Was muss der Arbeitgeber beim betrieblichen Eingliederungsmanagement (bEM) beachten?

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Die fristgerechte Kündigung aus Gründen, die in der Person des Arbeitnehmers liegen – wie permanente Krankheitsphasen über Jahre – ist möglich. Dazu gehört allerdings, dass der Arbeitgeber diesen Prozess gut vorbereitet – das schließt die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements ein.

Der Fall, der vor dem LAG Schleswig-Holstein landete, brachte in der Entscheidung vom 03.06.2015 (6 SA 396/14) etwas Licht ins Dunkel für den Arbeitgeber. Zwar ist noch die Revision zum BAG zugelassen, sodass es noch keine endgültige Rechtssicherheit gibt. Aber der Weg, den der Arbeitgeber unbedingt gehen muss, wenn er eine krankheitsbedingte Kündigung aussprechen möchte, ist klarer geworden.

In dem Fall ging es darum, dass ein über 35 Jahre lang beschäftigter Arbeitnehmer seit dem Jahr 2003 immer wieder krankheitsbedingte Ausfallzeiten verursachte. Pro Jahr waren das zwischen 31 und 200 Tage. Die beklagte Arbeitgeberin bot dem Mann im März 2013 ein bEM an. Ende Juni 2013 fand dazu ein Aufklärungsgespräch mit dem Mitarbeiter statt. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Arbeitgeberin den Mitarbeiter wirklich umfassend über die Ziele und Datenerhebung des bEM aufgeklärt hatte. Im Februar 2014 schloss die Arbeitgeberin mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung darüber, dass ein bEM angeboten wird und wie es durchgeführt werden muss. Des Weiteren wurde in der Betriebsvereinbarung geregelt, dass die Ablehnung des bEM durch den Mitarbeiter schriftlich zu erfolgen hat.

In der Zeit von August 2013 bis Februar 2014 war der Mitarbeiter wieder 65 Tage krank. Das war zu viel für die Arbeitgeberin. Nach Anhörung des Betriebsrats – der jedoch widersprach – kündigte sie dem Mitarbeiter Anfang März 2014.

Danach meldete sich der Mann – also 1 Jahr nach dem bEM-Angebot und wollte es annehmen. Es blieb bei der Kündigung. Der Arbeitnehmer klagte und gewann in zwei Instanzen. Das LAG sah zwar grundsätzlich eine negative Gesundheitsprognose aufgrund der häufigen Fehlzeiten über Jahre hinweg. Der Knackpunkt war jedoch das mildere Mittel – und hier kommt das nicht durchgeführte bEM ins Spiel. Die Kündigung ist zwar wegen des nicht durchgeführten bEM nicht zwangsläufig unwirksam, jedoch ist der Arbeitgeber in der Beweispflicht, dass auch das bEM nicht dazu geführt hätte, dass man den Arbeitsplatz erhalten kann. Das gelang der Arbeitgeberin hier leider nicht. Jetzt stand die Frage seitens der Beklagten, wie oft man denn ein bEM anbieten muss, wenn vom Arbeitnehmer keinerlei Reaktion auf das Angebot kommt. Das LAG wies zunächst auf die Betriebsvereinbarung hin. Danach muss eine Ablehnung des – auch für den Arbeitnehmer freiwilligen bEM – schriftlich erfolgen. Der Arbeitnehmer hatte vorliegend gar nichts gemacht.

Eine weitere Festlegung des LAG war: Der Arbeitgeber hätte das bEM noch einmal schriftlich anbieten müssen, denn wenn die Krankheit innerhalb von 365 Tagen länger als 42 Tage dauert, ist das beM durchzuführen. Der Arbeitnehmer war zwischen August 2013 und Februar 2014 65 Tage lang krank. Diese Tatsache hätte das Angebot des bEM und die richtige Aufklärung des Mitarbeiters notwendig gemacht.

Was müssen Arbeitgeber in solchen wie dem vorliegenden Fall beachten?

  • Ob es dem Arbeitgeber gefällt oder nicht, ein bEM ist durchzuführen.
  • Das Angebot dazu muss schriftlich erfolgen.
  • Der Arbeitnehmer ist vollumfänglich darüber aufzuklären, welchen Sinn und welches Ziel das bEM hat und welche Chancen und Risiken sich dadurch für den Arbeitnehmer ergeben, wie genau es abläuft etc.
  • Es ist alles zu dokumentieren.
  • Ein Gespräch im Beisein des Betriebsrats und der Schwerbehindertenvertretung muss durchgeführt werden. Dies ist schriftlich zu terminieren.
  • Erscheint der Arbeitnehmer nicht, ist ihm eine angemessene Frist einzuräumen, sich zu äußern, ob er an dem bEM interessiert ist oder nicht.

Nachdem diese Punkte abgearbeitet sind, dürfte einer krankheitsbedingten Kündigung auch ohne bEM nichts im Weg stehen.

Die Entscheidung des BAG bleibt abzuwarten.


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