Prozessbetrug: Fristlose Kündigung gerechtfertigt, wenn Arbeitnehmer bei Gericht bewusst wahrheitswidrig vorträgt

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Das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 08.11.2007 - 2 AZR 528/06 – stellt wie folgt klar: „Auch ein zu Lasten des Arbeitgebers begangener versuchter Prozessbetrug ist ein Vermögensdelikt und kann einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB bilden. Ein Arbeitnehmer verletzt vertragliche Nebenpflichten, nämlich die dem Vertragspartner geschuldete Rücksichtnahme auf dessen Interessen, wenn er im Rechtsstreit um eine Kündigung bewusst wahrheitswidrig vorträgt, weil er befürchtet, mit wahrheitsgemäßen Angaben den Prozess nicht gewinnen zu können.“ Quelle: Beck-online.de

Strafrechtliche Einordnung nicht entscheidend

Bundesarbeitsgericht: „Auch ein zu Lasten des Arbeitgebers begangener versuchter Prozessbetrug ist ein Vermögensdelikt und kann einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB bilde. Ebenso können falsche Erklärungen, die in einem Prozess abgegeben werden, an sich geeignet sein, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Dabei kommt es letztlich auf die strafrechtliche Einordnung nicht entscheidend an, so dass die allerdings eher zweifelhafte Frage, ob vorliegend die Voraussetzungen eines (untauglichen) Betrugsversuchs gegeben sind, offenbleiben kann. Denn jedenfalls verletzt ein Arbeitnehmer vertragliche Nebenpflichten, nämlich die dem Vertragspartner geschuldete Rücksichtnahme auf dessen Interessen, wenn er im Rechtsstreit um eine Kündigung bewusst wahrheitswidrig vorträgt, weil er befürchtet, mit wahrheitsgemäßen Angaben den Prozess nicht gewinnen zu können.“ Quelle: Beck-online.de

Was ist passiert?

Vorwurf an den Arbeitnehmer:   313 Minuten lang Internetseiten mit überwiegend pornografischem Inhalt aufgerufen zu haben. Arbeitnehmer erklärt im Kündigungsschutzprozess: “Ich bleibe bei meinem Vorbringen, ich habe pornografische Internetseiten nicht aufgerufen. Damit meine ich, dass ich diese Seiten nicht bewusst mit meinem Rechner angewählt habe.”

Arbeitgeber kündigt wegen Prozessbetrug

BAG: „Nach Anhörung des Personalrats kündigte die Bekl. das Arbeitsverhältnis…erneut außerordentlich und fristlos mit der Begründung, der Kl. habe im Berufungstermin…die Unwahrheit gesagt und damit einen versuchten Prozessbetrug begangen.“

Arbeitnehmer meint: Aussage sei kein versuchter Prozessbetrug, weil diese der Wahrnehmung berechtigter Interessen gedient hat

BAG klarstellend: „Das LAG hat im Wesentlichen ausgeführt: Es könne zu Gunsten der Bekl. unterstellt werden, dass die vom Kl. im Berufungstermin vom… abgegebene Erklärung inhaltlich unzutreffend gewesen sei. Sie habe sich im Rahmen der Wahrnehmung berechtigter Interessen gehalten und sei jedenfalls objektiv ungeeignet gewesen, den Ausgang des Vorprozesses zu beeinflussen, weil es nach dem seinerzeitigen Urteil des LAG auf die Wahrheit oder Unwahrheit der Erklärung gar nicht angekommen sei.“ Quelle: Beck-online.de

Vorsätzlicher Verstoß gegen die prozessuale Wahrheitspflicht

BAG: „Ebenso dürfte im vorliegenden Fall kaum von “Wahrnehmung berechtigter Interessen” gesprochen werden können. Immerhin handelt es sich bei dem Kündigungsvorwurf um einen vorsätzlichen Verstoß gegen die prozessuale Wahrheitspflicht.“ Quelle: Beck-online.de

Ungeachtet dessen gewinnt der Arbeitnehmer aus formalen Gründen den Prozess, wegen „Rechtskraft des Urteils im vorausgegangenen Kündigungsschutzprozess“.

Arbeitsrecht für Arbeitgeber: Rechtstipp: 

„Ist in einem Kündigungsrechtsstreit entschieden, dass das Arbeitsverhältnis durch eine bestimmte Kündigung nicht aufgelöst worden ist, so kann der Arbeitgeber eine erneute Kündigung nicht auf Kündigungsgründe stützen, die er schon zur Begründung der ersten Kündigung vorgebracht hat und die in dem ersten Kündigungsschutzprozess materiell geprüft worden sind mit dem Ergebnis, dass sie die Kündigung nicht rechtfertigen können.“ – so BAG, a.a.O; Quelle: Beck-online.de

Rechtsanwalt Helmut Naujoks ist seit 25 Jahren ausschließlich als Anwalt für Arbeitgeber im Arbeitsrecht tätig. Haben Sie Fragen in Bezug auf die Kündigung von Mitarbeitern/innen? Rufen Sie noch heute Rechtsanwalt Helmut Naujoks an, Spezialist als Anwalt für Arbeitgeber im Arbeitsrecht. In einer kostenlosen und unverbindlichen telefonischen Ersteinschätzung beantwortet Rechtsanwalt Helmut Naujoks Ihre Fragen zum Kündigungsschutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie zu den Rechten und Pflichten des Betriebsrats gemäß Betriebsverfassungsgesetz.


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