Neue Handlungsspielräume nach BGH-Entscheidung zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot für Geschäftsführer

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Die Wettbewerbsfreiheit von Geschäftsführern steht vermehrt unter Druck, wie eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 23. April 2024 (II ZR 99/22) verdeutlicht. Der BGH bestätigte, dass nachvertragliche Wettbewerbsverbote wirksam vereinbart werden können und ebnete den Weg für Unternehmen, strenge Sanktionen bei Verstößen durchzusetzen, einschließlich des rückwirkenden Verfalls von Karenzentschädigungen. Diese Entscheidung erlaubt es Unternehmen, nachvertragliche Wettbewerbsverbote ohne eine zwingende Entschädigung zu gestalten und erhöht somit den Druck auf Geschäftsführer, die bei Nichteinhaltung erhebliche finanzielle Einbußen befürchten müssen. Unternehmen wird geraten, ihre Verträge entsprechend stringent zu gestalten, um ihre Interessen zu schützen, während Geschäftsführer angehalten sind, ihre Anstellungsverträge sorgfältig zu prüfen und sich rechtlich beraten zu lassen, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden. Die Entscheidung signalisiert ein verstärktes Risiko für Geschäftsführer, betont aber auch die Notwendigkeit für beide Seiten, sich der rechtlichen Implikationen bewusst zu sein und Verträge kritisch zu evaluieren. Rechtsanwälte Jens-Arne Former und Dr. Marc Laukemann, Gründungspartner von LFR Wirtschaftsanwälte München und Experten im Bereich des Wettbewerbs-, Arbeits-, sowie Handels- und Gesellschaftsrechts, betonen die Wichtigkeit, die richtige Balance zwischen den Geschäftsinteressen des Unternehmens und den Rechten der Geschäftsführer zu finden, und bieten Unterstützung bei rechtlichen Streitigkeiten im Kontext des Wechsels von Arbeitnehmern zu Wettbewerbern.

Von Rechtsanwälten Jens-Arne Former und Dr. Marc Laukemann*



Einleitung: Die Wettbewerbsfreiheit von Geschäftsführern ist ein heikles Thema. In einer aktuellen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof (BGH) den Unternehmen neue Möglichkeiten eingeräumt, aber auch Grenzen aufgezeigt. Für Geschäftsführer wird die Luft dünner: Das Risiko, mit einem Wettbewerbsverbot in Konflikt zu geraten und finanziell das Nachsehen zu haben, ist real. Was bedeutet das für die Praxis? Welche Stellschrauben können Unternehmen nutzen? Und wie können sich Geschäftsführer wehren?

Worum geht es? Der BGH hat in seinem Urteil vom 23. April 2024 (II ZR 99/22) bestätigt, dass nachvertragliche Wettbewerbsverbote für Geschäftsführer wirksam vereinbart werden können – und das auch mit harten Konsequenzen bei einem Verstoß. Im vorliegenden Fall sah der Anstellungsvertrag eines Geschäftsführers eine Karenzentschädigung von 50% des letzten Gehalts vor. Bei einem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot sollte diese Entschädigung rückwirkend entfallen. Der BGH bestätigte die Wirksamkeit dieser Klausel und ging sogar noch weiter: Auch die Rückforderung bereits gezahlter Beträge sei zulässig.


Möglichkeiten für Unternehmen:

