Preiswert, aber nicht harmlos: Abmahnung von einem Abmahnverein

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Eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung kann entweder durch einen Wettbewerber ausgesprochen werden. Hier wird die Abmahnung in der Regel durch einen Rechtsanwalt ausgesprochen. Häufig sind es jedoch sogenannte Abmahnvereine, die unangenehme Post versenden.

Was ist ein Abmahnverein?

Den Begriff des Abmahnvereins gibt es eigentlich nicht. Rechtlich gesehen handelt es sich um einen rechtsfähigen Verband zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen. Denkbar ist auch eine qualifizierte Einrichtung nach § 4 Unterlassungsklagegesetz.

Diese Verbände bzw. Einrichtungen sind in der Regel eingetragene Vereine, somit ein e.V. 

Insofern hat sich für diese Vereine der Begriff „Abmahnverein“ eingebürgert.

Abmahnvereine, mit denen wir in der Beratungspraxis immer wieder zu tun haben, sind z.B. der

  • IDO – Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e.V.(mehr zum IDO siehe hier),
  • Deutscher Konsumentenbund e.V.,
  • Verbraucherschutzverein gegen unlauteren Wettbewerb e.V. (Verbraucherschutzverein guW e.V.),
  • Verein gegen Unwesen in Handel und Gewerbe Köln e.V.,
  • die deutsche Umwelthilfe (DUH),
  • die Verbraucherzentrale,
  • Verbraucherzentrale Bundesverband
  • oder die Wettbewerbszentrale (Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs e.V.).

Darf jeder Verein abmahnen?

Das UWG regelt bestimmte formelle Anforderungen, damit ein Verband bzw. Verein wettbewerbsrechtlich abmahnen darf. Es müssen dem Verein eine erhebliche Anzahl von Unternehmen angehören, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben.

Wenn in einem Verein z.B. nur Hersteller oder Händler für Textilien sind, darf dieser Verein keine Verstöße z.B. bei Sanitärartikeln abmahnen.

Des Weiteren muss der Verein eine personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung haben, um die satzungsgemäßen Aufgaben zu erfüllen. Mit anderen Worten: Es muss sowohl das qualifizierte Personal wie aber auch das Geld da sein, um Abmahnungen auszusprechen.

Verbraucherschutzvereine, wie z.B. die Verbraucherzentrale, können grundsätzlich abmahnen, wenn Verbraucherinteressen betroffen sind. Hier kommt es auf die Branche nicht an.

Abmahnvereine dürfen mehr

Im Dezember 2020 wurde das Wettbewerbsrecht durch das „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ erheblich modifiziert.

Bis dahin war es ein häufiges Problem, dass gerade Internethändler wegen kleinster Verstöße kostenpflichtig abgemahnt wurden. Dies wollte der Gesetzgeber ändern: Verstöße gegen Informationspflichten im Internet dürfen durch Wettbewerber (d.h. Unternehmen, die gleiche oder ähnliche Waren anbieten) bei einem erstmaligen Verstoß nur noch kostenfrei abgemahnt werden. Zudem darf in diesem Fall keine Unterlassungserklärung mit einer Vertragsstrafe gefordert werden.

Diese Regelung gilt jedoch nicht für Abmahnvereine. Abmahnvereine dürfen auch weiterhin Informationspflichtenverstöße im Internet abmahnen und Kosten geltend machen. Eine Rechtsfolge der Gesetzesänderung ist, so unser Eindruck, dass Abmahnvereine sich vermehrt auf Internetangebote konzentrieren.

Zudem dürfen Abmahnvereine in diesem Fall auch Abmahnkosten geltend machen.

Vorsicht Falle: Niedrige Abmahnkosten bei einer Abmahnung eines Abmahnvereins

Bei einer Abmahnung eines Wettbewerbers durch einen Rechtsanwalt werden die Abmahnkosten nach dem Streitwert berechnet unter Zugrundelegung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG).

Eine derartige Abrechnung ist Abmahnvereinen nicht erlaubt. Diese dürfen nur eine Pauschale in Höhe der tatsächlichen Kosten geltend machen, die durch die Fertigung der Abmahnung angefallen sind. Während bei einer Abmahnung eines Wettbewerbers durch einen Rechtsanwalt Kosten zwischen 600,00 – 2.000,00 Euro entstehen können, sind die Kosten bei einem Abmahnverein sehr viel niedriger. Häufig werden „nur“ Kosten zwischen 100,00 Euro – 250,00 Euro geltend gemacht.

Meine Erfahrung aus der jahrelangen Beratungspraxis von Abgemahnten zeigt, dass jemand, der abgemahnt worden ist, zuerst auf die Kosten schaut. Dies ist auch nachvollziehbar, ist dies der Schaden, der dem Abmahnten auf dem ersten Blick direkt entsteht. Dass es häufig sehr viel größere Probleme mit der Abmahnung gibt als die Kosten, kommt der juristische Laie häufig nicht mit.

