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Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei zuverlässiger Kanzleikraft

  • 2 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

[image]Für einen Rechtsanwalt kann die Versäumung einer Frist fatale Folgen haben. Daher ist es wichtig, dass er sich auf seine Mitarbeiter verlassen kann. Unterläuft diesen dennoch einmal ein Fehler, wird der nicht zwangsläufig dem Anwalt zugerechnet. So hat der BGH nun entschieden, dass Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, wenn eine sonst sehr zuverlässige Kanzleikraft einen Schriftsatz trotz vorherigen Hinweises beim falschen Gericht einwirft und dadurch eine Frist nicht gewahrt wird.

Im zugrunde liegenden Fall wollte die Mandantin des betreffenden Rechtsanwalts Berufung gegen ein klageabweisendes Urteil einlegen. Der Prozessbevollmächtigte reichte die Berufung fristgemäß beim LG ein. Die Berufungsbegründungsfrist wurde dagegen nicht gewahrt. Nach einem Hinweis des Gerichts beantragte der Rechtsanwalt noch am selben Tag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er habe seinem Mitarbeiter den Schriftsatz unter Hinweis auf die Wichtigkeit der Fristwahrung und der Nennung des zuständigen Gerichts übergeben. Des Weiteren sei der Arbeitnehmer seit einem Jahr für seine Kanzlei tätig und habe jede Aufgabe stets zuverlässig erledigt. Der Einwurf des Schriftsatzes in den Briefkasten des falschen Gerichts sei daher nur eine Ausnahme gewesen. Das LG wies den Wiedereinsetzungsantrag mit der Begründung zurück, dem Rechtsanwalt sei das Fehlverhalten seiner Kanzleikraft zuzurechnen, da er diese nicht regelmäßig überwacht habe.

Die daraufhin beim BGH eingelegte Rechtsbeschwerde war jedoch erfolgreich. Der Fehler des Mitarbeiters sei dem Rechtsanwalt nicht zuzurechnen. Er habe seinen Angestellten mit diesem Botengang beauftragen dürfen, da das Einwerfen eines Schriftsatzes eine einfache Tätigkeit sei. Diese könne sogar von einem vertrauenswürdigen Praktikanten erledigt werden. Des Weiteren konnte der Kanzleimitarbeiter während seiner einjährigen Anstellung beweisen, dass er seine Aufgaben pflichtbewusst und fehlerlos ausgeübt hat. Daher sei auch ein Organisationsverschulden des Rechtsanwalts abzulehnen. Er habe die Kanzleikraft explizit darauf hingewiesen, dass er die Berufungsbegründungsschrift in den Briefkasten des LG einwerfen soll, um ein Fristversäumnis zu verhindern. Zu diesem sei es somit allein aufgrund des Fehlers des Boten gekommen. Da kein Verschulden des Rechtsanwalts erkennbar sei, müsse ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden.

(BGH, Beschluss v. 21.09.2010, Az.: VIII ZB 14/09)

(VOI)
Foto(s): ©iStockphoto.com

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