Wertpapiergeschäfte / Depotgeschäfte - Wie führt meine Bank meine Aufträge eigentlich durch?

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Wie werden Wertpapiergeschäfte eigentlich genau durchgeführt?

Vielen Privatanlegern ist nicht bewusst, welche rechtlichen Beziehungen zwischen Ihnen und ihrer Bank gelten, wenn sie einen Auftrag zur Ausführung von Wertpapiergeschäften erteilen.

Bei solchen Wertpapiergeschäften gelten neben den Allgemeinen AGB auch die sog. „Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte“(SoBedWp), welche bei fast allen Banken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken nahezu identisch ist.


1. Arten der Ausführung

Wertpapiergeschäfte können entweder als Kommissionsgeschäft (§§ 383 ff. HGB)  oder aber als Festpreisgeschäft durchgeführt werden. Der Regelfall ist das sog. Kommissionsgeschäft. Beim Kommissionsgeschäft nach § 383 HGB wird die vom Kunden (Kommittent) beauftragte Bank (Kommissionär) im eigenen Namen aber für Rechnung des Kunden tätig. Festpreisgeschäfte werden vielfach bei Transaktionen mit institutionellen Anlegern vereinbart.

In den Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäftemacht ist geregelt, dass der Anwendungsbereich der Sonderbedingungen auf den »Kauf oder Verkauf sowie auf die Verwahrung von Wertpapieren beschränkt ist, und zwar auch dann, wenn die Rechte nicht in Urkunden verbrieft sind«.

Finanztermingeschäfte, bei denen die Rechte nicht in Urkunden verbrieft sind, wie z.B. Optionsscheine, werden jedoch ausgenommen und den Sonderbedingungen für Termingeschäfte unterworfen.

Beim Online-Banking führen Direktbanken entsprechende Kundenaufträge i.d.R. als Kommissionsgeschäfte aus.


2. Welche Regelungen finden Anwendung, wenn der Abschluss oder die Ausführung des Auftrags mangelhaft ist?

Grundsätzlich gelten beim Abschluss eines Wertpapierauftrages auch die allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen etwa zur Anfechtung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung (§§ 119 ff. BGB), Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB), zum Verstoß gegen ein Verbotsgesetz (§ 134 BGB) oder zur Unmöglichkeit (§§ 275 ff. BGB).

Ein Irrtum des Kunden über den »richtigen Börsenkurs« stellt jedoch einen als Motivirrtum unbeachtlichen Kalkulationsirrtum dar.

Erkennt der Kunde allerdings einen Kalkulationsirrtum der Bank oder vereitelt er eine entsprechende Erkenntnis treuwidrig, kann der Erklärungsempfänger unter dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo oder der unzulässigen Rechtsausübung verpflichtet sein, den Erklärenden auf den Kalkulationsfehler hinzuweisen.

Bei Irrtümern der Kunden werden Direktbanken teilweise für verpflichtet gehalten, per Internet angenommene Aufträge auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen, insbesondere wenn kein ausreichendes Konto oder Depotguthaben für die Ausführung der Aufträge vorhanden ist.

Die Bank ist verpflichtet, Aufträge so auszuführen, wie sie ihr erteilt wurden. Unterlässt ein Kreditinstitut beispielsweise schuldhaft ein nur einen Tag gültigen Verkaufsauftrag auszuführen, so ist die Bank nicht berechtigt, nach Mitteilung der Unterlassung der Ausführung den Auftrag am Folgetag doch noch auszuführen, da dieser bereits erloschen ist. Der Kunde muss in diesen Fall erneut entscheiden, ob er einen neuen Verkaufsauftrag erteilen möchte.

Wird ein nur tagesgültiger Kaufauftrag verspätet durch die Bank weitergeleitet und kommt es etwa wegen zwischenzeitlich eingetretener Limitüberschreitungen nicht zur Ausführung, so hat die Bank den Kunden so zu stellen, als wäre der Auftrag rechtzeitig weitergeleitet und ausgeführt worden.


3. Was gilt bei ausländischen Wertpapieren?

Bei Ausführungsgeschäften, die im Ausland durchgeführt werden, gelten auch die dort maßgeblichen Rechtsvorschriften und Bestimmungen und somit auch die dort jeweils üblichen Lieferfristen. Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang, dass der zwischen Kunde und Bank geschlossene Kommissionsvertrag regelmäßig deutschem Recht unterliegt.

Eine ausdrückliche Einbeziehung dieser ausländischen Börsenusancen nach § 305 BGB ist nicht notwendig, da die Rechtsfolge der Geltung ausländischen Rechts für das Ausführungsgeschäft bereits aus allgemeinem Kommissionsrecht folgt.


4. Wie gelangen die gekauften Wertpapiere in mein Depot und wie werde ich Eigentümer dieser Wertpapiere? 

Nach §§ 18, 24 DepotG sind Banken verpflichtet, Wertpapiere zu übereignen. Im Inland verschafft die Bank dem Kunden daher regelmäßig Miteigentum durch eine Girosammel-Depotgutschrift, sofern die Wertpapiere bei der Clearstream Banking AG in Frankfurt am Main girosammelverwahrfähig sind (sog. »GS-Gutschrift«).

