Sind auch die Änderungen eines Grundstückskaufvertrags nach der Auflassung formbedürftig?

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Grundstückskaufverträge unterliegen dem Formzwang des § 311b Abs. 1 S.1 BGB und bedürfen der notariellen Beurkundung. Während Verkäufer und Käufer beim Notar sitzen, erklären sie die Auflassung (darunter versteht man die dingliche Einigung über den Verkauf) des Grundstücks und der Käufer beantragt die Eintragung des Eigentumswechsels in das Grundbuch. Im Notartermin weist der Verkäufer den beurkundenden Notar in der Regel an, die beglaubigte Ausfertigung der Urkunde mit der enthaltenden Auslassungserklärung erst dann zu erteilen, wenn ihm die Zahlung des geschuldeten Kaufpreises nachgewiesen worden ist.

Was ist mit Vereinbarungen nach dem Notartermin z. B. einer Minderung des Kaufpreises?

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH unterliegen alle Vereinbarungen, die nach dem Willen der Parteien zu dem Kaufvertrag gehören, dem Formzwang des § 311b Abs. 1 S. 1 BGB. Grundsätzlich daher auch die nachträgliche Herabsetzung des beurkundeten Kaufpreises. Eine Ausnahme besteht, wenn die Parteien zum Zeitpunkt der Änderungsvereinbarung die Auflassung bereits erklärt haben.

Nicht mehr zeitgemäße Regelung

Doch gerade diese Ausnahme ist mithilfe der Rechtsprechung des BGH im Laufe der Zeit zum Regelfall geworden. Die Beurkundungspflicht soll den Beweis über die Art und den Inhalt der Vereinbarungen sichern, den Veräußerer und den Erwerber vor übereilten Verträgen bewahren und sie auf die Wichtigkeit des Geschäfts hinweisen (Beweis-, Warn- und Schutzfunktion als Sinn und Zweck für das Formerfordernis). Laut BGH (BGH, Urteil vom 14.09.2018, Az. V ZR 213/17) ist dies nach erfolgter Auflassung jedoch nicht mehr nötig:

Die Parteien bedürfen des Schutzes aber nicht mehr, wenn der Zweck des § 311b Abs. 1 S. 1 BGB erreicht ist. Hiervon ist auszugehen, wenn die schuldrechtlichen Erklärungen von Veräußerer und Erwerber beurkundet worden sind und diese zudem die für die angestrebte Rechtsänderung erforderlichen (dinglichen) Erklärungen in bindender Form abgegeben haben. Das ist der Fall, wenn die Auflassung bindend geworden ist. (§ 873 Abs. 2 BGB).“

Die Vertragsparteien haben ihre jeweiligen Leistungshandlungen unwiderruflich erbracht, auch wenn die Erfüllung erst mit der Eintragung im Grundbuch erfolgt. Der historische Gesetzgeber ist schlicht nicht davon ausgegangen, dass Kaufvertragsschluss und Auflassung, wie heutzutage üblich, zusammen beurkundet werden. Früher ist man erst zum Grundbuchamt gegangen, wenn die wechselseitigen Verpflichtungen aus dem Vertrag erfüllt worden sind und die Richtigkeit, der zwischen den Kaufvertragsparteien schuldrechtlich getroffenen Abreden, in einer separat errichteten Vollzugsurkunde bestätigt werden konnte. Die Auflassung bildete den Schlusspunkt des Rechtsgeschäfts.

Keine Schutzbedürftigkeit

Heutzutage bildet die beurkundete Auflassung eine Zäsur. Änderungen eines Grundstückskaufvertrages sind formlos möglich, wenn der „Vollzug der Auflassung durch Anweisungen der Kaufvertragsparteien vorübergehend gesperrt ist“ (RN. 20 des BGH, Urteils vom 14.09.2018, Az. V ZR 213/17) zum Beispiel durch Ausfertigungssperre bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung oder mittels Bewilligungslösung. Eine nachträgliche Minderung des Kaufpreises wäre möglich und bedürfte keiner erneuten notariellen Beurkundung. Ob es sich in anderen Fällen um eine wesentliche oder unwesentliche Änderung des beurkundeten Kaufvertrags handelt, die einer erneuten Beurkundung bedürfte, sollte zur eigenen Sicherheit anwaltlich geprüft werden.

Autor:

Rechtsanwalt Dennis Wiegard

Düsseldorf, den 17. Dezember 2019



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