ProReal Europa 10 GmbH - Zinsstundung für 3 Monate - Pflichtmitteilung BaFin

  • 6 Minuten Lesezeit

Nachdem sich Ende des Jahres eine "Aussetzung" der Zinszahlungen für die ProReal Deutschland 7 und 8 sowie für die ProReal Europa 9 und 10 angekündigt hatte, erreichen nun die ersten Schreiben die AnlegerInnen. Außerdem erfolgten Pflichtmitteilungen bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Lesen Sie hier, welche Gesellschaften betroffen sind und wie es weitergehen soll. 

1. ProReal Europa 10 GmbH - Zinszahlung soll "zeitversetzt" erfolgen

Im Laufe dieser Woche sollen die ersten AnlegerInnen der OneGroup GmbH Post von ihrer Anlagegesellschaft erhalten. Konkret geht es um die ProReal Europe 10 GmbH. 

Den AnlegerInnen wird mitgeteilt, dass der Projektpartner der ProReal Europe 10 GmbH (zugleich Darlehensnehmer der über die Gesellschaft eingenommenen Gelder) um eine "Zinsstundung für das vierte Quartal 2023 um grundsätzlich 3 Monate gebeten" habe. 

Dieser Bitte sei man "im Sinne der Anleger" nachgekommen. Hintergrund sei, dass man einen "substanzzehrenden Verkauf von Projekten im aktuellen Markt im Interesse unserer Anleger" vermeiden wolle. Man gehe davon aus, dass " die Zinszahlung an die Anleger:innen der Emittentin voraussichtlich zeitversetzt zufließen werden". 

2. Wie ist die rechtliche Begründung der Zinsstundung?  

Bereits als sich die Zinsstundung für die ProReal Deutschland 7 und 8 sowie für die ProReal Europe 9 und 10 ankündigte, haben wir die Frage nach der rechtlichen Begründung eines solchen Vorgehens aufgeworfen. Die Einzelheiten hierzu können Sie hier nochmals nachlesen: 

ProReal Deutschland 7, ProReal Europa 9/10 - Zinszahlungen sollen ausgesetzt werden? (anwalt.de)

Für die ProReal Europe 10 GmbH ist die Begründung der vereinbarte "Liquiditätsvorbehalt, welcher den Vortrag der Zinszahlung auf das Folgequartal vorsieht („Nachzahlungspflicht“, § 3 Ziffer 7 der Schuldverschreibungsbedingungen)". Dort heißt es wörtlich: 

"Ein Anspruch auf Zinszahlung besteht, wenn und soweit die Liquidität der Emittentin zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt der Zinszahlung zu ihrer Erfüllung ausreicht. Ist dies nicht der Fall und kann keine oder keine vollständige Zinszahlung geleistet werden, so erhöhen die nicht zu zahlenden Beträge den Zahlungsanspruch des Folgequartals entsprechend ("Nachzahlungspflicht"). Für diese nachzuzahlenden Zinsen gelten jeweils vorstehende Sätze 1 und 2 entsprechend. Bei der Nachzahlung sind die Zinszahlungsansprüche jeweils in der Reihenfolge des Entstehens der Rückstände zu bedienen, beginnend mit dem jeweils ältesten rückständigen Zinszahlungsanspruch. Nachzahlungsansprüche bestehen bis zu 10 Jahre nach Laufzeitende (§ 4)." 

Das ist die rechtliche Grundlage für die Aussetzung der Zinsen. Hierdurch verschafft sich die Gesellschaft die Möglichkeit, die Zinszahlung auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Dies ist aber nur möglich, wenn die Liquidität der eine Zinszahlung nicht zulässt. 

3. Was ist die wirtschaftliche Begründung der Zinsstundung? 

Wie bereits oben ausgeführt, hat die Darlehensnehmerin der ProReal Europe 10 GmbH um eine Stundung der Zinsen für das vierte Quartal 2023 gebeten. Dabei besteht das Geschäftsmodell der Emittentin grob gesagt darin, sich über Dritte an entsprechenden Projekten zu beteiligen (vgl. S. 48 ff. des Prospektes). Dies konnte z.B. auch in der Weise geschehen, dass Dritten Darlehen zum Zwecke des Immobilienerwerbs bzw. der Immobilienentwicklung zur Verfügung gestellt werden. 

Ein Darlehensnehmer der ProReal Europe 10 GmbH hat nun um Zinsstundung gebeten. Offensichtlich ist dieser derzeit nicht in der Lage die vertraglich vereinbarten Zinsen zu zahlen. Warum dies so sein könnte, wird nicht näher erläutert. 

Begründet wird der Schritt zur Stundung der Zinsen im Schreiben mit der Notwendigkeit einer umfassenden Portfolio-Analyse. Das ist grundsätzlich erst einmal begrüßenswert, sagt aber nichts dazu, warum der Darlehensnehmer die Zinsen nicht zahlen kann. Der Wert des bestehenden Immobilienportfolios hat erst einmal nichts mit vertraglichen Verpflichtungen zu tun. Diese bestehen unabhängig. 

Jedenfalls soll diese "umfassende Prüfung" im ersten Quartal 2024 abgeschlossen sein. Ziel soll es sein, Schwachstellen im Portfolio zu analysieren. 

"Zu den möglichen Maßnahmen zählen nicht nur die Prüfung der vorzeitigen Verwertung von Assets, sondern auch andere Optionen zur Verbesserung der Liquidität, um in der aktuellen Marktphase handlungsfähig zu bleiben. Damit verfolgen wir gemeinsam mit unserem Projektpartner das Ziel, die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Projektportfolios zu erhalten."