Daher, so unsere Erfahrung, wird mit Blick auf die „geringen“ Kosten häufig die der Abmahnung beigefügte Unterlassungserklärung gegenüber dem Verein abgegeben und die Kosten werden gezahlt.

Problem Unterlassungserklärung

Wie bei jeder anderen Abmahnung auch, fordert jedoch auch ein Abmahnverein die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung.

Eine derartige Unterlassungserklärung ist nur dann wirksam, wenn zugunsten des Abmahners für den Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe eingeräumt wird. Eine Unterlassungserklärung sollte, egal wie hoch oder wie niedrig die Abmahnkosten sind, somit nur dann abgegeben werden, wenn diese auch sicher eingehalten werden kann. Für viele Abgemahnte ist die Sache mit Abgabe der Unterlassungserklärung und Zahlung der Kosten erledigt. Dies ist jedoch häufig nicht der Fall.

Vertragsstrafe droht und wird auch geltend gemacht

Auch wenn die Abmahnung eines Abmahnvereins eher harmlos wirkt und die Kosten gering sind, droht in derartigen Fällen eine Vertragsstrafe. Die Unterlassungserklärung ist sehr lange wirksam. Viele Abmahnvereine überprüfen abgegebene Unterlassungserklärung und machen dann eine Vertragsstrafe von mehreren 1000 Euro geltend.

Die Überprüfung der Unterlassungserklärung und die Forderung einer Vertragsstrafe ist auch nachvollziehbar: Von der geringen Abmahnpauschale wird ein Abmahnverein seine Kosten kaum decken können. Mutmaßlich sind für die Finanzierung der Tätigkeit des Vereins Einnahmen aus Vertragsstrafen Teil der notwendigen Finanzierung.

Zum Teil ist es auch mutmaßlich Teil des Geschäftsmodells, wie z.B. beim IDO Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Unternehmen e.V. oder der Deutschen Umwelthilfe (DUH).

Diese Vereine machen regelmäßig Vertragsstrafen geltend.

Bei der Abmahnung eines Abmahnvereins nicht einfach die Unterlassungserklärung abgeben!

Trotz der eher geringen Abmahnkosten sollte die Abmahnung eines Abmahnvereins sehr ernst genommen werden. Die Gefahr, dass es nach Abgabe einer Unterlassungserklärung, wie in der Abmahnung gefordert, früher oder später zu einer Vertragsstrafenforderung kommt, ist sehr hoch. Insbesondere sollte sehr sorgfältig geklärt werden, ob eine Unterlassungserklärung überhaupt langfristig eingehalten werden kann. Dies ist insbesondere bei Verstößen auf der Plattform Amazon, fehlenden Grundpreisangaben oder Verstößen gegen Informationspflichten, wie z.B. bei der Textilkennzeichnung sehr problematisch.

Es gibt Möglichkeiten, dass finanzielle Risiko zu reduzieren.

Meine Empfehlungen:

  1. Unterschreiben Sie auf keinen Fall ohne anwaltliche Beratung voreilig die vorformulierte Unterlassungserklärung.
  2. Nehmen Sie ohne Prüfung keine Zahlung vor.
  3. Lassen Sie sich zunächst anwaltlich beraten.

Zu mir und meiner Tätigkeit:

Ich berate als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz in meiner Kanzlei Internetrecht-Rostock.de tagtäglich Abgemahnte wie Sie und verfüge daher über Erfahrung aus einer Vielzahl von Abmahnverfahren.

Die Kanzlei Internetrecht-Rostock.de informiert auf ihrer gleichnamigen Internetseite seit mehr als 20 Jahren mit inzwischen fast 3.000 Beiträgen über Themen für Online-Händler und berät eine Vielzahl von Online-Händlern bei der Absicherung ihrer Auftritte.

Ich berate Sie bundesweit auch kurzfristig telefonisch. Im Rahmen meiner Beratung erörtere ich mit Ihnen die Rechtslage und die verschiedenen Handlungsalternativen mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen. Selbstverständlich erhalten Sie von mir auch konkrete Empfehlungen für das weitere Vorgehen. 

Sie haben auch eine Abmahnung eines Abmahnvereins erhalten?

Wenn Sie auch eine Abmahnung  eines Abmahnvereins erhalten haben, können Sie sich über die angegebenen Kontaktdaten unkompliziert mit mir in Verbindung setzen:

  • Rufen Sie mich einfach an.
  • Schicken Sie mir eine E-Mail.
  • Oder lassen Sie mir über die Funktion „Nachricht senden“ eine Mitteilung zukommen.

Johannes Richard
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz


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