Zu viele E-Mails im Dienst-PC: Kündigung rechtens, auch ohne Abmahnung

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Wann reicht es dem Arbeitgeber (AG) zu Recht, wenn der Arbeitnehmer (AN) den ganzen Tag nur private E-Mails erhält und versendet, Urteil des LAG Niedersachsen 31.5.2010 (12 Sa 875/09), vorhergehend Arbeitsgericht Nienburg (3 Ca 311/08).

Der Kläger, stellvertretender Amtsleiter einer Behörde nutzte den E-Mail-Account seines AGs für aufwändige Korrespondenz mit einer Singlebörse. Über Wochen wurden mehrere hundert E-Mails empfangen und versandt. An drei Tagen befanden sich alleine jeweils circa 112 E-Mails im Postfach des E-Mail Accounts. Die E-Mails wurden dort von dem Kläger gespeichert. Die Beklagte merkte, dass der AN seinen Dienstaufgaben nicht wirklich nachkam und ließ deshalb den Computer des Klägers auf rückständige Arbeiten hin überprüfen. Dabei fiel der massive E-Mail-Verkehr im privaten Bereich auf. Ohne Ausspruch einer Abmahnung wurde das Arbeitsverhältnis außerordentlich gekündigt.

Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage statt, das Landesarbeitsgericht hob diese Entscheidung auf und wies die Kündigungsschutzklage ab.

Auch in diesem Fall sieht man, dass der Weg in die zweite Instanz für AG erfolgreich sein kann und man nur, weil die erste Instanz eine andere Rechtsauffassung vertritt, nicht gleich die Flinte ins Korn werfen muss, sprich sich vergleichen muss. Auch noch in der zweiten Instanz kann man für sein Recht erfolgreich streiten.

Für AN zeigt dieses Urteil, dass man auch bei sehr guten Aussichten in erster Instanz einen Vergleich nicht ohne weiteres abweisen sollte, da auch in der 2. Instanz andere Rechtsauffassungen vertreten werden können. Und die 2. Instanz entscheidet.

Das Landesarbeitsgericht jedenfalls entschied, dass hier ein Fall exzessiver Privatnutzung des E-Mail-Accounts vorlag. Selbst wenn der AN für jede E-Mail nur 3 min gebraucht hätte wäre die Arbeitszeit eines gesamten Tages verbraucht worden. Es blieb kaum noch Raum für die eigentliche Arbeit. Einer Abmahnung habe es auch nicht bedurft.

Der Kläger behauptete zudem, dass der AG noch nicht einmal das Recht gehabt hätte, den E-Mail Account zu überprüfen und nun, da er es doch gemacht hätte, würde ein so genanntes Verwendungs- und Verwertungsverbot dieser Erkenntnis im Prozess bestehenden. Man dürfe den ermittelten E-Mail-Verkehr nicht im Prozess berücksichtigen.

Das Landesarbeitsgericht wies diesen Vortrag zurück. Es bestehe kein Verwertungsverbot für einen Sachvortrag im deutschen Prozessrecht. Verwiesen wurde auf die Rechtsprechung des BAG, Urteil vom 13. Dezember 2007 (2 AZR 537/06). Unstreitiger Sachverhalt (die Anzahl der E-Mails wurde vom Kläger nicht bestritten) muss das Gericht berücksichtigen. An ein Nichtbestreiten ist ein Gericht ebenso wie an ein Geständnis gebunden. Das Gericht stellte auch fest, dass selbst bei einer vom AG gestatteten privaten Nutzung des Internets und des E-Mail-Kontos dem AN kein Schutz vor dem Zugriff auf diese gespeicherten Daten zusteht. Der AN hätte die Möglichkeit gehabt, die E-Mails zu löschen oder anderweitig abzuspeichern. Wenn er es im E-Mail-Konto eines dienstlichen Rechners speichert darf der AG diese E-Mails kontrollieren. Er, der AG, ist insoweit nicht Dienstanbieter von Telekommunikationsdienstleistungen und deshalb besteht kein Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis, wenn diese E-Mails vom AG überprüft werden.


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