Weiter heißt es: 

"Zum aktuellen Zeitpunkt haben wir keine Kenntnis von Sachverhalten, die Vermögensverluste für unsere Anleger als wahrscheinlich erscheinen lassen würden."

Also alles in Ordnung? Das wird man abwarten müssen. Es wird mitgeteilt, dass weitere Informationen voraussichtlich im ersten Quartal 2024 folgen sollen. 

4. Pflichtveröffentlich für ProReal Europe 9 GmbH und ProReal Europe 10 GmbH bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)

Parallel hierzu hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) für die ProReal Europe 9 GmbH und die ProReal Europe 10 GmbH folgende Pflichtmitteilungen veröffentlicht: 

"Die Finanzaufsicht BaFin macht aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung die Veröffentlichung der ProReal Europa 9 (bzw. 10) GmbH gemäß § 11a Absatz 1 Vermögensanlagengesetz bekannt.

Grund ist, dass die ProReal Europa 9 (bzw. 10) GmbH vertragsgemäße Zinszahlungen für das vierte Quartal 2023, die am 15. Januar 2024 fällig sind, nicht fristgerecht leisten wird. Das Unternehmen begründet dies mit dem für ihre Vertragspartner herausfordernden Marktumfeld der Immobilienprojektentwicklung. Angesichts der Marktlage führen die Vertragspartner der ProReal Europa 9 (bzw. 10) GmbH eine Risikoanalyse ihrer Bauvorhaben durch, die im ersten Quartal 2024 abgeschlossen werden soll. Bis zum Abschluss dieser Analyse hat die ProReal Europa 9 (bzw. 10) GmbH mit den Vertragspartnern eine Stundung der Zinszahlungen für das vierte Quartal 2023 vereinbart.

Die inhaltliche Richtigkeit der veröffentlichten Tatsache unterliegt nicht der Prüfung durch die BaFin."

Hintergrund einer solchen Mitteilung ist die gesetzliche Verpflichtung von Emittenten nach Beendigung des Angebotes,  "jede Tatsache, die sich auf ihn oder die von ihm emittierte Vermögensanlage unmittelbar bezieht und nicht öffentlich bekannt ist, unverzüglich gemäß Absatz 3 Satz 1 zu veröffentlichen, wenn sie geeignet ist, die Fähigkeit des Emittenten zur Erfüllung seiner Verpflichtungen gegenüber dem Anleger erheblich zu beeinträchtigen."

Wie sich eine solche Verpflichtung mit der Aussage, dass man keine Kenntnis von Sachverhalten habe, die einen Vermögensverlust der AnlegerInnen als wahrscheinlich erscheinen lassen, ist mir nicht ganz klar. Hier wird man das Ergebnis der Portfolioanalyse und die weiteren Informationen abwarten müssen. 

5. Wie geht es nun weiter? 

Auf Basis dieser Pflichtmitteilungen rechne ich damit, dass die Begründungen für die Stundung der Zinsen bei der ProReal Europe 9 GmbH demnächst ebenfalls den AnlegerInnen zugehen werden und vermutlich identisch sind. 

Wie die geplante Zinsstundung für die ProReal Deutschland 7 GmbH und ProReal Deutschland 8 GmbH begründet werden, bleibt abzuwarten. 

Wie es konkret mit den Beteiligungen dann weiter geht, wird sich zeigen, wenn das Ergebnis der "umfassenden Portfolio-Analyse" aussieht und wann es welche weiteren Informationen gibt. 

AnlegerInnen sollten sich aber die Frage stellen, ob ihnen dieses Risiko der Zinsstundung neben dem eigentlichen Nachrang bekannt war und ob sie die Beteiligung auch gezeichnet hätten, wenn sie dieses gekannt hätten. Ungeachtet dessen stellt sich auch die Frage, ob ein solche Liquiditätsvorbehalt überhaupt wirksam vereinbart werden kann. Theoretisch ermöglich dieser nämlich die Zinszahlungen so lange aufzuschieben, bis die Gesellschaft über die hierfür erforderlichen Mittel verfügt. Dieser Zeitraum kann unter Umständen sehr lange dauern, theoretisch bis zum Ende der Laufzeit. Eine maximale Begrenzung des Zeitraumes, für den Stundung möglich ist, ist nicht genannt. Das könnte Einfluss auf die Wirksamkeit einer solchen Klausel und damit auf die Wirksamkeit der Schuldverschreibungsbedingungen insgesamt haben. 

Für die Formulierung des Nachranges hat der Bundesgerichtshof (BGH) klare Vorgaben gegeben. Das können Sie hier auch nochmals nachlesen: 

ProReal Deutschland 7, ProReal Europa 9/10 - Zinszahlungen sollen ausgesetzt werden? (anwalt.de)

Wenn Sie nicht abwarten wollen, bis Sie in den nächsten 3 Monaten weitere Informationen von der Gesellschaft erhalten und/oder wissen möchten, ob es noch andere Möglichkeiten gibt, dann können Sie mich gern im Rahmen einer kostenlosen Erstbewertung ansprechen. Sie können mich über das unten stehende Kontaktformular kontaktieren, Sie können mich anrufen oder Sie schreiben mir eine mail an marc.gericke@gericke-recht.de . Gern gebe ich Ihnen eine erste Einschätzung Ihrer Möglichkeiten. 

Foto(s): Bild von Valentin J-W auf Pixabay


Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Marc Gericke

Beiträge zum Thema