Urlaub verjährt nicht?!

  • 2 Minuten Lesezeit

Vielleicht kennen Sie den juristischen Grundsatz: "Mord verjährt nicht"?

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit seinem Urteil vom 20. Dezember 2022 (Aktenzeichen: 9 AZR 266/20) nunmehr festgestellt: 

Auch Urlaub verjährt nicht. Zumindest nicht ohne Weiteres. 

Die grundsätzlich geltende dreijährige Verjährungsfrist (§§ 195, 199 BGB) beginnt vielmehr erst zu laufen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vorher ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub verfällt, wenn er nicht rechtzeitig vom Arbeitnehmer in Anspruch genommen wird.


Bisherige Rechtslage

In § 7 Abs. 2 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) ist grundsätzlich Folgendes geregelt: Urlaub, der im laufenden Kalenderjahr nicht genommen wird, verfällt mit dem Ende des Kalenderjahres, spätestens aber zum 31. März des Folgejahres. So weit, so gut.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat jedoch bereits im Jahr 2018 entschieden, dass Urlaub erst dann verfallen kann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor z.B. durch angemessene Aufklärung tatsächlich in die Lage versetzt hat, diesen Urlaubsanspruch auch wahrzunehmen (EuGH, Urteil vom 06.11.2018, Aktenzeichen: C-684/16).

Diesem Urteil schloss sich auch das höchste deutsche Arbeitsgericht kurz darauf an und entschied, dass den Arbeitgeber eine "Mitwirkungsobliegenheit" trifft (BAG, Urteil vom 19.02.2019, Az.: 9 AZR 423/16). Das heißt, dass der Urlaubsanspruch dann gerade nicht nach § 7 Abs. 3 BUrlG spätestens zum 31. März des Folgejahres verfällt, sondern bestehen bleibt. Das Bundesarbeitsgericht hatte darüber hinaus auch entschieden, dass dies sogar für Urlaubsansprüche gilt, die bereits vor der entsprechenden europäischen Richtlinie (Art. 7 der RL 2003/88/EG) entstanden sind und somit kein Vertrauensschutz für den Arbeitgeber besteht.


Verjährung?

Nachdem nun also geklärt war, dass Urlaubsansprüche nicht verfallen, wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer nicht ordnungsgemäß über das Bestehen der Urlaubsansprüche informiert hat, stellte sich schließlich noch die Frage, ob diese Urlaubsansprüche dann aber jedenfalls nach drei Jahren verjähren würden.

Denn §§ 195, 199 BGB regeln, dass Ansprüche grundsätzlich nach drei Jahren verjähren. Das gilt grundsätzlich auch für Urlaubsansprüche. Das hätte zur Folge, dass Urlaubsansprüche somit spätestens nach drei Jahren verfallen, auch wenn der Arbeitgeber seiner Informationspflicht nicht nachgekommen ist.


Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht hat jedoch nun entschieden: 

Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt nicht zu laufen, bevor der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht über den drohenden Verfall informiert hat. 

Das bedeutet also:

1. Auch Urlaub verjährt innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (anders als das eingangs beschriebene Beispiel des Mordes).

2. Allerdings beginnt die Verjährungsfrist nicht mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist, sondern erst am Ende des Kalenderjahres, in dem der Arbeitgeber über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallsfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.


Haben Sie Fragen?

Was bedeutet das für Sie?

Sind Sie Arbeitnehmer? Dann steht Ihnen womöglich noch Urlaub aus vergangenen Jahren zu, wenn Ihr Arbeitgeber Sie nicht ausreichend über deren Verfall informiert hat. Sollte Ihr Arbeitsverhältnis bereits beendet sein, dann gilt dies grundsätzlich auch für mögliche Urlaubsabgeltungsansprüche!

Sind Sie Arbeitgeber? Dann sollten Sie prüfen, ob Sie alle erforderlichen Maßnahmen getroffen haben, um Ihre Arbeitnehmer ausreichend über den drohenden Verfall von nicht in Anspruch genommenem Urlaub zu informieren.

Gerne stehe ich Ihnen bei diesen und weiteren arbeitsrechtlichen Fragen zur Verfügung. Zögern Sie nicht und kontaktieren Sie uns für eine unverbindliche Ersteinschätzung. Ich helfe Ihnen dann gerne weiter.


Foto(s): https://pixabay.com/de/photos/gep%c3%a4ck-reisen-sonnenlicht-urlaub-1149289/

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Kai Simon Faix

Beiträge zum Thema