Nach dem SPD-Mitgliederentscheid – Wie wird die GroKo das Arbeitsrecht verändern?

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Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Bert Howald erläutert die Pläne der Großen Koalition für das Arbeitsrecht:

1. Was ist für die nächsten vier Jahre geplant?

Die Große Koalition wird voraussichtlich kommen: Die SPD hat am 04.03.2018 das Ergebnis des Mitgliederentscheids bekannt gegeben, wonach sich eine deutliche Mehrheit der stimmberechtigten Mitglieder für eine Regierungskoalition auf Bundesebene mit der CDU/CSU ausgesprochen hat. Die SPD soll dabei nach Medienberichten (wieder) das Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit einem Ministerposten besetzen dürfen. 

Die genannten Parteien haben dazu bereits einen Koalitionsvertrag ausgehandelt (Koalitionsvertrag vom 07.02.2018 – „Ein neuer Aufbruch für Europa – Eine neue Dynamik für Deutschland – Ein neuer Zusammenhalt für unser Land“). Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Bert Howald hat sich die Regelungen im Koalitionsvertrag schon einmal angesehen:

a. Sachgrundlose Befristungen

Die Koalition will sachgrundlose Befristungen auf 18 Monate (statt bisher 24 Monate) beschränken, Verlängerungen sollen nur noch einmal (statt bisher dreimal) zulässig sein. 

Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten sollen nur noch höchstens 2,5 % der Belegschaft sachgrundlos befristen dürfen. Bei Überschreiten dieser Quote gilt jedes weitere sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnis als unbefristet zustande gekommen. Die Quote ist jeweils auf den Zeitpunkt der letzten Einstellung ohne Sachgrund zu beziehen.

b. Beschränkung für sämtliche Befristungen

Befristungen sollen – nach dem Willen der Koalitionspartner – nicht mehr möglich sein bei einer Vorbeschäftigung in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis oder einem oder mehreren befristeten Arbeitsverhältnissen von fünf Jahren oder mehr; auch eine oder mehrere vorherige Entleihung(en) des befristet eingestellten Arbeitnehmers (ein oder mehrere Verleiher) werden angerechnet. 

Ein erneutes befristetes Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber ist erst nach Ablauf einer Karenzzeit von drei Jahren möglich.

c. Recht auf befristete Teilzeit

Die Große Koalition will, so wie zuvor schon, in ähnlicher Weise das Bundesarbeitsministerium unter der designierten SPD-Bundesvorsitzenden Andrea Nahles, in Unternehmen, die in der Regel insgesamt mehr als 45 Mitarbeiter beschäftigen, ein Recht auf befristete Teilzeit einführen. 

Dabei muss der Anspruch in Unternehmen von 46 bis 200 Mitarbeitern lediglich einem pro angefangenen 15 Mitarbeitern gewährt werden. Bei der Berechnung der zumutbaren Zahlen an Freistellungen werden die ersten 45 mitgezählt. Bei Überschreitung dieser Grenze kann der Arbeitgeber einen Antrag ablehnen.

Der Arbeitgeber darf den Antrag auch ablehnen, wenn die Teilzeit ein Jahr unter – oder fünf Jahre überschreitet (dazu ist eine Tariföffnungsklausel geplant). Der Arbeitnehmer darf erst nach einem Jahr nach Ablauf der Teilzeit erneut ein Teilzeit-Verlangen stellen. Während der befristeten Teilzeit ist eine Verkürzung oder Verlängerung/vorzeitige Rückkehr zur „alten“ Arbeitszeit nicht möglich. 

d. Arbeit auf Abruf (Änderung von § 12 TzBfG)

Die Große Koalition will – so hat sie es zumindest im Koalitionsvertag angekündigt – die Regelung zur Abrufarbeit verändern. Bisher war es nach § 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes so, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren konnten, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat. Dies wurde vom Gesetz als „Arbeit auf Abruf“ definiert. Die Vereinbarung muss laut Gesetz eine „bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit“ festlegen. Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gilt laut Gesetz eine Arbeitszeit von zehn Stunden als vereinbart. Wenn die Dauer der täglichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, hat der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden in Anspruch zu nehmen. Der Arbeitnehmer ist laut Gesetz nur zur Arbeitsleistung verpflichtet, wenn der Arbeitgeber ihm die Lage seiner Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilt.

Dies soll nun geändert werden: Der Anteil abzurufender und zu vergütender Zusatzarbeit darf die vereinbarte Mindestarbeitszeit um höchstens 20 Prozent unterschreiten und 25 Prozent überschreiten. Fehlt eine Vereinbarung zur wöchentlichen Arbeitszeit, soll eine Arbeitszeit von 20 Stunden gelten. Im Krankheitsfall und an Feiertagen soll der Durchschnittsverdienst der letzten drei Monate als verpflichtende Grundlage festgeschrieben sein. 

2. Welche Auswirkungen wird dies auf den Arbeitsmarkt und Arbeitnehmer haben?

Die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und Arbeitnehmer werden unterschiedlich beurteilt. Aus Arbeitnehmerkreisen heißt es, dass die befristete Teilzeit eine wesentliche Forderung war, um mehr Flexibilität für Arbeitnehmer herstellen zu können. Insbesondere für Frauen – so der Koalitionsvertrag – sei es wichtig, nach einer Familienphase ihre beruflichen Pläne voll verwirklichen zu können. Arbeitgebervertreter wenden hiergegen ein, dass es für Firmen schwierig sein könnte, die Arbeitszeitwünsche von Arbeitnehmern in die betrieblichen Abläufe einarbeiten zu können. Die bisherige gesetzliche Regelung von § 8 (Reduzierung) und § 9 TzBfG (bevorzugte Behandlung bei Heraufsetzung) bietet für Arbeitnehmer, die bereit sind, ihre Arbeitszeit aufgrund ihrer Lebensumstände zu reduzieren, wenig Flexibilität nach einer Veränderung der Lebenssituation (Bedarf für Kinderbetreuung verändert sich, etc.). 

Die Zurückdrängung sachgrundloser Befristungen war eines der Hauptanliegen der SPD. Man wird sehen, ob dies den gewünschten Effekt hat, nämlich mehr unbefristete Stellen zu schaffen. In der Tat dürfte es durch die Regelung für Arbeitgeber schwieriger werden, Befristungen zu begründen. Es ist jedoch zweifelhaft, ob der Arbeitgeber tatsächlich keinen Sachgrund für eine Befristung hat, wenn er – wie in der Vergangenheit – eine sachgrundlose Befristung bei erstmaliger Einstellung vereinbart hat. Die Schwierigkeit bestand in der Vergangenheit oft darin, dass der Arbeitgeber das Vorliegen eines Befristungsgrunds nach § 14 Abs. 1 TzBfG nur schwer nachweisen konnte. 

Es bleibt also abzuwarten, wie sich die Regelungen auf den Arbeitsmarkt auswirken. 

Dr. Bert Howald

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht



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