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U-Haft: Knast auf Verdacht?

  • 2 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

[image]Der Richter erlässt einen Haftbefehl, wenn die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beschuldigte zu einer Freiheitstrafe verurteilt wird und ein Haftgrund vorliegt, z. B. die Fluchtgefahr. Mit der Untersuchungshaft soll verhindert werden, dass ein Beschuldigter - eine Person, gegen die ermittelt wird - untertaucht und ein Strafverfahren gegen ihn deswegen unmöglich wird. Ihr kommt damit vor allem eine wichtige Bedeutung zu: Sie soll das weitere Verfahren gegen den Beschuldigten - zum Angeklagten wird er erst mit Beschluss des Gerichts, das Hauptverfahren zu eröffnen - sichern.

Dringender Tatverdacht nötig

Der Richter erlässt jedoch nur dann einen Haftbefehl nach § 114 StPO (Strafprozessordnung), wenn gemäß § 112 I StPO die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beschuldigte die Tat begangen hat, sog, dringender Tatverdacht. Reine Mutmaßungen rechtfertigen daher noch keinen Haftbefehl. Die U-Haft muss aber verhältnismäßig sein; bei einem Bagatelldelikt kann sie daher auch abgelehnt werden.

Ein Haftgrund muss vorliegen

Neben dem dringenden Tatverdacht muss ferner ein Haftgrund nach den §§ 112 II, 112a StPO bejaht werden. Ein solcher wird vor allem dann angenommen, wenn der Beschuldigte bereits geflüchtet ist oder sich verborgen hält, die Gefahr besteht, dass er flüchtet oder dass er Beweismittel vernichtet bzw. verschwinden lässt, sog. Verdunkelungsgefahr.

Eine Fluchtgefahr liegt grundsätzlich schon vor, wenn der Beschuldigte mit einer hohen Strafe zu rechnen hat, keine sozialen Bindungen in seinem direkten Umfeld existieren oder der Beschuldigte bereits Vorbereitungen zu einer Flucht getroffen hat. Denn so wird klar, dass er sich einem Strafverfahren entziehen will.

Erschwert der Beschuldigte die Wahrheitsfindung, indem er Beweismittel, z. B. Urkunden oder das Tatwerkzeug verschwinden lässt oder die Zeugen durch Drohungen oder Versprechen beeinflusst, ist der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr gegeben.

Wichtig ist auch, dass im Rahmen der Schwerkriminalität, z. B. ein Mord, bereits ein dringender Tatverdacht als Haftgrund ausreicht.

Dauer der U-Haft

Nach § 121 I StPO darf die Untersuchungshaft grundsätzlich nicht länger als sechs Monate dauern, solange noch kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel lautet. Anderes gilt nur, wenn ein wichtiger Grund eine längere Inhaftierung rechtfertigt, z. B. besonders umfangreiche und schwierige Ermittlungen. Die Dauer der Untersuchungshaft ist jedoch auf eine später erlassene Geld- oder Freiheitstrafe anzurechnen.

Der Richter kann den Vollzug des Haftbefehls nach den §§ 116, 116a StPO aussetzen, wenn der Sicherungszweck der U-Haft auch durch weniger einschneidende Maßnahmen erreicht werden kann. Das kann etwa dadurch geschehen, dass sich der Beschuldigte regelmäßig beim Richter melden muss. Zeigt sich der Beschuldigte in der Verhandlung etwa einsichtig und gewissenhaft, obwohl er mit einer hohen Strafe rechnen muss und sind starke soziale Bindungen anzunehmen, kann damit gerechnet werden, dass er die Maßnahmen nach den §§ 116, 116a StPO berücksichtigen und dem Fluchtanreiz nicht nachgeben wird (KG, Beschluss v. 02.02.2012, Az.: 4 Ws 10/12).

Rechtsbehelfe

Nach § 117 StPO kann der Eingesperrte die U-Haft mit einer Haftprüfung oder einer Beschwerde (§ 304 StPO) angreifen. Die Beschwerde kann wiederum gemäß § 310 StPO durch weitere Beschwerde angefochten werden. Zu beachten ist aber, dass es kein Verschlechterungsverbot gibt; der Richter kann also auch zum weiteren Nachteil des Inhaftierten entscheiden.

(VOI)
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