Wohnungseigentumsrecht: Die gerichtliche Beschlussersetzung nach § 21 Abs. 8 WEG

  • 4 Minuten Lesezeit

Bei der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) steht die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu, § 21 Abs. 1 WEG.

Diese Verwaltung erfolgt entweder durch entsprechende Vereinbarung der Wohnungseigentümer oder, wenn eine solche nicht vorliegt, durch Beschluss, § 21 Abs. 3 WEG. Im Vordergrund steht dabei die ordnungsgemäße Verwaltung.

Wie bei jeder zwischenmenschlichen Beziehung kommt es auch unter Wohnungseigentümern vor, dass man sich über Maßnahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung nicht immer einig ist.

Gerade beim Wohnungseigentümergemeinschaften mit einer geringeren Eigentümerzahl kann es daher vorkommen, dass ein entsprechender Beschluss über eine Maßnahme, die der ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht, in der Eigentümerversammlung nicht zustande kommt.

Dies hat zur Folge, dass eine entsprechende Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung nicht durchgeführt werden kann.

Nur unter engen Voraussetzungen ist ein einzelner Wohnungseigentümer zu einer Notmaßnahme ohne vorausgegangenen Beschluss berechtigt.

Eine Beschlussfassung kann auch daran scheitern, dass eine entsprechende Eigentümerversammlung nicht einberufen werden kann. Gerade wenn es keinen Verwalter für die Wohnungseigentümergemeinschaft gibt, kann die Einberufung häufig scheitern, wenn einer der Wohnungseigentümer eine Versammlung einberufen möchte, eine entsprechende Reaktion oder Terminfindung jedoch ausbleibt.

Einer derartigen Fallkonstellation lag der Rechtsstreit vor dem Amtsgericht Minden, Urteil vom 25.07.2014, Az.: 36 C 13/13, zu Grunde.

Die Eigentümergemeinschaft bestand aus zwei Wohnungseigentümern, wobei der Kläger Eigentümer einer Wohnung mit einem Miteigentumsanteil von 16,4 % und der Beklagte Eigentümer zwei Wohnungen mit einem Miteigentumsanteil von insgesamt 83,6 % war. Die WEG hatte keinen Verwalter.

Der Voreigentümer des Beklagten hatte an dem Objekt Veränderungen dergestalt vorgenommen, das Fenster erneuert, der Dachboden freigelegt und das Dach mit neuen Pfannen versehen wurde. Seither war der Dachüberstand nicht mehr geschlossen. Die zu der Wohnung des Klägers gehörenden Wasserleitungen verliefen über den Dachboden, der im Eigentum des Beklagten stand.

Aufgrund des ungeschlossenen Dachüberstandes drangen die Kälte auf den Dachboden ein und es war das Einfrieren der Wasserleitungen zu befürchten. Der Kläger forderte den Beklagten außergerichtlich mehrfach auf, entsprechende Arbeiten am Dachüberstand vorzunehmen, damit ein nach außen abgeschlossener und abgedichteter Gebäudekomplex vorlag.

Entsprechende Arbeiten wurden durch den Beklagten nicht ausgeführt.

Im Folgenden versuchte der Kläger vergeblich mit dem Beklagten eine Eigentümerversammlung einzuberufen. Zunächst kam an den von dem Kläger vorgeschlagenen Terminen keine Versammlung zu Stande. Weiterhin wurden von dem Beklagten keine Terminvorschläge unterbreitet. Stattdessen wurden Verhandlungen über wechselseitige Verkäufe der jeweiligen Wohnungen geführt.

Erneut versuchte der Kläger eine Eigentümerversammlung einzuberufen und schlug weitere Termine vor. Darauf reagierte der Beklagte nicht, sodass eine solche nicht zu Stande kam.

Der Kläger wurde sodann selbst tätigt und beauftragte einen Sachverständigen, der sich mit den auszuführenden Arbeiten und den entsprechenden Kosten befassen sollte. Eine entsprechende Besichtigung konnte jedoch ohne den Zutritt zu der Wohnung des Beklagten nicht durchgeführt werden.

Der Kläger verfolgte sein Begehren auf Durchführung entsprechender Arbeiten am Dachüberstand gerichtlich weiter. Das Klageverfahren war auf eine gerichtliche Beschlussersetzung nach § 21 Abs. 8 WEG gerichtet.

Das Amtsgericht Minden erachtete die Klage als zulässig und begründet.

Dem klagenden Eigentümer stehe nach Ansicht des Gerichts ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis für das Beschluss Ersetzungsverfahren zu.

Das entsprechende Rechtsschutzbedürfnis werde zum einen dann bejaht, wenn die Eigentümerversammlung vergeblich versucht habe, einen entsprechenden Beschluss herbeizuführen.

Den vorliegenden Fall, dass eine Eigentümerversammlung gar nicht zustande gekommen ist, stellt das Gericht mit der vergeblichen Beschlussfassung gleich und bejahte ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis.

Aufgrund des Verhaltens des Beklagten, der die Einberufung der Eigentümerversammlung durch sein Verhalten vereitelt hat, liegen diese Voraussetzungen vor.

Die Klage sei auch an den richtigen Beklagten, nämlich den anderen Wohnungseigentümer gerichtet.

Darüber hinaus sei die Klage auch begründet.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf gerichtliche Beschlussersetzung nach § 21 Abs. 8 WEG zu.

Dabei stellte das Gericht zunächst fest, dass ein unmittelbarer Anspruch nach § 21 Abs. 4 WEG, nach dem jeder Wohnungseigentümer eine Verwaltung verlangen kann, die dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht, nicht besteht.

Zwar kann über § 21 Abs. 4 WEG auch ein Anspruch über die Beseitigung einer rechtswidrigen baulichen Veränderung herbeigeführt werden, jedoch sei im vorliegenden Fall noch eine Einschätzung eines Sachverständigen nötig, da für einen Beschluss noch entsprechende Informationen über die Art und Weise der Ausführung der Arbeit und die entsprechenden Kosten der einzelnen Maßnahmen erforderlich sei.

In einem derartigen Fall, kann es nur auf eine gerichtliche Beschlussersetzung nach § 21 Abs. 8 WEG hinauslaufen. Dabei stellt das Gericht lediglich fest, in welchem Umfang die Eigentümerversammlung zu entscheiden hat. Es obliegt nicht dem Gericht, die geeigneten Maßnahmen zu beschließen.

Die gerichtliche Beschlussersetzung ist ein geeignetes Mittel für die einzelnen Wohnungseigentümer, die bei einer sehr störrischen Wohnungseigentümer Gemeinschaft vergeblich versuchen, entsprechende Beschlüsse herbeizuführen, die einer ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechen.

Die vergebliche Beschlussfassung ist jedoch zwingende Voraussetzung für ein solches Klageverfahren.

Gerne unterstütze ich Sie bei entsprechenden Angelegenheiten im Rahmen ihres Wohnungseigentums.

Rechtsanwältin Ninja Lorenz

Kanzlei Schwede, Gewert & Kollegen


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Ninja Lorenz LL.M.

Beiträge zum Thema