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Telekom Beförderungsrunde 2022/2023

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Ende Oktober/Anfang November 2022 steht wieder eine Beförderungsrunde für Beamte der Deutschen Telekom an. Zum Zuge kommen nach jetzigem Kenntnisstand Beamte des gehobenen und des höheren Dienstes ohne die Besoldungsgruppe A13vz nichttechnisch sowie Beamte der Besoldungsgruppe A9vz mD.

Da auch in der letzten Beförderungsrunde 2021 zahlreiche Konkurrentenklagen geführt wurden, hat sich die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte weiterentwickelt. Von besonderer Bedeutung für künftige Beförderungsentscheidungen ist möglicherweise ein Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 22.06.2022. In diesem Beschluss nimmt das OVG zur der Frage Stellung, unter welchen Voraussetzungen die Einzelmerkmale der Beurteilung, die von Führungskräften in der vorbereitenden Stellungnahme mit „sehr gut“ bewertet wurden, in der dienstlichen Beurteilung abgewertet werden dürfen (z.B. auf „gut“). Dieses Phänomen trat in der letzten Beförderungsrunde in mehreren Fällen auf.

Die Entscheidung betrifft einen Beamten des gehobenen Post- und Fernmeldedienstes, der zugleich über die Zulassung für die Laufbahn des gehobenen fernmeldetechnischen Dienstes erfüllt. Im Beurteilungszeitraum war er amtsangemessen eingesetzt. Seine eigene Beurteilung endete mit dem Gesamturteil „Gut++.“ Er konkurrierte mit Beamtinnen und Beamten, die deutlich höherwertig eingesetzt waren. Diese hatten in ihren Beurteilungen das Gesamturteil „Hervorragend +“ erhalten. Die Führungskraft des Antragstellers hatte alle Einzelmerkmale mit „sehr gut“ bewertet. In der dienstlichen Beurteilung wurden drei der Einzelmerkmale auf „gut“ abgewertet und zur Begründung ausgeführt, dass ein besseres Ergebnis bei einer Bewertung der Einzelleistungen im Vergleich zu den Leistungen der Beamten auf derselben Beurteilungsliste nicht geboten sei.

Das OVG beanstandete dies und führte zur Begründung aus, dass dies nur ein Verweis auf Beurteilungen anderer Beamter der Beförderungsliste sei, nicht jedoch eine nachvollziehbare Begründung für die Herabsetzung der Bewertung der drei Einzelleistungsmerkmale. Das OVG hat Abwertungen nicht für grundsätzlich unzulässig erklärt. Aus der Feststellung des Gerichts folgt nach meiner Einschätzung jedoch, dass die Beurteiler, wenn Sie eine Abwertung vornehmen, dies konkret mit der Leistung des Beamten begründen müssen. Ein Hinweis auf andere Beamte ist unzureichend.

Von besonderer Wichtigkeit ist m.E. aber eine weitere Passage dieser Entscheidung, in der sich das Gericht mit der bei der Telekom gehäuft auftretenden Konstellation auseinandersetzt, dass amtsangemessen eingesetzte Beamte mit Kolleginnen und Kollegen konkurrieren, die im Beurteilungszeitraum deutliche höherwertig eingesetzt waren. In der Vergangenheit war es in der Regel so, dass die „Höherwertigen“ allein aufgrund dieser höherwertigen Tätigkeit die besseren, wenn nicht sogar die Bestnoten erhielten. Denn die höherwertige Tätigkeit stellt höhere Anforderungen. Dies muss in der Beurteilung berücksichtigt werden. Die amtsangemessen eingesetzten Beamten waren aber in solchen Konstellationen de facto chancenlos. Hier setzt das OVG an und äußert Zweifel an der Stimmigkeit und Schlüssigkeit des Beurteilungssystems der Telekom. Es lasse sich nicht nachvollziehen, welche Grundsätze für die Übertragung der fünfstufig bewerteten Einzelmerkmale in das sechsstufig gestaltete Gesamturteil gelten. Allein die Höherwertigkeit einer Tätigkeit reiche zur Rechtfertigung nicht aus. Wörtlich: „Der beschließende Senat hegt jedoch derzeit weiterhin die bereits in mehreren Eilverfahren zu „Beförderungsrunden“ der Deutschen Telekom AG geäußerten Zweifel, ob das Beurteilungs- und Beförderungssystem der Deutschen Telekom AG tatsächlich in der Weise angewendet wird, dass kein Automatismus dahingehend besteht, nur deutlich höherwertig eingesetzten Beamten die Spitzennote im Gesamturteil zuzuerkennen und denjenigen Beamten, die - wie der Antragsteller - amtsangemessen oder nur „einfach höherwertig“ eingesetzt sind, die Spitzennote vorzuenthalten“ 

