Täuschungshandlung? - Klage gegen Universität Hamburg erfolgreich

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Mit Urteil v. 12.03.2015 (2 K 1268/14) hat das Verwaltungsgericht Hamburg einer Klage von SCHLÖMER & SPERL Rechtsanwälte stattgegeben.

Hintergrund war der Vorwurf eines Täuschungsversuchs und die Neubewertung einer Klausur. Der Klägerin, die im Bachelorstudiengang Sozialökonomie eingeschrieben war, wurde mit Bescheid v. 01.11.2012 mitgeteilt, dass die den Kurs Sozialstrukturanalyse nicht bestanden habe, da sie bei der Klausur getäuscht habe. Die Prüferin war der Auffassung, dass die Beantwortung einer Klausurfrage etwas anderes erfordere als das Auswendiglernen einer Internetquelle. Die Klägerin legte Widerspruch gegen die Bewertung mit Nichtbestanden ein, der zurückgewiesen wurde.

Gegen den Widerspruchsbescheid v. 12.02.2014 erhoben SCHLÖMER & SPERL Rechtsanwälte Klage vor dem Verwaltungsgericht Hamburg und trugen vor, dass das Auswendiglernen eines Textes in einer schriftlichen Aufsichtsarbeit keine Täuschung darstelle. Auch läge kein Anscheinsbeweis für eine Täuschungshandlung vor. 

Das Gericht folgte der Rechtsauffassung von Rechtsanwalt Christian Reckling von SCHLÖMER & SPERL Rechtsanwälte und führte dabei u.a. wie folgt aus:

„Eine auf Täuschung beruhende Leistung, beispielweise durch den Einsatz unerlaubter Hilfsmittel, ist einer zutreffenden Leistungsbewertung nicht zugänglich. Die Prüfungsbehörde hat die Täuschung nachzuweisen, sie ist insoweit beweispflichtig (Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. aufl. 2014, Rn. 263). Indem die Beklagte allein auf das Vortäuschen einer eigenständigen Prüfungsleistung verweist, behauptet sie jedoch weder eine solche Täuschung noch weist sie diese nach. Denn die Wiedergabe fremder Texte ohne entsprechende Kenntlichmachung stellt bei einer schriftlichen Aufsichtsarbeit keine das Prüfungsverfahren betreffende Täuschung dar, sondern ist gegebenenfalls von den Prüfern im Rahmen ihrer Bewertung zu berücksichtigten [...]. In einer Aufsichtsarbeit, in der keine Sekundärliteratur oder Internetquellen als Hilfsmittel genutzt werden dürfen, kann die Angabe von Quellen nicht gefordert werden. Das reine Auswendiglernen stellt keine Täuschung dar, vielmehr bedarf es des Nachweises der Nutzung unerlaubter Hilfsmittel.“

Auch der Beweis des ersten Anscheins konnte die Beklagte nicht führen, denn ihr obliegt der sog. Vollbeweis für den Täuschungsversuch. In der mündlichen Verhandlung trug die Beklagtenvertreterin selbst vor, dass der Klägerin nicht nachgewiesen werden könne, dass sie während der Aufsichtsarbeit unzulässige Hilfsmittel benutzt habe.

Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig.

Kommentar:

Die Entscheidung zeigt deutlich die Grundsätze der Beweislast im Rahmen von Täuschungshandlungen bei Prüfungsleistungen. Oftmals wird den Kandidaten zu Unrecht ein Täuschungsversuch vorgeworfen, obwohl die Beweislage alles andere als eindeutig ist. In diesen Fällen lohnt es sich, einen auf das Prüfungsrecht versierten Rechtsanwalt zu beauftragen, der zunächst Akteneinsicht beantragt und die Sach- und Rechtslage prüft. Die Erfahrung lehrt, dass sich die Prüflinge oftmals durch das Widerspruchsverfahren davon abhalten lassen, gerichtliche Schritte einzuleiten. Gerade dann, wenn der Fortgang des Studiums von dieser einen Prüfungsleistung abhängt, sollte man als Prüfling nicht zögern, seine Rechte auch gerichtlich durchzusetzen. Denn auch Prüfer sind nur Menschen und machen Fehler.


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