Waldorf-Frommer-Abmahnung - "Kind 44" - im Auftrag der Tele München Fernseh GmbH - 815 EUR

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Der Film „Kind 44“ ist Gegenstand einer der aktuellen Abmahnungen der Waldorf Frommer Rechtsanwälte im Auftrag der Tele München Fernseh GmbH. Der Film des Regisseurs Daniel Espinosa basiert auf dem gleichnamigen Roman von Tom Rob Smith. Er spielt in der stalinistischen Sowjetunion Anfang der 1950er Jahre und handelt von einem Polizisten, der versucht, eine Mordserie an Kindern aufzuklären.

Die Rechtsanwälte Waldorf Frommer werfen dem jeweils ermittelten Anschlussinhaber vor, innerhalb eines Filesharing-Netzwerks (auf Portalen wie BitTorent etc.) den Film „Kind 44“ anderen Nutzern zum Download angeboten und auf diese Weise widerrechtlich öffentlich zugänglich gemacht zu haben. Die öffentliche Zugänglichmachung im Sinne des § 19a UrhG ist ein allein dem Urheber vorbehaltenes Recht. Fehlt die Erlaubnis des Urhebers beziehungsweise des Rechteinhabers, stellt der Upload der Filmdatei eine Urheberrechtsverletzung dar.

Die Waldorf Frommer Rechtsanwälte fordern aufgrund dieser behaupteten Rechtsverletzung die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung durch den Anschlussinhaber sowie die Zahlung von Schadensersatz und die Erstattung der Anwaltskosten. Die hierfür verlangten Pauschalbeträge betragen 815,00 EUR.

Unterlassungserklärung für „Kind 44“

Die von den Rechtsanwälten Waldorf Frommer formulierte Unterlassungserklärung sollte keinesfalls unterzeichnet werden. Wir raten von einer voreiligen Erfüllung der Forderungen aus dem Abmahnschreiben ausdrücklich ab.

Zwar dient die Unterlassungserklärung der Verhinderung eines kostenintensiven Gerichtsverfahrens – im Fall einer tatsächlich begangenen Rechtsverletzung besteht ein Unterlassungsanspruch des Urhebers bzw. Rechteinhabers aus § 97 Abs. 1 UrhG – allerdings wird in diesen vorformulierten Unterlassungserklärungen meistens die Anerkennung der vorgeworfenen Rechtsverletzung sowie geltend gemachter Zahlungsansprüche verlangt. Eine derartige Forderung würde über die Erfüllung des gesetzlichen Unterlassungsanspruchs hinausgehen.

Es besteht die Möglichkeit, auch eine sog. modifizierte Unterlassungserklärung abzugeben. Mit dieser können die Folgen der Unterlassungsverpflichtung abgemildert werden. Da aber auch eine modifizierte Unterlassungserklärung ein hohes Haftungsrisiko begründet, sollte zunächst geprüft werden, ob der Anschlussinhaber überhaupt auf Unterlassung haftet.

815,00 EUR für „Kind 44“

Der von den Waldorf Frommer Rechtsanwälten geforderte pauschale Betrag in Höhe von 815,00 EUR setzt sich aus Schadensersatzbeträgen zugunsten des Rechteinhabers und aus vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, sog. Abmahnkosten, zusammen.

Schadensersatz: Hier ist es wichtig, dass zwischen der Täterhaftung (die Haftung des Handelnden) und der Störerhaftung (die Haftung dessen, der die urheberrechtsverletzende Handlung eines Dritten ermöglicht hat, z. B. Ehegatten, Kinder etc.) unterschieden wird und diese Unterscheidung beim Verfassen der Unterlassungserklärung entsprechend berücksichtigt wird.

Denn wer als „Täter“ die Rechtsverletzung selbst verursacht – z. B. indem er das geschützte Werk (Film „Kind 44“) über Tauschbörsen verbreitet – ist dem Urheber bzw. Rechteinhaber nicht nur zur Erstattung von Abmahnkosten, sondern auch zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet.

