Rechtswidriger Waffengebrauch von Soldaten – Strafe, wenn der Vorgesetzte die Waffe auf den Wehrpflichtigen richtet?

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Vermehrt gab es in der Vergangenheit Straf- sowie Disziplinarverfahren, in denen ein Vorgesetzter bzw. höher gestellter Soldat in einer Auseinandersetzung unrechtmäßigerweise seine Waffe auf einen anderen Soldaten gerichtet und ihn damit bedrohte. Gerade von Berufswaffenträgern wie Soldaten muss man hier erwarten können, dass dieser besonders besonnen mit der ihm anvertrauten Waffe umgeht und diese nicht in der nächsten hitzigen Situation zur Einschüchterung zieht und so das in ihn gesetzte Vertrauen missbraucht. Im Gegenteil wird jedoch immer wieder die Neigung von Soldaten zu missbräuchlichem Umgang mit Waffen und Munition beobachtet. Doch was erwartet einen Soldaten beim Vorwurf rechtswidriger Waffengebrauch?


Wie hoch ist die Strafe für unrechtmäßigen Waffengebrauch eines Soldaten?

Für Soldaten gilt aufgrund des besonderen Anstellungsverhältnisses ein besonderes Strafrecht als strafrechtliches Nebengesetz: das Wehrstrafgesetz (WStG). Daneben gilt für die Soldaten auch weiterhin das allgemeine Strafrecht nach dem Strafgesetzbuch (StGB). Die Strafbarkeit wegen rechtswidrigen Waffengebrauchs von Soldaten richtet sich nach § 46 WStG (Wehrstrafgesetz) und wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.

Den Soldaten der Bundeswehr sind Waffen grundsätzlich nur im Rahmen und zur Ausführung ihres Verfassungsauftrags anvertraut. Der Zweck der Strafdrohung des § 46 WStG ist die Sicherung des Gebrauchs der Waffe nur zu dienstlichen Zwecken. Damit soll die Aufrechterhaltung von Disziplin und Ordnung innerhalb der Streitkräfte gewährleistet werden und zugleich ein Betrag zur Stabilität der inneren Sicherheit leisten.

Die Vorschrift des § 46 WStG ist jedoch dann nicht anzuwenden, wenn andere Straftaten durch das in Frage stehende Verhalten des Soldaten ebenfalls verwirklicht sind, die schwerere Strafen androhen als der § 46 WStG. Dies sind beispielsweise 


Was ist eine Waffe im Sinne des strafbaren unrechtmäßigen Waffengebrauchs von Soldaten der Bundeswehr?

Der Waffenbegriff im Sinne dieser Vorschrift ist nicht mit dem des allgemeinen Strafrechts, sprich den Straftatbeständen des StGB, identisch. So wird beispielsweise bei der gefährlichen Körperverletzung mittels einer Waffe oder dem Beisichführen einer Waffe bei einem Diebstahl bzw. einem Raub diese mit jedem gefährlichen Werkzeug gleichgesetzt. Das sind beispielsweise Schusswaffen, Hieb- und Stoßwaffen sowie (geladene) Gaspistolen. 

Anders verhält es sich nach § 46 WStG, wonach die Waffe in ihrer ausschließlich technischen Funktion als militärische Dienstwaffe erfasst wird. 

Demnach ist Waffe jedes Mittel, welches bestimmungsgemäß Soldaten zum Angriff oder zur Verteidigung dient und geeignet ist, bei bestimmungsgemäßer Verwendung durch äußere Einwirkung Menschen körperlich zu verletzen (oder zu töten) oder Sachen zu beschädigen (oder zu zerstören). Danach sind Waffen die dienstlich zugelassenen Hieb- und Schusswaffen, Reizstoffe und Explosivmittel. Waffen, die für den Dienstbetrieb der Bundeswehr nicht ausdrücklich zugelassen sind, fallen nicht unter die Straftat des rechtswidrigen Waffengebrauchs. Dazu gehören vor allem Waffen, deren Einsatz schon völkerrechtlich verboten ist. Taugliche Waffen nach dem § 46 WStG sind demnach insbesondere:

  • Gewehre,
  • Pistolen,
  • Maschinenpistolen,
  • Schlagstock,
  • Tränengas,
  • Hand- oder Blendgranaten (auch, wenn es sich um Ausbildungswaffen handelt). 

