Wie lange dauert eigentlich ein Scheidungsverfahren?

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Eine der häufigsten Fragen bei der Erstberatung im Zuge einer Trennung/Ehescheidung ist die Frage danach, wie lange die Scheidung eigentlich dauert. 

Genau gemeint ist damit, wie lange es dauern wird, bis die Ehescheidung rechtskräftig ist. Erst dann treten die Rechtsfolgen einer Scheidung ein und man kann zum Beispiel wieder neu heiraten.

Wie viel Zeit ins Land streicht, bevor dieser rechtliche Zustand eingetreten ist, hängt naturgemäß von verschiedenen Faktoren ab.

I. Vorliegen der Scheidungsvoraussetzungen

Zunächst muss geprüft werden, ob die sogenannten Scheidungsvoraussetzungen überhaupt vorliegen. Nach deutschem Recht hieße dies üblicherweise, dass die Eheleute mindestens seit einem Jahr nicht mehr in sogenannter ehelicher Lebensgemeinschaft zusammenleben, sowie beide die Scheidung wünschen. 

Bei Scheidungen vor einem deutschen Gericht aber nach anderen Rechtsordnungen, welche bei längerem gewöhnlichem Aufenthalt der Ehegatten im Ausland oder einem Ehegatten mit anderer Staatsangehörigkeit durchaus infrage kommen, können die Scheidungsvoraussetzungen natürlich ganz anders ausfallen. 

Der Anwalt wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen prüfen und Sie beraten, ob und wann das Stellen des Scheidungsantrags sinnvoll ist. Dies ist immer auch ein taktisches Vorgehen, denn durch die Einleitung des Scheidungsverfahrens werden unter anderem diverse Stichtage gesetzt, welche für den Mandanten oder dessen Ehegatten durchaus aus vermögensrechtlicher oder aus anderen Aspekten sehr relevant sein können.

II. Vorbereitung des Scheidungsverfahrens

Ist man zu dem Entschluss gekommen, die Scheidung über einen Anwalt einreichen zu lassen, so sollte diese sehr gut vorbereitet sein. Dazu gehört nicht nur, dass sich der Anwalt über sämtliche Umstände des familiären Zusammenlebens, der Trennung, die finanziellen Verhältnisse usw. informiert, sondern auch notwendige Unterlagen vom Mandanten eingeholt und den Scheidungsantrag so vorbereitet, dass das Gericht möglichst wenig nachfragen muss. Hierzu kann unter Umständen auch der Entwurf einer Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung für die Eheleute, der Entwurf von sonstigen Erklärungen beispielsweise hinsichtlich der Ehewohnung oder auch die außergerichtliche Korrespondenz mit dem Antragsgegner zur Vorbereitung des Scheidungsverfahrens gehören. 

Je besser alles vorbereitet ist, desto schneller wird das Verfahren ablaufen. Auch die Bezahlung des Anwalts sollte im Übrigen nicht vergessen werden. Dieser muss im Zweifel nicht tätig werden, sofern er nicht zumindest ein Vorschuss erhalten hat.

III. Zuständiges Gericht

Viel hängt auch davon ab, bei welchem Gericht das Ehescheidungsverfahren anhängig gemacht wird. Eine Auswahl hat man diesbezüglich nicht wirklich, denn die örtlichen Zuständigkeiten sind in § 122 FamFG abschließend geregelt. Tatsächlich muss man  also das Gericht und den Richter nehmen, welcher nach dem Gesetz für einen zuständig ist. Und das ist auch gut so.

Mitunter kommt es leider - nicht nur aufgrund der Corona-Pandemie - bei den Gerichten zu erheblichen Verzögerungen. Dies liegt vermutlich an einer personellen Unterbesetzung genauso, wie an einem generell hohen Arbeitspensum für die zuständigen Mitarbeiter der Geschäftsstelle und die Richter, sowie an teilweise auch unzulänglicher technische Ausstattung. Während wir als Anwälte uns beispielsweise bemühen, die Korrespondenz ausschließlich elektronisch mit den Gerichten zu führen, stellen wir leider immer wieder fest, dass die Gerichte diesbezüglich nicht genügend ausgerüstet sind.

