OLG Köln: Kochbücher dürfen mit „Rezepte für den Thermomix“ beworben werden

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Ein hoch interessantes Urteil auf dem Gebiet des Markenrechts hat kürzlich das OLG Köln gesprochen. Es geht um die Zulässigkeit der Verwendung der Wortmarke „Thermomix“ auf Kochbüchern, die nicht von der Markenrechtsinhaberin selbst in den Verkehr gebracht worden sind.

Sachverhalt

Geklagt hatte das Unternehmen Vorwerk, das Inhaber der Wortmarke „Thermomix“ und Hersteller der bekannten gleichnamigen Küchenmaschine ist. Die Klage richtete sich gegen einen Buchverlag, der diverse Kochbücher sowohl als E-Book als auch als klassisches Buch zum Kauf anbietet. Die Kochbücher, die zu verschiedenen Themengebieten angeboten werden, tragen jeweils den Aufdruck „Die besten Rezepte für den Thermomix“ auf der Titelseite. Gegen die Verwendung der Wortmarke „Thermomix“ auf der Titelseite der Kochbücher wollte sich Vorwerk nun zur Wehr setzen. 

Mandate in unserer Kanzlei

Wir selbst haben in unserer Rechtsanwaltskanzlei gleich in mehreren Fällen Mandanten in der Vergangenheit vertreten, die eine Abmahnung im Auftrag von Vorwerk erhalten hatten. Ihnen war jeweils derselbe angebliche Markenrechtsverstoß vorgeworfen worden, also das Bewerben von Kochbüchern mit dem Wort „Thermomix“. Der Konzern Vorwerk bietet selbst diverse Kochbücher (u. a. mit dem Titel „Grüße aus dem Land des Lächelns – Chinesisch kochen mit Thermomix“) und auch Koch-Zeitschriften zum Kauf an. In einer zunächst außergerichtlichen Abmahnung an den Buchverlag und sodann auch im gerichtlichen Verfahren forderte Vorwerk die Beklagte dazu auf, die Verwendung der Wortmarke „Thermomix“ für Kochbücher zukünftig zu unterlassen. Die unlizenzierte Verwendung der Wortmarke stelle nach Ansicht von Vorwerk eine Markenrechtsverletzung und eine Aufmerksamkeitsausbeutung (§ 14 II Nr. 3 MarkenG) dar. 

Hintergrund

Tatsächlich ist es so, dass gemäß § 14 II Nr. 1 MarkenG Dritten prinzipiell untersagt ist, eine fremde Marke ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr zu verwenden. Eine Marke kann als Wort-, Bild-, Wort-Bild-, Hör-, Farb-, Kollektiv- oder dreidimensionale Marke z. B. beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) angemeldet werden. Eine Marke entsteht grundsätzlich durch die Eintragung beim DPMA.

Dem Markeninhaber gewährt die Marke an sich das Recht, Dritten zu verbieten, diese für die Bewerbung von Waren oder Dienstleistungen zu nutzen. Eine Marke dient grundsätzlich mehreren Funktionen:

  • Herkunftsfunktion: Gewährleistung der Herkunft der Ware oder Dienstleistung
  • Qualitätsfunktion: Gewährleistung der Qualität der Ware oder Dienstleistung 
  • Kommunikationsfunktion
  • Investitionsfunktion
  • Werbefunktion

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes liegt die beeinträchtigende Benutzung einer Marke dann vor, wenn durch einen Dritten die entsprechende Marke markenmäßig verwendet wird und hierdurch eine Funktion der Marke (insbesondere die Herkunftsfunktion) beeinträchtigt wird.

Entscheidung des OLG Köln im Fall „Thermomix“

In der ersten Instanz vor dem Landgericht Köln scheiterte Vorwerk mit seiner Klage. Das Gericht hatte diese abgewiesen. Nunmehr musste das Oberlandesgericht (OLG) Köln über die Berufung von Vorwerk entscheiden. 

Markenidentität, § 14 II Nr. 1 MarkenG

Zunächst einmal stellte das OLG fest, dass der Buchverlag die Wortmarke „Thermomix“ nicht herkunftshinweisend als Marke verwendet habe. Der Verlag habe also gerade nicht suggeriert, dass die Kochbücher aus dem Hause Vorwerk stammen. Dies sei schon an der Formulierung „Die besten Rezepte für den Thermomix“ zu erkennen. Außerdem sei auf den Kochbüchern ebenfalls auf der Titelseite prominent der Name des Buchverlags angebracht gewesen. 

>> Dem Verbraucher ist bekannt, dass das Kochen mit der selbstwärmenden Küchenmaschine (…) besonderer Rezepte bedarf, die in Bezug auf die Mengenangaben und die Art der Verarbeitung der einzelnen Produkte auf die besonderen Funktionen der Küchenmaschine abgestimmt sind. << OLG Köln, Urteil vom 13.09.2019, 6 U 29/18, Rn. 37

Es komme auch nicht darauf an, dass die Marke „Thermomix“ sehr bekannt sei. Sie werde aufgrund der Aufmachung der Titelseite des Kochbuches nicht als Herkunftshinweis verstanden. Damit scheide eine Markenrechtsverletzung gem. § 14 II Nr. 1 MarkenG (Markenidentität) aus.

