Wann beteiligt man sich an einer Schlägerei?

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Beteiligung an einer Schlägerei gemäß § 231 StGB

Wer sich an einer Schlägerei oder an einem von mehreren verübten Angriff beteiligt, wird schon wegen dieser Beteiligung mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn durch die Schlägerei oder den Angriff der Tod eines Menschen oder eine schwere Körperverletzung verursacht worden ist, § 231 Abs. 1 StGB.

Eine Schlägerei im Sinne des § 231 StGB ist dabei eine mit gegenseitigen Tätlichkeiten verbundene Auseinandersetzung, an der mehr als zwei Personen aktiv mitwirken.

Im Vergleich zu anderen Straftatbeständen weist die Beteiligung an einer Schlägerei gemäß § 231 StGB einige Besonderheiten auf. Bestraft wird die Beteiligung an der Schlägerei als solche, wobei der aus der Auseinandersetzung resultierende Erfolg (der Tod eines Menschen oder eine schwere Körperverletzung) als objektive Bedingung der Strafbarkeit kein Bestandteil des objektiven Tatbestandes ist.

Auch verzichtet der § 231 StGB gänzlich auf ein Erfordernis der Kausalität zwischen der eingetretenen Rechtsgutsverletzung und den Beteiligungshandlungen des Täters im Rahmen der Schlägerei. Entscheidend ist allein, dass die Rechtsgutverletzung durch die Schlägerei als Gesamtgeschehen verursacht wird. Somit macht sich ein an einer Schlägerei Beteiligter gemäß § 231 StGB selbst dann strafbar, wenn diesem im Rahmen des Strafverfahrens nicht klar nachgewiesen werden kann, dass seine Beteiligungshandlungen die Rechtsgutsverletzung herbeigeführt haben. Dies macht es für einen etwaigen Beschuldigten besonders wichtig zu wissen, ob und bis wann er sich überhaupt an einer Schlägerei beteiligt.

Ab wann bzw. bis wann liegt eine Beteiligung an einer Schlägerei vor? 

Mit dieser Frage musste sich auch der Bundesgerichtshof im Rahmen seines Urteils vom 12. Mai 2020 (1 StR 368/19) auseinandersetzen.

Dem Urteil lag der folgende Sachverhalt zugrunde: Im Zuge einer verabredeten Auseinandersetzung zwischen zwei Jugendlichen kam es zum Eingreifen Dritter, was der Auseinandersetzung die Qualität einer Schlägerei verschaffte. Einer der revidierenden Angeklagten griff zugunsten eines Jugendlichen in die Auseinandersetzung ein. Fraglich, war ob zu diesem Zeitpunkt eine Schlägerei schon oder noch vorlag.

Anlass für die Auseinandersetzung war die Verabredung zweier Jugendlicher zu einem Zweikampf. Zum Austragungsort brachten beide Jugendlichen Bekannte mit, hierunter auch den Angeklagten, weshalb mindestens 22 Sympathisanten am Austragungsort anwesend waren. Beide Jugendlichen begannen, sich wechselseitig Körperverletzungen beizubringen.

Der Angeklagte und ein weiterer Sympathisant eines der Jugendlichen befürchteten, der von ihnen unterstützte Jugendliche werde den Kampf als Verlierer beenden, weshalb sie einvernehmlich arbeitsteilig gegen dessen Kontrahenten vorgingen.  Der Angeklagte sprang den betroffenen Jugendlichen zunächst von hinten an, umklammerte ihn und versetzte dem Betroffenen dann von hinten einen Faustschlag in das Gesicht. Im Anschluss kam es zu weiteren Tätlichkeiten gegenüber dem Betroffenen durch Dritte.

Die Auseinandersetzung endete als der weitere Jugendliche an den zu diesem Zeitpunkt wehrlosen Betroffenen herantrat und diesem mindestens drei wuchtige Schläge gegen den Kopf versetzte, wodurch dieser eine Bewusstseinsstörung und eine stark und ausschließlich nach innen blutende Nasenbeinfraktur erlitt. Der Betroffene erstickte anschließend an infolge von Verletzungen eingeatmetem Blut, da die Bewusstseinsstörung seinen Schluck- und Hustenreflex ausgeschaltet hatte.

Welcher Schlag die Nasenbeinfraktur verursacht hatte, konnte nicht festgestellt werden.

Schlägerei begann bereits mit dem Eingreifen des Angeklagten 

Der BGH nahm an, dass die Schlägerei bereits mit dem Eingreifen des Angeklagten und des Dritten begann und bis zu den letzten Schlägen durch den weiteren Jugendlichen andauerte.

Hierzu führte der BGH aus, dass die für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Schlägerei erforderlichen wechselseitigen Tätlichkeiten zwischen mehr als zwei Personen nicht gleichzeitig begangen werden müssen. Eine Schlägerei im Sinne des § 231 StGB könne vielmehr auch anzunehmen sein, wenn nacheinander jeweils nur zwei Personen gleichzeitig wechselseitige Tätlichkeiten verüben, aber insgesamt mehr als zwei Personen beteiligt sind, und zwischen diesen Vorgängen ein so enger innerer Zusammenhang besteht, dass eine Aufspaltung in einzelne „Zweikämpfe“ nicht in Betracht kommt und die Annahme eines einheitlichen Gesamtgeschehens mit mehr als zwei aktiv Beteiligten gerechtfertigt ist.

Vorliegend habe ein einheitliches Gesamtgeschehen vorgelegen, bis sich die Gruppe auflöste. Das Verhalten des Angeklagten begründete folglich die fortdauernde Schlägerei, welche im Tod des Betroffenen mündete. Der Angeklagte habe sich gemäß § 231 StGB strafbar gemacht.

Für die Strafbarkeit des Angeklagten nach § 231 StGB sei es im Zuge dessen nicht weiter erheblich gewesen, ob dessen Angriffshandlungen tatsächlich den Tod des betroffenen Jugendlichen verursacht haben.

Fazit

Das vorliegende Urteil verdeutlicht in besonders anschaulicher Weise, wie riskant die Beteiligung an einer Schlägerei für einen Beteiligten sein kann, da § 231 StGB auf eine Kausalität zwischen einer bestimmten Verletzungshandlung und der anschließenden Rechtsgutsverletzung verzichtet und darauf abstellt, dass die Rechtsgutsverletzung lediglich aus der Schlägerei hervorgeht.

Angesichts der mitunter weitreichenden Dauer einer Schlägerei riskiert selbst ein lediglich zu Beginn der Schlägerei Beteiligter, für die Folgen fortdauernder Körperverletzungen durch Dritte einstehen zu müssen. Ebenso war der Fall bezüglich des Angeklagten gelagert. Die Schlägerei lag ab dem Eingreifen des Angeklagten vor und setzte sich unter Beteiligung Dritter selbst dann noch fort, als sich der Angeklagte nicht mehr aktiv an der Auseinandersetzung beteiligte, da auch zu diesem Zeitpunkt noch ein einheitliches Gesamtgeschehen vorlag.

Hilfe durch Fachanwalt für Strafrecht 

Dieser Beitrag wurde von Rechtsanwalt Dietrich erstellt. Rechtsanwalt Dietrich tritt bereits seit vielen Jahren deutschlandweit als Strafverteidiger auf. Wenn Ihnen vorgeworfen wird, sich wegen der Beteiligung an einer Schlägerei strafbar gemacht zu haben, können Sie unter den angegebenen Kontaktdaten einen Besprechungstermin mit Rechtsanwalt Dietrich vereinbaren. Alternativ können Sie Rechtsanwalt Dietrich auch eine E-Mail schreiben.


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