  1. Strenge Vertragsgestaltung: Unternehmen haben die Möglichkeit, nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit umfassenden Sanktionen zu versehen. Der BGH hat klargestellt, dass die Karenzentschädigung nicht zwingend erforderlich ist. Wo sie jedoch vereinbart wird, können die Bedingungen für ihren Wegfall streng geregelt werden. Das bietet Unternehmen eine wirksame Möglichkeit, Geschäftsführer von wettbewerbswidrigem Verhalten abzuhalten.
  2. Rückwirkender Verfall: Besonders bemerkenswert ist die Zulässigkeit des rückwirkenden Verfalls der Karenzentschädigung. Ein Unternehmen kann also auch bereits geleistete Zahlungen zurückfordern, wenn sich der Geschäftsführer nicht an das Wettbewerbsverbot hält. Diese Möglichkeit verstärkt den Druck auf den Geschäftsführer erheblich.
  3. Verzicht auf Karenzentschädigung: Es steht dem Unternehmen frei, ganz auf eine Karenzentschädigung zu verzichten. Dies könnte in der Praxis zu einem vollständigen Wettbewerbsverbot führen, ohne dass der Geschäftsführer Anspruch auf Ausgleichszahlungen hat.


Handlungsoptionen für Geschäftsführer:

  1. Prüfung der Vertragsklauseln: Geschäftsführer sollten ihre Anstellungsverträge sorgfältig prüfen und gegebenenfalls nachverhandeln. Insbesondere die Klauseln zum Wettbewerbsverbot und zur Karenzentschädigung verdienen besondere Aufmerksamkeit.
  2. Rechtslage im Auge behalten: Die Entscheidung des BGH macht deutlich, dass Geschäftsführer im Falle eines Verstoßes mit erheblichen finanziellen Risiken rechnen müssen. Es ist ratsam, sich bei Unsicherheiten frühzeitig juristischen Rat einzuholen.
  3. Verhandlungsmacht nutzen: Vor der Unterzeichnung eines neuen Vertrages sollten Geschäftsführer ihre Verhandlungsmacht nutzen, um faire Bedingungen zu vereinbaren. Ein völliger Verzicht auf Karenzentschädigungen könnte in vielen Fällen zu harten finanziellen Einbußen führen.


Fazit: Das Urteil des BGH eröffnet Unternehmen neue Spielräume bei der Gestaltung von Wettbewerbsverboten für Geschäftsführer, setzt diesen aber auch deutliche Grenzen. Für Geschäftsführer erhöht sich das Risiko, bei einem Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot hart sanktioniert zu werden. Beide Seiten sollten daher ihre Vertragsgestaltung kritisch prüfen und sich der rechtlichen Implikationen bewusst sein.

Empfehlung: Für Unternehmen gilt: Nutzen Sie die Möglichkeit, Wettbewerbsverbote effektiv zu gestalten, um Ihre Geschäftsinteressen zu schützen. Für Geschäftsführer: Lassen Sie sich rechtlich beraten und sichern Sie sich vertraglich ab, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden. Die Luft wird dünner – auf beiden Seiten.



* Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz Dr. Marc Laukemann und Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Jens-Arne Former sind Gründungspartner von LFR Wirtschaftsanwälte München. Beide sind auch Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht und beschäftigen sich seit Jahren mit Streitigkeiten im Zusammenhang mit Wechsel von Arbeitnehmer zu Wettbewerbern des früheren Arbeitgebers. Der Beitrag geht auf konkrete Nachfrage aus der Praxis zurück.


Über #LFR Wirtschaftsanwälte

LFR Wirtschaftsanwälte sind Ihr Partner bei Wirtschaftskonflikten aller Art, insbesondere im Arbeit-, Wettbewerbs- und Gesellschaftsrecht. Wir verfügen seit über 20 Jahren über umfangreiche Expertise in allen typischen Formen arbeitsrechtlichen Streitigkeiten, insbesondere (außerordentlichen) Kündigungen aus und im Zusammenhang mit Unternehmensverkäufen (M&A-Dispute) von (ehemaligen) beschäftigten Gesellschaftern, Geschäftsführern, Vorständen, leitenden Angestellten, Vertriebsmitarbeitern, Betriebsräten etc. bei der Abberufung, Bestellung und Durchsetzung von Geschäftsführern, Vorständen und geschäftsführenden Gesellschaftern.

Weitere Informationen unter: Gesellschaftsrecht - LFR Wirtschaftsanwälte (lfr-law.de)

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