Der Störer schuldet hingegen keinen Schadensersatz, sondern nur Unterlassung, d.h. konkret: Als „Störer“ muss man die geforderten Schadensersatzbeträge nicht bezahlen. Allerdings kann der Störer auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Anspruch genommen werden. Die vorgerichtlichen Kosten sind aber gemäß § 97a UrhG auf einen Gegenstandswert in Höhe von 1000 EUR beschränkt, sodass nicht mehr Anwaltskosten als 124,00 EUR gefordert werden können.

„Störer“ – Haftung und Umfang der Prüfpflicht

Aber wann haftet man überhaupt? Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2004 ausgeführt, die Haftung als „Störer“ setze die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimme sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist, vgl. BGH I ZR 304/01. Im vergangenen Jahr stellte der Bundesgerichtshof fest (BGH, Urteil vom 08.01.2014, Az. I ZR 169/12), dass den Anschlussinhaber keine generelle Prüfungspflicht treffe (z. B. urlaubsbedingte Abwesenheit etc.) und dass dieser nicht haftet, wenn volljährige Familienangehörige den ihnen zur Nutzung überlassenen Anschluss für Rechtsverletzungen missbrauchen. Sofern der Anschlussinhaber keine Anhaltspunkte dafür habe, dass über seinen Anschluss Rechtsverletzungen begangen werden, sei er nicht von Rechts wegen dazu verpflichtet, die Benutzer seines Anschlusses zu überwachen.

In zwei anderen Urteilen zu dieser Rechtsfrage haben das Landgericht Frankfurt a. M. (MMR 2007, 804, 805) sowie das Landgericht Hamburg (MMR 2006, 700) geurteilt, dass eine Haftung des Anschlussinhabers dann bestehe, wenn Internetanschlüsse durch Minderjährige benutzt werden. Das Überlassen eines Internetzugangs an Dritte schaffe grundsätzlich die erhöhte Gefahr einer Urheberrechtsverletzung.

Das Landgericht Mannheim entschied jedoch im Januar 2007, dass Eltern nicht immer für Ihre Kinder haften (LG Mannheim, Urteil v. 30.01.2007, Az. 2 O 71/06). Entscheidend seien vor allem der Entwicklungsstand des Kindes sowie die Frage, inwieweit eine Überwachung in einem bestimmten Fall notwendig ist.

Anwaltliche Beratung sollte in Anspruch genommen werden

In den allermeisten Fällen ist es empfehlenswert, sich im Fall einer Abmahnung der Rechtsanwälte Waldorf Frommer an eine Anwaltskanzlei zu wenden; an eine, die sich mit dieser Rechtsmaterie auskennt und auch die widersprüchliche Rechtsprechung kennt. Nur so ist eine realistische Einschätzung in Ihrem Fall möglich.

Wir sind seit einiger Zeit dazu übergegangen, immer mal wieder von unserer Kanzlei erstrittene Urteile mit Filesharing im Volltext online zu stellen, damit sich Betroffene ein Bild machen können, wie die Gerichte ticken. Schauen Sie einfachmal auf unserer Internetseite vorbei oder sprechen Sie uns einfach an. Weiter haben wir auf unserer Internetseite einen Überblick über die Reaktionsmöglichkeiten auf Waldorf-Frommer-Abmahnungen zusammengestellt. Hier finden Betroffene erste Orientierungshilfen.

Darüber hinaus bieten wir unter der Berliner Festnetznummer die Möglichkeit einer kostenlosen Ersteinschätzung an.

Wenn auch Sie von einer Abmahnung der Rechtsanwälte Waldorf Frommer, z. B. für den Film „Kind 44” betroffen sind, setzen Sie sich mit uns in Verbindung.

Wir würden uns freuen, wenn wir auch Ihnen behilflich sein können.

Rechtsanwaltskanzlei Sievers & Collegen


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