Welchen Einfluss hat die Menge an Drogen auf die Strafbarkeit? Anwalt für Drogenstrafrecht

  • 7 Minuten Lesezeit

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Die Menge an Drogen kann durchaus maßgebliche Auswirkungen auf die Strafbarkeit an sich bzw. die Höhe der Strafe in sowohl positiver als auch negativer Hinsicht haben. Aber welche Grenzwerte gelten? Welche Auswirkungen kann die jeweilige Menge Drogen genau haben? Gibt es Unterschiede zwischen verschiedenen Drogen?

Ausgangspunkt für das Drogenstrafrecht ist das Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Die Anlagen zum BtMG bestimmen, welche Arten von Drogen von der Strafbarkeit erfasst sind. Praktisch hohe Bedeutung haben im Drogenstrafrecht insbesondere die in § 29 Abs. 1 und 3 BtMG aufgeführten Straftaten. Strafbar ist hiernach: 

  • Unerlaubter Anbau 
  • Herstellung
  • Handel treiben
  • Veräußerung oder sonst in Verkehr bringen
  • Erwerb oder sich in sonstiger Weise verschaffen
  • Besitz


Geringe Menge, Nicht geringe Menge – Verschiedene Mengenbegriffe im Drogenstrafrecht

Weiterhin unterscheidet das BtMG drei verschiedene Mengenbegriffe:

  • die geringe Menge (§§ 29 Abs. 5, 31a BtMG)
  • die gesetzlich nicht geregelte „normale“ Menge, die von der geringen bis zur nicht geringen Menge reicht
  • die nicht geringe Menge (§§ 29a, 30, 30a BtMG)


Höhere Strafe bei Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge 

Macht man sich wegen verbotenem Umgang mit einer „normalen Menge“ Drogen nach § 29 Abs.1 StGB strafbar, so droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe.

Steigt die Drogenmenge, steigt auch die Strafe.

Doch wann handelt es sich um eine solche nicht geringe Menge? 


Bestimmung der Drogen in nicht geringen Menge

Bei der Festlegung der Grenzwerte der nicht geringen Menge stellte der BGH nicht auf die Gewichtsmenge des Betäubungsmittelgemischs, sondern auf die Wirkstoffmenge ab, welche stets in Abhängigkeit mit der konkreten Wirkungsweise und Wirkungsintensität des einzelnen Betäubungsmittels festzulegen ist. 

In einem zweistufigen Verfahren wird die nicht geringe Menge durch ein Vielfaches der zum Erreichen eines Rauschzustandes erforderlichen Wirkstoffmenge bestimmt, welche aus dem Produkt einer Einzelmenge und einer an der Gefährlichkeit orientierten Maßzahl (gemessen in Konsumeinheiten) errechnet wird. Diese entsprechende Formel zur Berechnung lautet also wie folgt:


Nicht geringe Menge =

Maßgebliche Einzelmenge

multipliziert mit 

einer an der Gefährlichkeit orientierten Maßzahl (Konsumeinheiten)



Unter einer Konsumeinheit (KE) versteht man dabei die Menge eines Betäubungsmittels, die zur Erzielung des Rauschzustands erforderlich ist. Dabei ist die Ration grundsätzlich von

  • Wirkstoffgehalt
  • der für das jeweilige Betäubungsmittel typischen Konsumform sowie
  • der Gewöhnung des Konsumenten

abhängig.


Bei der Gesamtbetrachtung wird hierbei nicht nur die Wirkung sowie Beschaffenheit der jeweiligen Droge berücksichtigt, sondern auch das Umfeld, in dem der Konsum typischerweise erfolgt. Dabei werden die Konsumgewohnheiten sowohl bei der Bestimmung der Konsumeinheit als auch bei der Gefährlichkeitseinschätzung sowie Festlegung des Multiplikators mit einbezogen.


