Widerruf eines Darlehensvertrages – Autofinanzierung – Pkw-Darlehen – wenn der Rechtsschutz kneift

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Rückabwicklung eines Darlehensvertrages – Widerruf einer Autofinanzierung

Derzeit liegen unserer Kanzlei Ablehnungsschreiben von Rechtschutzversicherern vor, die mit der Behauptung fehlender Erfolgsaussichten der Durchsetzung eines Widerrufs die Deckung der anwaltlichen Tätigkeit verweigern. Versicherungsnehmer und Bankkunden die eine Finanzierung bei einer Bank zum Erwerb eines Autos abgeschlossen haben und dieses verbundene Geschäft widerrufen wollen, sollten sich davon nicht abschrecken lassen.

Rechtschutz verweigert die Deckung?

Rechtsanwalt Christian Fiehl LL.M., Fachanwalt für Versicherungsrecht, ist der Auffassung, dass die Rechtschutzversicherer in diesen Fällen nur vorschieben die Verfolgung hätte keine Aussicht auf Erfolg um die Versicherten davon abzuhalten Ihre Rechte wahrzunehmen. 

Fehlende Erfolgsaussichten?

Häufig wird durch die Versicherungsunternehmen vorgeschoben, die Bank könne sich auf eine sog. Gesetzlichkeitsfiktion berufen. Dies ist im Einzelfall zwar durchaus möglich, allerdings muss dies genau geprüft werden und sollte keinesfalls „einfach so“ hingenommen werden. Die Gesetzlichkeitsfiktion privilegiert nur in engen Grenzen die Verwender, also Banken, von formularmäßigen Verträgen.

Im konkreten Fall liegt uns eine Vielzahl von Darlehensverträgen (VW Bank, Bank 11, Renault Bank, BMW Bank etc.) vor. Auch diese weisen außergerichtlich die Widerrufe der Verbraucher zurück. Zu Unrecht:

Entgegen der Auffassung der Banken steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zu und die Bank kann sich gerade auf eine Gesetzlichkeitsfiktion nicht berufen. Die Ausführungen der Banken sind oft pauschal und nicht nachvollziehbar und halten einer Prüfung anhand des Wortlautes der gesetzlichen Regelung nicht stand:

1. a.)
Das Widerrufsrecht folgt aus §§ 495 Abs. 1, 355 BGB in der maßgeblichen Fassung vom 13.06.2014. Danach steht dem Darlehensnehmer bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu. Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag handelt es sich um einen Verbraucherdarlehensvertrag im Sinne des § 491 Abs. 1 BGB. Der VN handelte bei Vertragsschluss als Privatmann, mithin als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB. Bei Abschluss des Vertrages handelte die Beklagte als Unternehmerin, da der Abschluss des Darlehensvertrages ihrem gewerblichen Tätigkeitsbereich zuzuordnen ist.

b.)

Der Widerruf erfolgte insbesondere fristgerecht. Die Widerrufsfrist beträgt gemäß § 355 Abs. 2 BGB grundsätzlich 14 Tage und beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist. Enthält die dem Verbraucher zur Verfügung gestellte Vertragsurkunde nicht die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB, beginnt die Frist gemäß § 356 b Abs. 2 S. 1 BGB erst mit Nachholung dieser Angaben.

Der Darlehensvertrag enthält die gemäß § 492 Abs. 2 BGB erforderlichen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 EGBGB nicht. Der VN wurde nicht hinreichend über sein Kündigungsrecht aufgeklärt.Nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB muss der Verbraucherdarlehensvertrag klare und verständliche „Angaben über das einzuhaltende Verfahren bei Kündigung des Vertrages“ enthalten:

§ 6 Vertragsinhalt

(1) Der Verbraucherdarlehensvertrag muss klar und verständlich folgende Angaben enthalten:

  • die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 14 und Abs. 4 genannten Angaben,
  • den Namen und die Anschrift des Darlehensnehmers,
  • die für den Darlehensgeber zuständige Aufsichtsbehörde,
  • einen Hinweis auf den Anspruch des Darlehensnehmers auf einen Tilgungsplan nach § 492 Abs. 3 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
  • das einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags, (…)“

Was unter den „Angaben über das einzuhaltende Verfahren bei Kündigung des Vertrages“ zu verstehen ist, ist durch Auslegung zu ermitteln.

Nach der Vorstellung des deutschen Gesetzgebers soll die Regelung dem Darlehensnehmer verdeutlichen, wann eine Kündigung des Darlehensgebers wirksam sei und wie der Darlehensnehmer selbst den Vertrag kündigen könne, sodass bei befristeten Darlehensverträgen zumindest darauf hingewiesen werden müsse, dass eine Kündigung nach § 314 BGB möglich sei (vgl. Begr. RegE, BT-Drs. 16/11643).