Außerdem stellt das Gericht fest – und dies könnte für die kommenden Verfahren wichtig  werden – dass ein Beamter, der von seinen Führungskräften in allen Einzelmerkmalen mit „Sehr gut“ bewertet worden ist, eine Chance haben muss, die Spitzennote zu erzielen und damit auch eine Beförderungschance zu erlangen. Dazu führt das Gericht aus, dass es sich bei dem im Bereich der Telekom vielfach praktizierten deutlich höherwertigen Einsatz um eine absolute Sonderkonstellation handele, die sich von „normalen“ beamtenrechtlichen Beurteilungsfällen, in denen bisweilen ein einfach höherwertiger Einsatz und in absoluten Ausnahmefällen ein um zwei Besoldungsgruppen höherwertiger Einsatz stattfindet, deutlich abhebe. Der allgemeine beamtenrechtliche Grundsatz „zeigt ein Beamter auf einem höherwertigen Dienstposten gute bis beste Leistungen, so kommt ihm gegenüber einem Beamten, der gute bis beste Leistungen in seinem Statusamt erbringt, ein Leistungsvorsprung zu“, dürfte in den „Telekom-Beförderungsfällen“ an seine Grenzen stoßen. Denn Leistungsvorsprünge, die sich aus der Wahrnehmung eines etwa um sechs Besoldungsstufen höher bewerten Dienstpostens ergeben, würden im Normalfall nicht auftreten. Es mag zutreffen, dass auch der amtsangemessen eingesetzte Beamte oder der „nur“ einfach höherwertig eingesetzte Beamte eine nicht nur theoretische Möglichkeit habe, die Spitzennote „Hervorragend“ zu erhalten. Überzeugt sei das Gericht hiervon jedoch bislang nicht. Die Telekom habe ihre Behauptung, dass auch amtsangemessen beschäftigte Beamte sich in Stellenbesetzungsverfahren gegenüber höherwertig eingesetzten Beamten durchgesetzt hätten, bislang nicht weiter belegt.

Diese Feststellungen des Gerichts deuten darauf hin, dass das Gericht in Bezug auf die Zusammensetzung der Beförderungslisten von einem strukturellen Fehler ausgeht, sofern nicht der Telekom der konkrete Nachweis gelingt, dass auch amtsangemessen eingesetzte Beamte die Spitzennote erhalten können. Das Gericht stellt dazu auch die Möglichkeit in den Raum (ohne allerdings eine explizite Verpflichtung auszusprechen), für höherwertig eingesetzten Beamtinnen und Beamten gesonderte Beförderungslisten zu bilden, um den amtsangemessen eingesetzten Beamtinnen und Beamten Chancengleichheit zu verschaffen.

Es ist abzuwarten, ob und in welcher Form die Telekom bei den anstehenden Beförderungsentscheidungen auf diesen Beschluss reagiert.

OVG Lüneburg 5. Senat, Beschluss vom 23.06.2022, 5 ME 43/22

Fristen: Konkurrentenklagen müssen binnen 14 Tagen nach Erhalt der Auswahlentscheidung beim jeweils zuständigen Verwaltungsgericht eingehen. Der Dienstherr muss mit den geplanten Beförderungen so lange warten, bis die Gerichte entschieden haben.

Dieser Beitrag dient zur allgemeinen Information und entspricht dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Eine individuelle Beratung wird dadurch nicht ersetzt. Jeder einzelne Fall erfordert fachbezogenen Rat unter Berücksichtigung seiner konkreten Umstände. Ohne detaillierte Beratung kann keine Haftung für die Richtigkeit übernommen werden. Vervielfältigung und Verbreitung nur mit schriftlicher Genehmigung des Verfassers.


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