Die Signalpistole ist dagegen keine Waffe.


Wodurch macht man sich wegen rechtswidrigem Waffengebrauch als Soldat strafbar?

Gebrauchmachen ist jede Verwendung der Waffe gegenüber Personen oder Sachen. Ob ihre Verwendung bestimmungsgemäß ist, also durch Schießen mit dem Gewehr oder der Pistole, oder bestimmungswidrig, Schlagen mit dem Gewehr oder der Maschinenpistole, spielt hierbei keine Rolle. Droht man mit der Waffe, so ist das für sich gesehen noch kein Gebrauch machen der Waffe. Anders verhält es sich bei der Begehung einer Nötigung, denn hierbei handelt es sich um den rechtswidrigen Gebrauch der Waffe.

Der Waffengebrauch ist dann als rechtswidrig einzuordnen, wenn er nicht durch den Verfassungsauftrag der Streitkräfte, Gesetze, Dienstvorschriften und Befehle sowie Rechtfertigungsgründe gerechtfertigt ist (z.B. Stellung des Befehlshabers als besonders gefährdete Person nach §§ 6 Abs. 2, 52 Abs. 2 WaffG sowie Notwehr und Notstand gemäß §§ 32, 34 StGB). Insbesondere ist der Waffengebrauch oder seine Androhung als Mittel zur Durchsetzung von Befehlen unzulässig


Nur vorsätzlicher Rechtswidriger Waffengebrauch ist strafbar

Die Tat kann nur vorsätzlich begangen werden, wobei bedingter Vorsatz genügt. Das bedeutet, dass der Täter wissen muss, dass der Gebrauch der Waffe in der konkreten Situation rechtwidrig ist. Auch fahrlässiger rechtswidriger Waffengebrauch eines Bundeswehrsoldaten bleibt nicht unbedingt folgenlos. Dabei handelt es sich nämlich dennoch um ein Dienstvergehen, sodass gegebenenfalls ein Disziplinarverfahren und Disziplinarmaßnahmen drohen.


Rechtsprechung zur Strafbarkeit wegen rechtswidrigen Waffengebrauchs eines Bundeswehrsoldaten

Mit Urteil vom 18.03.1997 hat das Bundesverwaltungsgericht (2 WD 29/95) die Maßnahmenbemessung des vorschriftswidrigen Gebrauchs einer Schusswaffe durch einen Vorgesetzten gegenüber einem Wehrpflichtigen entschieden. Hintergrund war, dass der frühere Soldat wiederholt Wehrpflichtige, die ihm unterstellt waren, entwürdigend behandelte. Unter anderem griff er durch unzulässige Befehlserteilung in das Recht eines der Betroffenen auf körperliche Unversehrtheit ein und richtete aus etwa 30 bis 50 cm Entfernung seine zwar gesicherte, aber fertiggeladene Pistole P 1 mit der Mündung auf den Kopf des Betroffenen. Die Truppendienstkammer sah von einer Strafbarkeit nach § 16 Abs. 1 StGB wegen eines Tatbestandsirrtums ab. So irrte der Soldat über die Rechtswidrigkeit des Einsatzes einer ungeladenen Pistole. Allerdings wurden gegen den Soldaten stattdessen die Disziplinarmaßnahme in Form der Herabsetzung in den Dienstgrad eines Jägers der Reserve ergriffen.


Vorladung, Durchsuchung, Anklage, Disziplinarverfahren Vorwurf rechtswidriger Waffengebrauch als Soldat – was tun?

Sollten Sie als Soldat der Bundeswehr mit dem Vorwurf rechtswidriger Waffengebrauch konfrontiert sein, so empfiehlt es sich, zunächst Ruhe zu bewahren, zum Tatvorwurf zu schweigen und sich so schnell wie möglich an einen auf das Soldatenstrafrecht spezialisierten Anwalt für Strafrecht zu wenden. Dieser kann Ihnen sagen, was nun auf Sie zukommt und nach Analyse der Ermittlungsakte eine für Ihren Fall passende Verteidigungsstrategie erarbeiten.

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