Schadenersatz bei Verbreitung von privaten Nacktbildern, Sextapes und Rachevideos im Internet

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Das Landgericht Düsseldorf bestätigt 120.000,00 Euro Geldentschädigung wegen unberechtigter Veröffentlichung von Nacktvideos auf Pornoseiten


Wenn Sie in den USA leben und über amerikanische Internetseiten unberechtigt Nacktvideos von Ihnen veröffentlicht wurden, habe ich gute Nachrichten für Sie! Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist in solchen Fällen ein Ersatzanspruch in Geld von unvorstellbarem Ausmaß möglich.


So konnte beispielsweise der bekannte US-Wrestler Hulk Hogan im Jahre 2016 vor einem Zivilgericht in Florida satte 140 Millionen US-Dollar gegen die Internetplattform Gawker für die Veröffentlichung von Auszügen eines 3o-mütigen Sextapes einstreichen, auf dem er beim Beischlaf mit der Freundin seines besten Freundes abgelichtet war. Die Internetplattform Gawker hatte 2012 eine gekürzte Version des Videos über Monate veröffentlicht und damit mehrere Millionen Internetnutzer erreicht. Hogan behauptete von der Herstellung des Videos nichts gewusst zu haben.


Noch „müde“ 55 Millionen US-Dollar wurden dagegen einer amerikanischen Sportreporterin im selben Jahr von einem Gericht in Tennessee gegen einen Stalker und ein Hotel zuerkannt. Der Stalker hatte vom Hotel die Zimmernummer der bekannten Reporterin erhalten und vom Nachbarzimmer aus heimlich ein Video hergestellt, das die Reporterin nackt in ihrem Hotelzimmer zeigt. Das Video wurde über das Internet verbreitet. Die Reporterin machte geltend durch den Vorfall bis heute traumatisiert zu sein.


In Deutschland fielen selbst bei solch schwerwiegenden Persönlichkeitsverletzungen durch Veröffentlichungen von Nacktbildern Ansprüche auf Geldentschädigung jedenfalls bisher deutlich geringer aus. Die Praxis der in Deutschland zuständigen Gerichte darf dabei durchaus kritisch bewertet werden, denn immerhin geht es in diesen Fällen um die ungewollte Öffentlichmachung intimster Vorgänge. Nicht umsonst wird die Intimsphäre von unserem Grundgesetz absolut geschützt.


Diesem hohen Stellenwert wurde die Rechtsprechung in Deutschland bisher allerdings nicht einmal im Ansatz gerecht. Dabei geht es nicht um die Etablierung "amerikanischer Verhältnisse", sondern nur um eine angemessene Kompensation schwerster Verletzungen, die Betroffene einer Veröffentlichung von Nacktbildern regelmäßig ausgesetzt sind.


In der jüngeren Vergangenheit hat beispielsweise das Landgericht Düsseldorf noch auf 5.000,00 EUR wegen der Veröffentlichung eines bei einer Kunstperformance hergestellten Nacktfotos in einem wenige Monate später herausgegebenen Programmheft erkannt (LG Düsseldorf Urt. v. 16.11.2011, 12 O 438/11); das LG Kiel hatte wegen der Veröffentlichung von drei Nacktfotos, die die Geschädigte unter Angabe ihres Namens und Ihrer Anschrift zum Teil vollständig nackt im Internet zeigten, immerhin schon einen Betrag in Höhe von 25.000,00 EUR anerkannt (LG Kiel Urt. v. 27.04.2006, Az. 4 O 251/05); das LG Berlin gewährte 15.000,00 EUR für die Veröffentlichung eines Privatpornos im Internet (LG Berlin Urt. v. 07.10.2014, Az. 27 O 166/14); das AG Neukölln gab nur 3.000,00 EUR für die Versendung eines Fotos und eines kurzen Sexvideos über einen Messenger-Dienst an eine Verwandte der betroffenen Person nach dem Ende der Liebesbeziehung (AG Neukölln, Urt. v. 25.03.2021, Az. 8 C 212/20); das OLG Hamm gewährte lediglich 7.000,00 EUR für ein Foto einer 16-Jährigen, das diese beim Oralverkehr zeigte (OLG Hamm, Urt. v. 20.02.2017, Az.: 3 U 138/15 ).



Nur eine bekannte Schriftstellerin hatte für die Veröffentlichung eines Nacktfotos bisher eine deutlich höhere Geldentschädigung erstritten. Knapp 77.000,00 EUR waren es im Jahre 2001, die das Hamburger Landgericht der Schriftstellerin zuerkannte. Von dieser waren Nacktfotos mit ihren Kindern und ihrem Lebensgefährten an einem entlegenen Strand in einer Zeitschrift abgedruckt worden. Die Bilder waren heimlich aufgenommen worden. Eines der Nacktbilder war dabei auf der Titelseite der Zeitschrift abgedruckt worden (LG Hamburg, Urt. vom 20.07.2001, Az. 324 O 68/01). Nicht einmal Dieter Bohlen gelang es mit der Schriftstellerin zumindest gleichzuziehen. Im Jahre 2009 gewährte das Landgericht Hamburg wegen der Veröffentlichung von zwei Bildern des unbekleideten Poptitanen am Strand nur noch magere 40.000,00 EUR (LG Hamburg, Urt. v. 29.05.2009, Az. 324 O 951/08).


Nun scheint sich allerdings ein Paradigmenwechsel in der deutschen Rechtsprechung abzuzeichnen. Das Landgericht Düsseldorf hat am 14.06.2023, Az. 12 O 55/22 einer Klägerin wegen der widerrechtlichen Veröffentlichung von insgesamt 15 selbst hergestellten Nacktvideos unter Angabe ihres Namens auf drei verschiedenen Pornoseiten im Internet auf einen Rekordbetrag von 120.000,00 EUR erkannt. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.


Wir begrüßen, dass das Landgericht Düsseldorf in diesem Verfahren unserer Rechtsauffassung weitgehend gefolgt ist. Ein wichtiger und richtiger Schritt Opfern von schweren Persönlichkeitsrechtsverletzungen auch in Deutschland einen angemessenen Ausgleich für erlittenes Leid zuzugestehen. Wir werden weiter für die Durchsetzung von angemessenen Geldentschädigungen vor deutschen Gerichten für Sie kämpfen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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