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Verjährung beim unberechtigten Bezug von Kindergeld

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In seiner Entscheidung vom 18.12.2014 (Az.: III R 13/14) hat sich der Bundesfinanzhof mit der steuerrechtlichen und strafrechtlichen Verjährung beim unberechtigten Bezug von Kindergeld auseinandergesetzt. Die jeweilige Verjährung beginnt demnach erst nach dem letztmaligen Bezug von Kindergeld.

Kindergeld gehört zum Steuerrecht

Der Bezug von Kindergeld gehört materiell-rechtlich zum Steuerrecht. Kindergeld wird als Steuervergütung gewährt (§ 31 Satz 3 EStG). Wer zu Unrecht Kindergeld bezieht, erlangt nicht gerechtfertigte Steuervorteile. Der irreguläre Bezug von Kindergeld kann folglich als Steuerhinterziehung strafbar sein.

Es ist daher Vorsicht geboten, denn Fehler können schnell passieren. Immer wieder Gegenstand strafrechtlicher Verurteilungen sind bspw. Fälle, in denen Angehörige des öffentlichen Dienstes Kindergeld beantragen und hierbei „vergessen“, anzugeben, dass sie in einem öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnis stehen. Bei öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnissen zahlt der Arbeitgeber das Kindergeld aus, während ansonsten die Familienkassen hierfür zuständig sind. Erklärt man gegenüber der Familienkasse nicht, dass man in einem öffentlichen Anstellungsverhältnis steht, so kann es zur doppelten Auszahlung des Kindergeldes kommen. Die erste Freude über eine zusätzliche Finanzspritze wandelt sich aber früher oder später in das Ärgernis eines laufenden Strafverfahrens. Hierbei kann es zu erheblichen Verkürzungsbeträgen kommen, die natürlich auch zurückgezahlt werden müssen. Immer wieder kommen auch Fälle vor, in denen Deutsche ins Ausland ziehen und das Kindergeld weitergezahlt wird. Hier ist genau zu prüfen, ob der Bezug des Kindergeldes wirklich zu Unrecht erfolgte und wenn ja, ab wann.

Keine Verjährung während des Kindergeldbezugs

Die erheblichen Verkürzungsbeträge errechnen sich, weil es bei laufenden Kindergeldzahlungen faktisch keine Verjährung gibt. Die strafrechtliche Verjährung beginnt erst, wenn der Bezug des Kindergeldes (z. B. durch Volljährigkeit oder Ende der Ausbildung des Kindes) endet.

Nach dem BFH ist bezüglich der strafrechtlichen Verjährung nämlich auf die letzte Auszahlung abzustellen.

„Die Verfolgungsverjährung beginnt, sobald die Handlung beendet ist (§ 78a Satz 1 StGB). Tritt ein zum Tatbestand gehörender Erfolg jedoch erst später ein, so beginnt die Verjährung mit diesem Zeitpunkt (§ 78a Satz 2 StGB). Der Erfolg der Handlung bzw. der pflichtwidrigen Unterlassung tritt erst mit der letzten Auszahlung ein. Aus dem das Kindergeldrecht beherrschenden Monatsprinzip (§ 66 Abs. 2 EStG) ist nicht herzuleiten, dass jede monatliche Auszahlung eine beendete Steuerstraftat darstellt, was zur Folge hätte, dass mit jeder Auszahlung für den jeweiligen Monat auch die Verfolgungsverjährung begänne. Zur Begründung verweist der Senat auf sein Urteil vom 26. Juni 2014 III R 21/13 (BFHE 247, 102, BFH/NV 2015, 248).“

Die steuerrechtliche Festsetzungsfrist betrifft die Frage, wie lange unberechtigt erlangtes Kindergeld zurückgefordert werden kann. Auch hier ist die Rechtslage behördenfreundlich. Nach § 171 Abs. 7 i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 2 AO endet die Festsetzungsfrist in Fällen der Steuerhinterziehung oder der leichtfertigen Steuerverkürzung nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

Ich bin betroffen – was kann ich tun?

Gerade beim unberechtigten Bezug von Kindergeld ist professionelle Hilfe dringend anzuraten. Die Rechtsprechung gewährt den Behörden erhebliche Spielräume bei der Verjährung, sodass es sinnvoll ist, sich bei der Verteidigungsstrategie vor allem auf andere Tatbestandsmerkmale zu konzentrieren. Lag bspw. tatsächlich Vorsatz vor? Hier kann man aufgrund der komplizierten Formulare durchaus Argumente finden, die gegen einen Vorsatz sprechen. Gab es Gründe, die den Doppelbezug möglicherweise verschleiert haben und weshalb der Bezieher des Kindergeldes die Doppelzahlung ggf. nicht bemerkt hat (z. B. wechselnde Einkünfte in unterschiedlichen Monaten)? In jedem Einzelfall sind die Tatbestandsmerkmale der Steuerhinterziehung Schritt für Schritt zu prüfen, um die ideale Verteidigungsstrategie zu ermitteln.

Ist der unberechtigte Bezug von Kindergeld der Behörde noch nicht aufgefallen, so ist schnelles Handeln ratsam. In diesen Fällen besteht die Möglichkeit, mit einer Nacherklärung reinen Tisch zu machen. Auf diese Weise kann man der strafrechtlichen Sanktion entfliehen. Es ist aber auf einige Fallstricke zu achten. Vor der Abgabe einer Nacherklärung sollte in jedem Fall eine professionelle Beratung eines spezialisierten Anwalts in Anspruch genommen werden. Andernfalls droht die Unwirksamkeit der Nacherklärung, die Strafbefreiung entfällt dann.

Bei Rückfragen steht Ihnen Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuer- und Strafrecht Dr. Christian Fuchs gerne zur Verfügung. Wir verteidigen bundesweit und über die Grenzen Deutschlands hinaus.


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