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Reform des Verbraucherinsolvenzverfahrens ist beschlossen

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Am 22. August hat das Bundeskabinett einen von der Bundesjustizministerin Brigitte Zypries vorgelegten Gesetzesentwurf beschlossen, mit dem das Verbraucherinsolvenzverfahren reformiert wird. Durch das neu geschaffene Entschuldungsverfahren soll ein Bürokratieabbau geschaffen und eine Reduzierung der Verfahrenskosten erzielt werden. Weiterhin sollen sich auch mittellose Schuldner zukünftig mit einem Beitrag an den Verfahrenskosten beteiligen.

Für den redlichen Schuldner besteht seit dem Jahre 1999 die Möglichkeit, innerhalb von sechs Jahren schuldenfrei zu werden, soweit er im Rahmen eines Insolvenzverfahrens versucht, seinen Gläubigern ein bestmöglicher Befriedigung zu ermöglichen. Diese Möglichkeit bleibt auch im reformierten Insolvenzverfahren erhalten. Die ursprünglich von der Bundesregierung angedachte Verlängerung der Verfahrensdauer auf insgesamt acht Jahren ist nach harscher Kritik nicht in den Gesetzesentwurf aufgenommen wurden. Ebenso wenig hat die diskutierte Aufhebung des Pfändungsschutzes Eingang in den Gesetzesentwurf gefunden.

Die wesentliche Änderung besteht in einer Abschaffung des bisher vorgesehenen Verwertungs- und Feststellungsverfahrens in den masselosen Insolvenzverfahren. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass in diesen Verfahren durch die obligatorische Abhaltung von Prüfungs- und Verteilungsterminen Kosten entstehen, die vor dem Hintergrund des sich abzeichnenden Totalausfalls der anzumeldenden und zu prüfenden Forderung nicht gerechtfertigt sind. Nach Angaben des Gesetzgebers sind rund 80% der Verbraucherinsolvenzverfahren masselos. Dies bedeutet, dass das Vermögen des Schuldners nicht ausreicht, um die Verfahrenskosten zu decken. Die Gläubiger des Schuldners können in diesem Verfahren mit gar keiner Befriedigung rechnen.

Durch die Abschaffung der Prüfungs- und Verteilungstermine sollen die Verfahrenskosten von heute circa 2300 € auf rund 750 € je Verfahren bei Verbrauchern und von ca. 3900 € auf rund 1470 € bei gescheiterten Unternehmern reduziert werden. Auf diese Weise soll eine Kosteneinsparung bei den Ländern in Höhe von rund 150 Millionen € pro Jahr erzielt werden. 

Neben den Änderungen im eröffneten Insolvenzverfahren bringt die Gesetzesreform auch einer Vereinfachung des Antragsverfahrens. Bei Beantragung des Insolvenzverfahrens muss der Schuldner wie bisher eine Bescheinigung einer geeigneten Person oder Stelle vorzulegen, aus der sich ergibt, dass eine Einigung mit den Gläubigern entweder ergebnislos versucht wurde oder eine solche offensichtlich aussichtslos war. Ist eine Einigung offensichtlich aussichtslos, muss der bisher obligatorische außergerichtliche Einigungsversuch auf der Grundlage eines Plans nicht mehr durchgeführt werden. Nach der neugefassten Vorschrift des § 305 Insolvenzordnung gilt ein Einigungsversuch als offensichtlich aussichtslos, wenn die Gläubiger nach freier Schätzung des Gerichts im Rahmen einer Schuldenbereinigung nicht mehr als 5% ihrer Forderungen erhalten hätten. Ein weiterer Fall der Aussichtslosigkeit einer außergerichtlichen Einigung liegt bei einer nicht mehr überschaubaren Gläubigeranzahl vor. Daher wird bei mehr als 20 Gläubigern angenommen, dass wegen der Vielzahl der Gläubiger die Chancen für eine außergerichtliche Einigung in keinem Verhältnis zu dem dafür erforderlichen Aufwand stehen und daher in diesen Fällen kaum mit dem Zustandekommen einer außergerichtlichen Einigung zu rechnen ist. Geeignete Person oder Stelle sind neben den Schuldnerberatungsstellen weiterhin Rechtsanwälte, Notare und Steuerberater.

Mit dem Scheitern oder der offensichtlichen Aussichtslosigkeit des außergerichtlichen Einigungsversuchs liegen die Voraussetzungen vor, um das Insolvenzverfahren zu beantragen. Hierbei ist weiterhin der amtliche Vordruck zu verwenden. Das Gericht prüft anhand der Angaben des Schuldners, ob das Vermögen ausreicht, um die Verfahrenskosten zu decken. Reicht das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht aus, um die Verfahrenskosten zu decken, bestellt das Gericht einen vorläufigen Treuhändern, mit dem der Schuldner weitere amtliche Formulare für das Entscheidungsverfahren ausfüllen muss. Die Angaben des Schuldners sind auch gegenüber dem vorläufigen Treuhänder an Eides statt auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit zu versichern. Steht danach fest, dass das Vermögen des Schuldners nicht ausreicht, um die Verfahrenskosten zu decken, wird der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels einer die Verfahrenskosten deckenden Masse abgelehnt. Der Beschluss über die Abweisung des Insolvenzverfahrens mangels Masse wird öffentlich bekannt gemacht, zugleich werden die Gläubiger aufgefordert, die Versagung der Restschuldbefreiung zu beantragen, sofern ein Versagungsgrund vorliegt. 

Eine Versagung der Restschuldbefreiung käme in Betracht, wenn der Schuldner wegen einer Insolvenzstraftat rechtskräftig verurteilt wurde oder ihm in den letzten 10 Jahren bereits einmal Restschuldbefreiung erteilt wurde. Liegt kein Versagungsgrund vor, so kündigt das Gericht die sechsjährige Wohlverhaltensperiode an. Dies erfolgte nach bisherigem Recht erst nach Abschluss des Feststellungs- und Verwertungsverfahrens.

Sollte der Schuldner während der sechsjährigen Wohlverhaltensphase zu neuem, unvorhergesehenen Vermögen (z.B. durch eine Erbschaft) gelangen, fordert das Gericht die Gläubiger öffentlich auf, ihre Forderungen beim Treuhänder anzumelden. Die Forderungen werden dann nach den bisherigen Regeln in einem Prüfungstermin geprüft. 

Die Forderungsprüfung in masselosen Insolvenzverfahren wird damit von der Regel zur Ausnahme.

Zur Entlastung der Landeskassen wird die bisher für vermögenslose Schuldner bestehende Möglichkeit der Verfahrenskostenstundung abgeschafft. Zukünftig wird es kein Insolvenzverfahren mehr zum Nulltarif geben. Der Schuldner wird unabhängig von seiner Leistungsfähigkeit an den Kosten des Insolvenzverfahrens beteiligt. Vorgesehen ist ein Kostenbeitrag von 25 € zu Beginn des Verfahrens und laufende Zahlungen in Höhe von 13 € pro Monat während der Wohlverhaltensperiode.  

Die Änderungen werden in sechs Monaten in Kraft treten.

Rechtsanwalt Max Postulka 

Bergheim (Rhein-Erft-Kreis/Köln), 22.08.2007

www.rechtsanwalt-postulka.de


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