Folge dessen ist, dass man teilweise mehrfach nachhaken muss, wie der Sachstand in der Angelegenheit ist, dass man überhaupt ein Geschäftszeichen mitgeteilt bekommt oder der Gerichtskostenvorschuss angefordert und verbucht wird. Mitunter dauert dies mehrere Monate, was man nur durch kontinuierliches Nachfragen versuchen kann, zu beschleunigen. 

Mitunter kam es auch vor, dass von uns eingereichte originale Unterlagen wie Heiratsurkunden oder Unterlagen für die beantragte Verfahrenskostenhilfe "verfächert" waren und erst Wochen oder Monate später wieder gefunden wurden, was dann mit "chaotischen Zuständen auf der Geschäftsstelle" begründet wurde oder es teilweise zu erheblichen Verzögerungen kam, da der zuständige Richter langfristig erkrankt war und dessen Vertreter schlicht nicht alles zügig abarbeiten konnte. Ein sorgerechtliches Eilverfahren, welches letzlich über ein Jahr dauerte, kann hier als Beispiel genannt werden.

Gott sei Dank gilt dies nicht für alle Gerichten, die meisten Gerichte reagieren auch sehr zeitnah und arbeiten vorbildlich schnell. 

IV. Mitwirkung der Beteiligten

Ein erhebliches Kriterium für den zeitlichen Ablauf des Scheidungsverfahrens ist die Mitwirkung aller Beteiligten. 

Nicht nur die Gerichte, sondern auch die beteiligten Eheleute und gegebenenfalls deren Verfahrensbevollmächtigte können das Verfahren beschleunigen, verzögern oder auch verschleppen. Werden - egal von welchem Beteiligten - vom Gericht angeforderte Unterlagen nicht zeitnah eingereicht, der Gerichtskostenvorschuss nicht eingezahlt oder sonstige Mitwirkungshandlungen verzögert, führt das  ebenso zu einer längeren Dauer des Scheidungsverfahrens, wie beispielsweise die Uneinigkeit hinsichtlich Scheidungsfolgen und gegebenenfalls das Hineinziehen von zusätzlichen Problematiken wie Zugewinn, Nachscheidungsunterhalt oder andere Thematiken in das Scheidungsverfahren. 

Sofern diese so im sogenannten Verbund anhängig gemacht werden, wird normalerweise die Scheidung erst ausgesprochen, soweit alle Angelegenheiten durch Vereinbarung oder durch Entscheidung geklärt sind. Dies bietet auch dem anwaltlich vertretenen Ehegatten zahlreiche taktische Möglichkeiten, das Scheidungsverfahren in die Länge zu ziehen, um den anderen entweder zu einer für ihn besseren Vereinbarung zu bewegen oder aber beispielsweise die Zahlung von Trennungsunterhalt hinauszuzögern.

Auch in solchen Fällen sollte man sich mit seinem Rechtsanwalt beratschlagen, wie man beispielsweise gegen offenkundig taktische Verfahrensverzögerungen vorgehen kann. In einigen Fällen lohnt es sich, über (negative) Feststellungs- oder über Ordnungsgeldanträge nachzudenken. 

Aufgrund dieser Umstände kann eigentlich nie zuverlässig vorausgesagt werden, wie lange ein Scheidungsverfahren tatsächlich dauern wird. Sofern sich alle Beteiligten einig sind, kann dies von wenigen Wochen bis Monaten andauern, bis hin zur hochkomplexen strittigen Scheidung, welche über mehrere Jahre und mehrere Instanzen gehen kann. 

Unter besonderen Umständen, beispielsweise wenn die Ehefrau hochschwanger ist, das Kind von ihrem neuen Partner erwartet und dieses Kind unbedingt außerhalb der noch bestehenden Ehe geboren werden soll, kann man auch mithilfe des Gerichts und bei Einverständnis und Mitwirkung des Noch-Ehemannes einen sehr schnellen Scheidungstermin bekommen. Unser Rekord diesbezüglich liegt bei unter zwei Wochen. Das wird aber, auch aufgrund der ausgeschöpften Kapazitäten der Gerichte, eher der Einzelfall bleiben.

Für kurze Nachfragen oder auch zur Vereinbarung einer Beratung für Ihren konkreten Fall nutzen Sie gern die Kontaktfunktion. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage! 

Nicole Rinau

Rechtsanwältin

Fachanwältin für Familienrecht

Fachanwältin für Sozialrecht



Foto(s): @buemlein

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