Für dieses Verständnis von der Norm spricht neben dem Willen des Gesetzgebers insbesondere eine europarechtskonforme Auslegung. Nach Art. 10 Abs. 2 lit s) Verbraucherkreditverträgerichtlinie sind die „einzuhaltenden Modalitäten bei der Ausübung des Rechts auf Kündigung“ des Kreditvertrags in klarer und prägnanter Form anzugeben. Zu diesen Modalitäten zählt jedenfalls die Benennung des Kündigungsgrundes, wie aus Art. 10 Abs. 2 lit. p) Verbraucherkreditverträgerichtlinie folgt. Danach ist u. a. über Folgendes zu informieren: „das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts sowie die Frist und die anderen Modalitäten für die Ausübung des Widerrufsrechts“. Dabei spricht gerade der Zweck der Norm für die Annahme, dass der Verbraucher über alle in Betracht kommenden Kündigungsgründe informiert werden soll.

Eine dahingehende Auslegung der Reglung(en) führt auch nicht zu einer überschießenden Umsetzung der Richtlinie. Aus dem Erwägungsgrund der Verbraucherkreditrichtlinie ergibt sich keine Einschränkung der Informationspflicht auf ordentliche Kündigungsrechte. Die Vorschrift stellt lediglich klar, dass dem Verbraucher ein ordentliches Kündigungsrecht bei unbefristeten Verträgen zustehen sollte. 

Dass der Verbraucher gemäß Art. 10 Abs. 2 s) Verbraucherkreditrichtlinie aber nur über diese ordentlichen Kündigungsrechte informiert werden soll, ist den Erwägungen nicht zu entnehmen. Gegen ein solches Verständnis spricht insbesondere auch, dass eine beschränkte Angabe von Kündigungsgründen zu einem erschwerten Verständnis beiträgt. Für den Verbraucher ist ohne weiteres nicht erkennbar, ob es sich bei den dann erteilten Hinweisen auf die Kündigungsgründe um eine abschließende Benennung aller Kündigungsgründe handelt oder nicht.

Der Verbraucher ist gemäß § 492 Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB vollumfänglich darüber zu informieren, ob ihm ein Kündigungsrecht zusteht oder nicht. Zwar muss der Darlehensnehmer nicht über alle möglichen Lösungsrechte informiert werden. Nach dem Ergebnis der Gesetzesauslegung aber über alle möglichen Kündigungsgründe. Sofern in der Rechtsprechung teilweise vertreten wird, dass nur über ein ordentliches Kündigungsrecht zu belehren sei, schließt sich die Kammer dieser Ansicht aus den oben genannten Gründen nicht an.

Auf eine Gesetzlichkeitsfiktion kann sich die Bank gerade nicht berufen, da Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB, anders als etwa Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB, eine solche Regelung nicht enthält. Eine Nachholung der erforderlichen Information im Sinne des § 492 Abs. 6 BGB ist nicht erfolgt, sodass die Widerrufsfrist im Zeitpunkt der Widerrufserklärung noch nicht zu laufen begonnen hat.

Soweit Sie ausgeführt haben, die VW-Bank käme gleichwohl in den Genuss der Gesetzlichkeitsfiktion ist dies bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift, wie auch nach den vorliegenden Vertragsdaten unzutreffend. Die Gesetzlichkeitsfiktion auf welche Sie vermutlich anspielen, ohne sie zu nennen, dürfte wohl jene in Art. 247 § 6 Abs. 2, S. 3 EGBGB sein. Deren Wortlaut deckt sich aber nicht mit der von Ihnen behaupteten Rechtsfolge zu Lasten Ihres VN:

„(…) Dies gilt bis zum Ablauf des 4. November 2011 auch bei entsprechender Verwendung dieses Musters in der Fassung des Gesetzes zur Einführung einer Musterwiderrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge, zur Änderung der Vorschriften über das Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehensverträgen und zur Änderung des Darlehensvermittlungsrechts vom 24. Juli 2010 (BGBl. I S. 977).“

Die uns vorliegenden Verträge wurden nach dem 04.11.2011 geschlossen und fallen damit bereits nicht in den zeitlichen Anwendungsbereich der Vorschrift deren Privilegierung sich die Geldinstitute berühmen.

Gerne stehen wir Ihnen  für ein kostenfreies und unverbindliches Erstberatungsgespräch zur Verfügung.

Rechtsanwalt Christian Fiehl, LL.M., Fachanwalt für Versicherungsrecht, Mayer | Rechtsanwälte



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