Unentschuldigtes Fehlen: Kündigung per WhatsApp unwirksam

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„Um 8:49 Uhr teilte“ der Arbeitnehmer „dem Geschäftsführer der Beklagten per WhatsApp folgendes mit:„Moin sorry ich komm heute nicht mehr auf die arbeit meine frau lässt sich von mir scheiden keine ahnung ob ich die nächsten tage überhaupt noch kommen werde“. Um 11:26 Uhr desselben Tages übermittelte er dem Geschäftsführer per WhatsApp das Foto einer handschriftlichen Kündigungserklärung auf Karopapier mit folgendem Text: „Sehr geehrter Herr H., Hiermit kündige ich, das mit ihnen bestehendes Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 01.03.2021.“ so heißt es in der Sachverhaltsdarstellung des LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22.12.2022 – 5 Sa 408/21. Quelle: Beck-online.de

Kündigung per WhatsApp ist rechtlich nicht möglich, weil Verstoß gegen das Schriftformgebot; Ablichtung der Originalunterschrift reicht nicht aus

LAG Rheinland-Pfalz wie folgt klarstellend: „Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass im Zeitpunkt des Zugangs der Beklagtenkündigung vom 13. Januar 2021 das Arbeitsverhältnis der Parteien noch bestand, weil die per WhatsApp übermittelte Eigenkündigung des Klägers vom 7. Januar 2021 nicht den Anforderungen der §§ 623 iVm. § 126 Abs. 1 BGB entspricht. Die Kündigung ist daher gemäß § 125 Satz 1 BGB nichtig. Die per WhatsApp übermittelte Kündigungserklärung genügt nicht dem Schriftformerfordernis der §§ 623, 126 Abs. 1 BGB. Die WhatsApp-Nachricht des Klägers gibt lediglich die Ablichtung der Originalunterschrift wieder. Ist die Schriftform für eine Erklärung unter Abwesenden vorgesehen, wird die Erklärung erst in dem Zeitpunkt wirksam (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB), in dem sie dem anderen Teil in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zugeht. Der Zugang einer Ablichtung genügt nicht.“ Quelle: Beck-online.de

Unentschuldigtes Fehlen kann fristlose Kündigung rechtfertigen; laut LAG Rheinland-Pfalz lag jedoch Arbeitsunfähigkeit vor

LAG Rheinland-Pfalz: “Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts bestand für die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 13. Januar 2021 kein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB. Nach dem Ergebnis der zweitinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme ist der Kläger ab dem 11. Januar 2021 nicht unentschuldigt der Arbeit ferngeblieben; er war vielmehr arbeitsunfähig erkrankt. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile – jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – zumutbar ist oder nicht. In diesem Sinne kann das unentschuldigte Fehlen eines Arbeitnehmers für die Dauer eines ganzen Arbeitstages ohne ausreichende Information des Arbeitgebers im Wiederholungsfall nach einschlägiger Abmahnung je nach den Umständen „an sich“ geeignet sein, eine außerordentliche Kündigung zu begründen.“ Quelle: Beck-online.de

Beweisaufnahme des Gerichts führt zu dem Ergebnis, dass der Arbeitnehmer erkrankt ist und deshalb nicht wegen unentschuldigten Fehlens fristlos gekündigt werden kann

LAG Rheinland-Pfalz: „Der Zeuge Y. hat glaubhaft geschildert, dass er den Kläger körperlich untersucht und wegen Rückenbeschwerden eine Arbeitsunfähigkeit ab dem 11. Januar, zunächst bis zum 15. Januar 2021 und in der Folge bis zum 14. Februar 2021 festgestellt hat. Er machte durchweg nachvollziehbare Angaben. Aufgrund des persönlichen Eindrucks vom Zeugen ist die Berufungskammer auch von dessen Glaubwürdigkeit überzeugt. Der Umstand, dass es am 11. Januar 2021 Probleme mit der Krankenversichertenkarte des Klägers gegeben hat, weshalb der Zeuge an diesem Tag keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf dem Vordruck für Kassenpatienten ausstellen konnte, spricht nicht gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen. Es ist für die Frage, ob der Kläger ab dem 11. Januar 2021 arbeitsunfähig erkrankt war, nicht von entscheidender Bedeutung, dass und weshalb die Versichertenkarte des Klägers an diesem Tag nicht eingelesen werden konnte. Die Beweisaufnahme hat nicht ergeben, dass der Zeuge dem Kläger eine ärztliche Bescheinigung über eine Arbeitsunfähigkeit ab dem 11. Januar 2021 ausgestellt haben könnte, die medizinisch nicht gerechtfertigt war. Die diagnostizierte Erkrankung hat der Zeuge nicht (nur) aufgrund von Eigenangaben des Klägers, sondern aufgrund objektivierbarer Befunde durch eine körperliche Untersuchung festgestellt. Dafür, dass der Kläger den Arzt getäuscht haben könnte, besteht nicht der geringste Anhaltspunkt. Dem Zeugen kann nicht unterstellt werden, er hätte dem Kläger ein „Gefälligkeitsattest“ ausgestellt.“ Quelle: Beck-online.de

Rechtsanwalt Helmut Naujoks ist seit 25 Jahren ausschließlich als Anwalt für Arbeitgeber im Arbeitsrecht tätig. Haben Sie Fragen in Bezug auf die Kündigung von Mitarbeitern/innen? Rufen Sie noch heute Rechtsanwalt Helmut Naujoks an, Spezialist als Anwalt für Arbeitgeber im Arbeitsrecht. In einer kostenlosen und unverbindlichen telefonischen Ersteinschätzung beantwortet Rechtsanwalt Helmut Naujoks Ihre Fragen zum Kündigungsschutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie zu den Rechten und Pflichten des Betriebsrats gemäß Betriebsverfassungsgesetz.


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