Warum bekomme ich keinen Wohnungskredit?

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Die Auswirkungen der seit März dieses Jahres geltenden Wohnimmobilienkreditlinie:

Möglicherweise ist also die EU schuld! – Die Umsetzung der europäischen Vorgaben ändert die Kreditvergabe bei Banken grundlegend. Banken würden finanzieren, dürfen aber den Kredit nicht vergeben. Die Kunden sind verärgert. Banken aber auch.

Ende August 2016 ließen zahlreiche Medienberichte aufhorchen: Obwohl die Zinsen für Immobilienkäufer so niedrig sind wie nie, erhalten viele potenzielle Käufer von Wohn-Immobilien keinen Kredit mehr. So vergeben etwa die Ostdeutschen Sparkassen nach einem Bericht von MDR aktuell deutlich weniger Immobiliendarlehen und auch in Bayern seien in diesem Jahr mehr Darlehensanträge abgelehnt worden als sonst. „Warum bekomme ich keinen Wohnungskredit?“ Das ist derzeit eine bei Fachanwälten für Bank- und Kapitalmarktrecht oft gestellte Frage.

Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie

Grund hierfür ist zumeist die Richtlinie 2014/17/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Wohnimmobilienverträge für Verbraucher, kurz Wohnimmobilienkreditrichtlinie genannt, die bis zum 21.03.2016 umzusetzen war. Inhalt sind Regelungen, die angesichts des zu verzeichnenden erheblichen Ausmaßes an Verschuldung bei Verbrauchern, die sich zum großen Teil in Wohnimmobilienkrediten konzentriere, die Verbraucher künftig besser vor Immobilienkäufen auf Kredit, die sie sich angesichts ihrer finanziellen Situation an sich nicht leisten können, zu schützen. Doch dieser Schutz der Verbraucher vor sich selbst geht sehr weit, nach Ansicht auch vieler Branchenvertreter deutlich zu weit.

Nationale Umsetzung: Verbraucherschutz durch Kreditwürdigkeitsprüfung, Dokumentations- und Beratungspflichten – gut gemeint ist nicht gut

Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften vom 11.03.2016 (Bundesgesetzblatt I, S. 396) setzte der deutsche Gesetzgeber die europäischen Vorgaben mit Wirkung zum 21.03.2016 um und erweiterte sie noch um zahlreiche Regelungen, die im Koalitionsvertrag versprochen worden waren (wie Beratungspflichten bei Überziehungskrediten).

Die Neureglungen des Darlehensrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verpflichten in den §§ 505a – 505d BGB den Darlehensgeber vor Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages zu einer umfassenden Kreditwürdigkeitsprüfung. So darf der Darlehensgeber nach § 505a Absatz 1 Satz 2 BGB „den Verbraucherdarlehensvertrag nur abschließen, wenn aus der Kreditwürdigkeitsprüfung hervorgeht, dass bei einem Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag keine erheblichen Zweifel daran bestehen und dass es bei einem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag wahrscheinlich ist, dass der Darlehensnehmer seinen Verpflichtungen, die im Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag stehen, vertragsgemäß nachkommen wird“. In § 505b BGB wird klargestellt, dass bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen die Kreditwürdigkeit anhand „notwendiger, ausreichender und angemessener Informationen zu Einkommen, Ausgaben sowie anderen finanziellen und wirtschaftlichen Umständen des Darlehensnehmers eingehend zu prüfen“ ist. Insbesondere ist zu prüfen, ob der Darlehensnehmer seinen Darlehensverpflichtungen wird nachkommen können, wobei nunmehr der Wert der Immobilie (die extern begutachtet werden soll – § 505c BGB) und eine Sicherheit hierüber in Form etwa einer Grundschuld keine maßgebliche Rolle mehr spielen sollen.

Der Fokus liegt also auf der Einkommenssituation, zur Einschätzung und Festlegung, ob die Darlehensverpflichtungen durch das künftige Einkommen erfüllt werden können und das auch bei starker Anhebung der Zinsen.

Es wird deutlich, dass die Einschätzung nicht ganz von der Hand zu weisen ist, da die erforderliche aktuelle wie künftige Einkommenssituation primär bei besserverdienenden 30-50-Jährigen bestehen wird, die ihren Wohnbedarf jedoch zumeist schon gedeckt haben. Insbesondere ältere Menschen, die ihre Verpflichtungen zu Lebzeiten nicht sicher werden erfüllen können, werden so weitgehend von Wohnimmobilien-Finanzierungen ausgeschlossen. Dies hat bereits der Immobilienverband IVD in einem Positionspapier bemängelt und einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Grundgesetz (Art. 3 GG) behauptet. Inwieweit sich aus dem Schutzaspekt hinreichende Differenzierungsrechtfertigungen ergeben, werden künftig sicher auch die Gerichte noch beschäftigen.

Fazit: Ein verbesserter Verbraucherschutz war das angestrebte Ziel, die neuen gesetzlichen Regelungen schießen über das Ziel hinaus!

Die Wohnimmobilienrichtlinie und ihre Umsetzung ist mal wieder ein gutes Beispiel für den von der EU gewollten umfassenden Schutz des unmündigen Verbrauchers, der über das Ziel weit hinausschießt.

Sicher haben die Banken in der Niedrigzinsphase besonders Werbung für Immobiliendarlehen gemacht und hier auch Verbraucher zu werben gesucht, die sich – wenn sie ehrlich zu sich selbst sind – sich ein derartiges Darlehen nicht wirklich leisten können. Aber die strengen gesetzlichen Regelungen mit Dokumentationspflichten für die Banken und möglichen Zinsrückzahlungen bei Verstößen lassen viele Banken die bereits strengen Maßstäbe noch strenger auslegen. Für tausende Deutsche dürfte so der Traum vom Eigenheim platzen. Der Verbraucher wird nun quasi vor sich selbst geschützt.



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