Dies ist möglich, da die Banken nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 DepotG das Recht haben, sich von ihrer Verpflichtung zur Eigentumsverschaffung an bestimmten Stücken dadurch zu befreien, dass sie Miteigentum an dem Sammelbestand eines bei einer Wertpapiersammelbank verwahrten Wertpapierbestandes beschaffen.

Eine entsprechende Sammelurkunde wird nach § 9a Abs. 1 Satz 1 DepotG definiert als »ein Wertpapier, das mehrere Rechte verbrieft, die jedes für sich in vertretbaren Wertpapieren einer und derselben Art verbrieft sein können«.

Die rechtliche Selbstständigkeit einer Einzelurkunde entfällt nicht durch die zusammengefasste Verbriefung mehrerer Urkunden in einer einzigen Urkunde.

Somit sind Sammelurkunden lediglich technische Erleichterungen bei der Urkundenherstellung und unterscheiden sich ansonsten nicht von einer einzelnen Urkunde.

Der auch in Nr. 11 Satz 1 der SoBedWp geregelte Fall der Übertragung von Girosammeldepotanteilen an die Kunden zur Erfüllung der Wertpapiergeschäfte stellt heute den absoluten Regelfall dar.

Danach verschafft die Bank dem Kunden Miteigentum am Sammelbestand bei der Clearstream Banking AG, in dem sie ihm eine GS-Gutschrift erteilt. Nach Abschn. IX der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Clearstream Banking AG werden die entsprechend zur Girosammelverwahrung zugelassenen Wertpapierarten listenmäßig bekannt gegeben. 

Die Clearstream Banking AG hält sämtliche Wertpapiere als unmittelbarer Besitzer ausschließlich für die entsprechenden Banken. 

Die Banken übertragen ihren mittelbaren Besitz von einem Haus auf ein anderes durch entsprechende Anweisung an die Clearstream Banking AG, eine bestimmte Anzahl von Wertpapieren umzubuchen und die Besitzmitteilung entsprechend zu verändern. 

Die Bank wiederum überträgt das Eigentum an Wertpapieren im Girosammelverkehr an ihre Kunden durch Einigung und Übergabe gemäß §§ 929 ff. BGB, wobei die Übergabe durch die Vereinbarung eines (gestuften) Besitzmittlungsverhältnisses ersetzt wird.

Insbesondere bei Neuemissionen wird heutzutage auf Globalurkunden zurückgegriffen. Nach § 10 Abs. 5 AktG kann der Anspruch auf Einzelverbriefung in der Satzung einer Aktiengesellschaft ausgeschlossen werden.

Auch bei Optionsscheinen und Schuldverschreibungen erspart man sich üblicherweise mit der Globalverbriefung die aufwendige Ausfertigung von Einzelurkunden.

Da eine Streifbandverwahrung von Wertpapieren (Sonderverwahrung), für die eine Globalurkunde ausgestellt wurde, nicht möglich ist, werden sie ebenfalls zur Girosammelverwahrung bei einer Wertpapiersammelbank eingeliefert.

Falls Wertpapiere nicht girosammelverwahrfähig sind, ist eine Bank verpflichtet, dem Kunden Alleineigentum an den entsprechenden Wertpapieren zu verschaffen. Üblicherweise verwahrt die Bank diese Wertpapiere für den Kunden in einem so genannten Streifbanddepot.

Nach § 18 Abs. 3 DepotG erfolgt die Verschaffung des Eigentums mit der Absendung des Stückeverzeichnisses an den Kunden, wenn das Eigentum nicht nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts schon früher auf den Kunden übergegangen ist.

Unter den in Nr. 12 Abs. 1 der SoBedWp genannten Fällen verschafft die Bank dem Kunden auch Wertpapiere im Ausland. Mit der Verwahrung der Wertpapiere im Ausland ist üblicherweise ein Zwischenverwahrer beauftragt. Nr. 12 Abs. 3 der SoBedWp sieht vor, dass sich die Bank das Eigentum oder Miteigentum an den Wertpapieren oder eine andere im Lagerland übliche, gleichwertige Rechtsstellung verschafft und diese Rechtsstellung treuhänderisch für den Kunden hält. Hierüber erteilt die Bank dem Kunden eine Gutschrift in Wertpapierrechnung (WRGutschrift), wobei der ausländische Staat anzugeben ist, in dem sich die Wertpapiere befinden (Lagerland).

Somit erwirbt der Kunde lediglich die wirtschaftliche Stellung eines Eigentümers, aber nicht das Eigentum im rechtlichen Sinne an den Wertpapieren.

Bei der WR-Gutschrift handelt es sich somit eher um die buchhalterische Erfassung und Dokumentation des gegenüber der Depotbank bestehenden Herausgabeanspruchs aus dem Geschäftsbesorgungsverhältnis.

Um der sich aus diesem Treuhandverhältnis folgenden Pflicht nachzukommen, die Positionen des Kunden als wirtschaftlichem Eigentümer der verwahrten Wertpapiere durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, werden von deutschen Banken regelmäßig sog. Drei-Punkte-Erklärungen eingeholt.




Bei komplexen Rechtsstreitigkeiten ist es ratsam, sich an einen Spezialisten zu wenden, um fachkundige Unterstützung zu erhalten. Frau Rechtsanwältin Kes ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und vertritt die Interessen von Privatanlegern bundesweit.

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