenfalls dahinstehen kann, ob sich der in die Zukunft gerichtete und deswegen nach dem im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung geltenden Recht zu bewertende Unterlassungsanspruch angesichts des zwischenzeitlichen Inkrafttretens der DSGVO weiterhin aus § 1004 Abs. 1 BGB analog, § 823 Abs. 2 BGB, §§ 22, 23 KUG ableiten lässt oder heute in solchen Fällen eher auf § 1004 Abs. 1 BGB analog, § 823 Abs. 2 BGB, Art. 6 Abs. 1 DSGVO abzustellen wäre. 

Letzteres ließe sich u. a. auf die Überlegung stützen, dass auch Personenfotos „personenbezogene Daten“ i.S.d. DSGVO sind (EuGH v. 11.12.2014 – C-212/13, NJW 2015, 463 Rn. 22 ff. – „K/L“; v. 14.02.2019 – C-345/17, NVwZ 2019, 465 Rn. 31- „M/N“). Denn – wie der Senat zuletzt im Urteil v. 18.04.2019 – 15 U 215/18, BeckRS 2019, 10200 – ausgeführt hat, ist für beide denkbaren Anspruchsgrundlagen immer eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Interessen und grundrechtlich geschützten Positionen entweder im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG oder eben im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 lit f. DSGVO geboten, die – wenn (wie hier) nicht unterschiedliche Schutzumfänge verschiedener geschützter Positionen im Raum stehen – im Grundsatz zum gleichen Ergebnis führen muss (vgl. OLG Köln, Urteil vom 10.10.2019 – 15 U 39/19, BeckRS 2019, 25735, beck-online). 

Wie die zitierten Entscheidungen gezeigt haben, kann die Frage des Anwendungsvorrangs in der Praxis grundsätzlich dahinstehen, da die Prüfungsergebnisse sich in der Regel nicht unterscheiden werden. Was nach dem KUG nicht zulässig ist, wird im Zweifel auch nach der DSGVO nicht gerechtfertigt sein, sodass die Diskussion letztendlich auf einen rein dogmatischen Streit hinauslaufen wird. Der BGH musste sich der Rechtsfrage bislang noch nicht äußern. Klärung könnte aber auch der Gesetzgeber schaffen. 

Im Rahmen des Rundfunk- und Presserechts, welches durch die Landesgesetzgeber weitestgehend kodifiziert wurde, stellt sich die Problematik nämlich nicht. So finden sich in § 12 LPressG NRW oder § 57 RStV eigene Regelungen zum Datenschutz, welche die DSGVO in weiten Teilen für unanwendbar erklären, wenn es um die Datenverarbeitung zu journalistischen Zwecken geht. 


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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