Trunkenheitsfahrt mit E-Scooter als Regelfall für Fahrerlaubnisentziehung ?
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Nach einem Beschluss des LG Halle vom 16.07.2020 – 3 Qs 81/20 - kann aufgrund des geringeren, mit einem Fahrrad vergleichbaren Gefährdungspotentials nicht ohne Weiteres die für die Entziehung der Fahrerlaubnis geltenden Regelvermutung des § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB ausgegangen werden.
Bei einer Verwirklichung einer Trunkenheitsfahrt des § 316 StGB kann von der Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen werden, wenn besondere Umstände vorliegen, die den seiner allgemeinen Natur nach schweren und gefährlichen Verstoß günstiger erscheinen lassen als den Regelfall, oder die nach der Tat die Eignung positiv beeinflusst haben.
Nach Ansicht von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht und Strafrecht Christian Steffgen ist diese Entscheidung konsequent und richtig. Das abstrakte Gefährdungspotenzial von E-Scootern unterscheidet sich deutlich von dem der „klassischen“ Kraftfahrzeuge, wie Pkws, Lkws und Krafträdern. E-Scooter weisen in aller Regel ein Gewicht von ca. 20 bis 25 kg und eine mögliche Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h auf.
Gegen die Anordnung der Entziehung sollte daher unbedingt innerhalb laufender Fristen der Rat eines im Verkehrsrecht spezialisierten Rechtsanwalts eingeholt werden.
In dem vom LG Halle entschiedenen Fall hatte das Amtsgericht zuvor dem Beschuldigten gemäß § 111a StPO vorläufig die Fahrerlaubnis entzogen. Der Blutalkoholgehalt habe den Feststellungen zufolge mindestens 1,28 ‰ betragen.
Auch der Gesetzgeber ging bei der Regelung davon aus, dass die Fahreigenschaften sowie die Verkehrswahrnehmung von Elektrokleinstfahrzeugen mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von 12 km/h bis 20 km/h am stärksten denen des Fahrrads ähneln, weshalb nach der Vorstellung des Gesetzgebers verkehrs- und verhaltensrechtlich die Regelungen über Fahrräder gelten sollen, sofern keine besonderen Vorschriften erlassen würden.
Anzumerken ist, dass das LG Dortmund, Beschl. v. 11.2.2020 – 43 Qs 5/20 und das LG München I -Beschl. v. 30.10.2019 – 1 J Qs, 24/19 jug.; LG München I, DAR 2020, 111 - dagegen die Anwendbarkeit der Regelvermutung auch bei einer Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter bejahen.
Eine obergerichtliche Entscheidung ist bisher noch nicht ergangen. Rechtsanwalt Steffgen ist seit 20 Jahren im Bereich der Verkehrsstraftaten, Verkehrsordnungswidrigkeiten und des Fahrerlaubnisrechts (Führerschein) spezialisiert. Betroffene können eine kostenlose Ersteinschätzung am Telefon oder per e-mail erhalten.
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