Qualifikation zum schweren Raub wegen Fesselungs- und Knebelgegenständen

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Das hier thematisierte Urteil vom 04.08.2016 (Az. 4 StR 195/16) des Bundesgerichtshofs befasst sich mit der Frage, ob Fesselungs- und Knebelungsgegenstände als ein Werkzeug oder Mittel im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB anzusehen sind.

Das Tatgeschehen handelt um eine Plünderung eines Juweliergeschäfts. Der Angeklagte und drei weitere Mittäter begaben sich am Tatabend zum Hinterausgang des Geschäftes, um dort auf den Angestellten zu warten, der das Geschäft stets zur selben Uhrzeit durch eben diesen Hinterausgang verließ. Sie überrumpelten den Angestellten und drängten ihn zurück in Räumlichkeiten des Geschäfts. Dabei zögerten die Täter nicht, auf ihn einzuschlagen und einzutreten. Schließlich forderte einer der Täter, dem gemeinsamen Tatplan entsprechend, die Herausgabe des Tresorschlüssels von dem Angestellten. Dieser war durch die vorangegangenen Schläge und Tritte eingeschüchtert und übergab den Schlüssel ohne Widerstand.

Nachdem wurde der Angestellte durch einen der Täter in eins der Toilettenräume gedrängt. Dort wurde ihm mit einem mitgebrachten Klebeband der Mund zugeklebt und die Hände hinter dem Rücken gefesselt. Letztendlich entwendeten die Täter in arbeitsteiligem Handeln aus dem Tresor und der umstehenden Vitrinen Uhren, Schmuck und Bargeld in einem Gesamtwert von ca. 30.000€.

Zunächst lässt sich festhalten, dass ein qualifizierter Raub gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB vorliegt, wenn der Täter ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden. Dabei kommen nach der gängigen Rechtsprechung als Mittel auch Fesselungs- und Knebelungswerkzeug in Betracht, wenn sie einem der aufgeführten Zwecke dienen sollen.

Im vorliegenden Fall wurde der Angestellte noch vor der Wegnahme der Uhren, des Bargeldes und der übrigen Wertgegenstände mit dem mitgebrachten Klebeband gefesselt und ihm der Mund verklebt. Damit sollte nicht nur ein möglicher Notruf oder eine Fluchtergreifung verhindert werden, sondern auch jegliche andere Art des Widerstandes. Folgerichtig wäre die notwendige Zweckvoraussetzung hier erfüllt.

Zwar lässt der Sachverhalt darüber hinaus nicht erkennen, ob die Mitnahme des Klebebands und dessen Einsatz der von vornherein getroffenen Tatabrede entsprachen oder ob dies während der Tatausführung – sei es auch nur stillschweigend – abgesprochen wurde.

Für die Annahme des Qualifikationsmerkmals des § 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB genügt es allerdings, wenn ein Beisichführen und eine Verwendungsabsicht zu irgendeinem Zeitpunkt vom Ansetzen zur Tat bis zu deren Beendigung gegeben sind.

Im Ergebnis wäre hier eine Strafbarkeit somit wegen schweren Raubes gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB gegeben.

Es lässt sich daher zusammenfassend sagen, dass ein Gegenstand als Mittel im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB in Betracht, wenn deren geplante Verwendung eins der nach dem Gesetzeswortlaut angeführten Zwecke erfüllt. Darüber hinaus reicht es aus, wenn ein Beisichführen und eine Verwendungsabsicht zu irgendeinem Zeitpunkt vom Ansetzen zur Tat bis zu deren Beendigung gegeben sind.


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