RBB muss „Ruhegeld“ weiterzahlen: Was Arbeitnehmer daraus lernen können

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Ein aktuelles Urteil des Arbeitsgerichts Berlin sorgt für Aufsehen: Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) muss seiner ehemaligen Programmdirektorin Claudia Nothelle weiterhin das vertraglich zugesicherte „Ruhegeld“ zahlen – und das in Höhe von stolzen 8.437 Euro im Monat. Was steckt dahinter? Und welche wichtigen Erkenntnisse können Arbeitnehmer aus diesem Fall ziehen?

Worum ging es im Fall Nothelle?

Claudia Nothelle war von 2009 bis Ende 2016 Programmdirektorin beim RBB. Mit ihrem Direktorenvertrag hatte sie damals unter anderem Anspruch auf ein sogenanntes „Ruhegeld“ vereinbart. Dieses Ruhegeld sollte ihr ab Ende des Vertrags und bis zu ihrem Renteneintritt gezahlt werden – unabhängig davon, ob sie später wieder berufstätig ist.

Nach Bekanntwerden von Missmanagement- und Vetternwirtschaftsvorwürfen rund um die frühere Intendantin Patricia Schlesinger wollte der RBB jedoch aufräumen und stellte die Zahlungen an Nothelle Ende 2023 ein. Zudem verlangte der Sender von Nothelle sogar Rückzahlungen in Höhe von rund 400.000 Euro.

Claudia Nothelle wehrte sich gerichtlich – mit Erfolg: Das Arbeitsgericht Berlin stellte klar, dass der RBB an den Vertrag gebunden ist. Das Ruhegeld muss weiter und rückwirkend gezahlt werden.

Was bedeutet das für Arbeitnehmer?

Der Fall enthält wichtige Lehren, die alle Arbeitnehmer kennen sollten – auch wenn sie keine Führungskräfte sind:

1. Verträge sind bindend – auch für Arbeitgeber!

Das Urteil zeigt eindrücklich: Arbeitgeber können sich nicht einfach einseitig von vertraglichen Zusagen lösen – selbst dann nicht, wenn sich später die Unternehmensführung oder die politische Stimmung ändert.
Haben Sie als Arbeitnehmer einmal vertraglich bestimmte Ansprüche vereinbart (z. B. Sonderzahlungen, Abfindungen, Ruhegelder, Altersvorsorgeleistungen), bleiben diese grundsätzlich verbindlich.

Tipp:
Sichern Sie wichtige Vereinbarungen immer schriftlich ab und bewahren Sie Ihre Verträge gut auf!

2. Ruhegeld- oder Übergangsregelungen können wirksam vereinbart werden

Viele Arbeitnehmer glauben, dass Zusatzleistungen wie Ruhegeld oder Übergangsbezüge schnell angreifbar oder unwirksam sein könnten. Das Gegenteil ist der Fall: Solche Vereinbarungen sind rechtlich möglich und wirksam, solange sie nicht sittenwidrig oder extrem einseitig sind.

Tipp:
Wenn Ihnen ein Arbeitgeber Sonderregelungen (z. B. Ruhegeld, Übergangsgeld, private Altersversorgung) anbietet, lassen Sie diese vertraglich genau regeln und gegebenenfalls von einem Rechtsanwalt prüfen.

3. Nebentätigkeiten beeinflussen Sonderzahlungen nur, wenn es ausdrücklich geregelt ist

Obwohl Claudia Nothelle inzwischen als Professorin tätig ist und Einkommen erzielt, darf der RBB ihr Ruhegeld nicht kürzen oder streichen. Denn im Vertrag gab es keine Regelung, dass Nebeneinkünfte auf das Ruhegeld angerechnet werden.

Tipp:
Achten Sie bei Vereinbarungen über Sonderzahlungen oder Ruhegeld darauf, ob der Arbeitgeber sich vorbehalten möchte, später andere Einkünfte anzurechnen. Fehlt eine solche Klausel, bleibt Ihre Sonderzahlung sicher!

4. Rückforderungsansprüche von Arbeitgebern haben hohe Hürden

Arbeitgeber können geleistete Zahlungen nicht einfach zurückfordern. Rückforderungen sind im deutschen Arbeitsrecht nur unter engen Voraussetzungen möglich – etwa, wenn Zahlungen ohne Rechtsgrund erfolgt sind oder bei arglistiger Täuschung.
Im Fall Nothelle sah das Gericht keinen Anlass, gezahltes Ruhegeld zurückzufordern.

Tipp:
Wenn Ihr Arbeitgeber Zahlungen von Ihnen zurückfordert, lassen Sie diese Forderung unbedingt rechtlich prüfen. Häufig bestehen gute Verteidigungsmöglichkeiten.


Fazit: Arbeitnehmer können auf vertragliche Zusagen vertrauen

Das Urteil zugunsten von Claudia Nothelle zeigt: Arbeitnehmer haben gute Karten, wenn sie sich auf klare vertragliche Vereinbarungen stützen können. Arbeitgeber können sich nicht einfach aus der Verantwortung stehlen, auch wenn sich die Umstände ändern.

Für Arbeitnehmer bedeutet das:

  • Sichern Sie sich vertragliche Vereinbarungen gut ab.

  • Achten Sie auf klare Formulierungen – insbesondere bei Sonderleistungen.

  • Scheuen Sie sich nicht, Ansprüche auch gerichtlich durchzusetzen, wenn Arbeitgeber versuchen, vertragliche Pflichten zu umgehen.

Rechtsanwalt & Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. jur. Jens Usebach LL.M. von der kanzlei JURA.CC bearbeitet im Schwerpunkt das Kündigungsschutzrecht im Arbeitsrecht. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht vertritt Mandanten außergerichtlich bei Aufhebungsverträgen und Abwicklungsverträgen bei der Kündigung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber. Soweit erforderlich erfolgt eine gerichtliche Vertretung bei der Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht mit dem Ziel für den Arbeitnehmer eine angemessene und möglichst hohe Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes, ein sehr gutes Arbeitszeugnis für zukünftige Bewerbungen oder auch die Rücknahme der Kündigung und die Weiterbeschäftigung zu erzielen.

Mehr Informationen unter www.JURA.CC oder per Telefon: 0221-95814321

Foto(s): kanzlei JURA.CC

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