Rufausbeutung, § 14 II Nr. 3 MarkenG

Das Oberlandesgericht stellte – obwohl Vorwerk sich hierauf nicht ausdrücklich berufen hatte – fest, dass es sich bei der Marke „Vorwerk“ um eine bekannte Marke handele. Die Marke richte sich an Personen, die selbst Speisen zu Hause zubereiten, sodass von einem breiten Verkehrskreis auszugehen sei. In diesen Verkehrskreisen sei die Marke „Thermomix“ für selbstkochende Küchenmaschinen bekannt. Auch die „Mutterfirma“ Vorwerk sei international sehr bekannt. Vorwerk sei in über 70 Ländern weltweit aktiv und beschäftige rund 650.000 Menschen. Im Jahr 2016 habe die Unternehmensgruppe einen Konzernumsatz von 3 Milliarden Euro erwirtschaftet, hierzu habe der Geschäftsbereich „Thermomix“ einen wesentlichen Beitrag geleistet. Durch die konkrete Art der Verwendung des Wortes „Thermomix“ auf der Titelseite des Kochbuchs habe sich der Buchverlag die Werbe- und Kommunikationsfunktion der bekannten Marke zu Eigen gemacht und in deren Sogwirkung zur Profitierung von dem guten Ruf der Marke begeben. 

>> In Deutschland wird eine unübersehbare Flut von Kochbüchern angeboten, sodass die Bezugnahme auf eine bekannte Marke erkennbar dazu dient, sich aus der Masse hervorzuheben und interessierte Verbraucher aufmerksam zu machen. Ein Buch, das eine bekannte Marke im Titel führt, erfährt eine wesentlich höhere Aufmerksamkeit und bietet einen erheblichen Kaufanreiz. << OLG Köln, Urteil vom 13.09.2019, 6 U 29/18, Rn. 47

Durch die Verwendung der Marke „Thermomix“ habe der Buchverlag folglich unlauter gehandelt und die Unterscheidungskraft des Markenzeichens ausgenutzt. Allerdings erfolge die Nutzung der Marke nicht ohne Vorliegen eines rechtfertigenden Grundes.

Rechtfertigungsgrund: Bestimmungshinweis

Gemäß § 23 Nr. 3 MarkenG ist die Verwendung einer Marke zum Zweck der Bestimmung von Waren privilegiert. Demnach kann ein Markeninhaber die Verwendung seiner Marke Dritten nicht untersagen, wenn diese die Marke lediglich zum Hinweis auf die Bestimmung einer Ware nutzen, soweit die Benutzung dafür notwendig ist und nicht gegen die guten Sitten verstößt.

>> Die Benutzung einer Marke ist notwendig, wenn die Information über den Zweck der Ware anders nicht sinnvoll übermittelt werden kann. Die Markennutzung muss praktisch das einzige Mittel darstellen, um der Öffentlichkeit eine verständliche und vollständige Information über die Bestimmung der Ware zu liefern. << OLG Köln, Urteil vom 13.09.2019, 6 U 29/18, Rn. 50

Unter Gesamtwürdigung aller Umstände ergebe sich im vorliegenden Fall, dass die Verwendung der Marke „Thermomix“ zur Bestimmungszwecken notwendig sei. Die Kochbücher seien für jeden nutzlos, der nicht über die Küchenmaschine „Thermomix“ verfüge. Um eine unzulässige Irreführung von Verbrauchern zu vermeiden, die eben nicht Eigentümer einer solchen Küchenmaschine sind und sich das Kochbuch kaufen, weil sie denken, dass es sich um ein „normales“ Kochbuch handele, sei die Verwendung der Marke „Thermomix“ notwendig. Es entstehe zudem auch nicht der Eindruck, dass zwischen dem Buchverlag und Vorwerk eine Handelsbeziehung bestehen würde. Der Titel mache eindeutig klar, dass es in den Kochbüchern um Rezepte aus dem Kochbuchverlag für die Thermomix-Küchenmaschine handele.

Demzufolge wies auch das OLG Köln die Klage von Vorwerk ab. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.

Über unsere Fachanwaltskanzlei:

Soweit Sie ebenfalls Adressat einer markenrechtlichen Abmahnung von Vorwerk wegen der angeblich markenrechtswidrigen Verwendung der Marke „Thermomix“ sind, steht Ihnen unsere Fachanwaltskanzlei für gewerblichen Rechtsschutz gerne kompetent zur Seite. Kanzleiinhaber Jan B. Heidicker ist Fachanwalt in den Bereichen gewerblicher Rechtsschutz, IT-Recht und Urheber- und Medienrecht. Vertrauen Sie auf unsere Erfahrung und Kompetenz in den Bereichen Markenrecht, gewerbliche Schutzrechte, Urheberrecht und Medienrecht. Sie erreichen unsere Kanzlei unkompliziert per E-Mail oder Telefon. Wir beraten und vertreten Mandanten im gesamten Bundesgebiet.



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