Grenzwerte von verkehrsüblichen Drogen im Überblick – nicht geringe Menge Heroin, nicht geringe Menge Crack 

Untenstehend finden sich die einzelnen Mengenangaben verkehrsüblicher Drogen, ab dessen Grenzwert von einer nicht geringen Menge auszugehen ist:

  • Amphetamin: 10 g Amphetaminbase (200 KE à 50 mg)
  • Cannabisprodukte: 7,5 g THC (500 KE à 15 mg)
  • Crack: 5 g Kokainhydrochlorid
  • Heroin: 1,5 g Heroinhydrochlorid (30 KE à 50 mg)
  • Kokain: 5 g Kokainhydrochlorid 
  • LSD: 6 mg Wirkstoff (120 LSD-Trips à 50 mikrogramm), jedenfalls bei 300 Trips
  • MDA/MDE/MDMA: jeweils 30 g MDA-, MDE- bzw. MDMA-Base 
  • Methamphetamin: 5 g Methamphetaminbase 


Welche Strafe droht für Umgang mit Drogen in nicht geringer Menge?

Wer mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie aufgrund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 BtMG erlangt zu haben, wird gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 StGB mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

Gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.

Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird gemäß § 30a Abs. 1 sowie Abs. 2 Nr. 2 BtMG bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat oder dabei eine Schusswaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist.


Absehen von der Bestrafung oder Verfolgung bei Vorliegen einer geringen Menge

Andersherum kann sich die Menge der Drogen aber auch positiv auf die Bestrafung auswirken, sofern es sich um eine geringe Menge zum Eigenverbrauch handelt. So kann entweder das Gericht gemäß § 29 Abs. 5 BtMG von einer Bestrafung absehen oder aber die Staatsanwaltschaft kann gemäß § 31a Abs. 1 S. 1 BtMG von der weiteren Verfolgung absehen

Das Gericht kann nach § 29 Abs. 5 BtMG dann von einer Bestrafung nach den § 29 Abs. 1, 2 und 4 BtMG absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

Die Staatsanwaltschaft kann hingegen dann von der Verfolgung gemäß § 31a Abs. 1 S. 1 BtMG absehen, wenn das Verfahren 

  • ein Vergehen nach § 29 Abs. 1, 2 und 4 BtMG zum Gegenstand hat, 
  • wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre
  • kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht und 
  • der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge

anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt. 

Eine Übersicht zu Konstellationen, in denen mildere Strafen im Betäubungsmittelstrafrecht drohen, haben wir Ihnen hier zusammengestellt.


Was ist eine nur geringe Menge an Drogen?

In der Rechtsprechung orientiert man sich hinsichtlich der Bestimmung der geringen Menge überwiegend am Augenblicks- oder Tagesbedarf eines nicht abhängigen Konsumenten (anders handhabt es lediglich das Bayerische Oberlandesgericht, welches sich am Konsumentenpreis orientiert). Demnach ist eine Menge so lange als gering einzuordnen, wie sie bei einer Mahlzeit verzehrt oder bei wenigen (1 bis 3) Gelegenheiten verbraucht werden kann (= 3 Konsumeinheiten). 

Bei der für die Bestimmung der Konsumeinheit maßgeblichen Gewöhnung des Konsumenten wird in diesem Fall lediglich auf die Einstiegsdosis eines Gelegenheitskonsumenten bzw. Probierers abgestellt; wegen der hohen Toleranzwirkung von Abhängigen ist deren Gewöhnung an höhere Dosen vorliegend unbeachtlich. 


Grenzwerte für die geringe Menge für Absehen von Bestrafung durch Gericht – Geringe Menge Cannabis, Geringe Menge Amphetamin

Für die Annahme der geringen Menge im Rahmen des § 29 Abs. 5 BtMG hat die Rechtsprechung jeweils Grenzwerte festgelegt. Im Folgenden werden die verkehrsüblichen Drogen exemplarisch mit ihrem jeweiligen Grenzwert aufgeführt:

  • Amphetamin: 0,15 g Amphetaminbase
  • Cannabis: 0,045 g THC-Wirkstoff
  • Heroin: 0,03 g Heroinhydrochlorid (3 KE à 0,01 g)
  • Kokain:  0,100 g Kokain-Hydrochlorid
  • MDA, MDE, MDMA: 0,36 g der jeweiligen Base oder 0,42 g Hydrochlorid (3 KE à 0,14 g)
  • LSD: 0,15 mg des Wirkstoffs
  • Methamphetamin: 75 mg (Base)


Jeweilige Grenzwerte für die geringe Menge für Einstellung Verfahren durch Staatsanwaltschaft

Auch für die Annahme der geringen Menge im Rahmen des § 30a Abs. 1 BtMG hat die Rechtsprechung – (leicht) abweichend von § 29 Abs. 5 BtMG – jeweils Grenzwerte festgelegt. Im Folgenden werden die verkehrsüblichen Drogen exemplarisch mit ihrem jeweiligen Grenzwert aufgeführt:

  • Amphetamin: 2 g (3 KE à 0,05 g Amphetaminbase)
  • Cannabis: Brutto-Gewichtsmenge von 6 g – 15 g, je nach Bundesland (Berlin: 10 g / 15 g)
  • Ecstasy: 3 Tabletten
  • Heroin: 1 g (3 KE à 0,01 g Heroinhydrochlorid und einem Wirkstoffgehalt von 0,3 bis 0,5 % [da im Straßenhandel in der Regel stark gestrecktes Heroin mit sehr geringen Wirkstoffgehalten vertrieben wird])
  • Kokain: 1 g (3 KE à 33 mg Kokainhydrochlorid und einem Wirkstoffgehalt von 10 % [da Kokain erfahrungsgemäß selten von extrem schlechter Qualität ist])


Wann besitzt man Drogen nur zum Eigenkonsum?

Die Privilegierung des Absehens von der Bestrafung aufgrund der geringen Menge kommt nur dann zur Anwendung, wenn der Täter die Drogen ausschließlich selbst konsumiert hat oder konsumieren will und wenn durch die Tat keine Fremdgefährdung verursacht wird. 

Fremdgefährdung liegt beispielsweise dann vor, wenn der Täter einen Teil des Stoffes mit Dritten teilen oder an diese verschenken will. Das Gericht muss daher Feststellungen zum Zweck des Besitzes, Eigenkonsums oder Handelsmusters treffen. Die Annahme einer geringen Menge reicht demnach für sich allein nicht aus.

Die Frage, ob der Anbau von Cannabis-Pflanzen für den Eigenverbrauch strafbar ist, haben wir Ihnen hier beantwortet.


Drogentherapie statt Strafe?

Da die Täter oftmals selbst mit einem Drogenproblem zu kämpfen haben, wird ihnen in § 35 BtMG die Möglichkeit eingeräumt, statt einer Freiheitsstrafe eine Drogentherapie anzutreten. 

Voraussetzung hierfür ist zum einen, dass die andernfalls anzutretende Freiheitsstrafe nicht mehr als zwei Jahre beträgt und zum anderen, dass der Täter die Tat gerade wegen seiner Drogensucht begangen hat. Es muss also ein Zusammenhang zwischen Tat und Sucht erkennbar sein.


Vorladung, Anklage, Hausdurchsuchung wegen Drogen – was tun?

Sollten Sie mit einer Hausdurchsuchung wegen des Vorwurfs des unerlaubten Umgangs mit Drogen konfrontiert sein oder eine Vorladung oder bereits eine Anklage wegen Drogen erhalten haben, gilt es einiges zu beachten. Insbesondere sollten Sie sich nun am besten so schnell wie möglich an einen Anwalt für Drogenstrafrecht wenden. Dieser kennt die einschlägige Rechtsprechung, weiß, was rechtlich genau für Ihren Fall und die Droge um die es geht gilt und weiß auch, wie Sie sich nun am besten verhalten sollten und was nun auf Sie zukommt.

Nach Analyse der Ermittlungsakten wird der Anwalt für Strafrecht eine Verteidigungsstrategie erarbeiten und Sie umfassend beraten.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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